Hamburg . Gäste, Route des Sarges, Sicherheit: Staatsakt für Helmut Schmidt live in der ARD. Ein Langenhorner hat einen besonderen Auftritt.
Im Hamburger Schneematsch laufen die Vorbereitungen für den Staatsakt für den verstorbenen früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt auf Hochtouren. Erste Straßen rund um die Hauptkirche St. Michaelis (Michel) werden gesperrt, die Spezialisten der Hamburger Polizei und des Bundeskriminalamtes (BKA) haben ihre Arbeit aufgenommen. Die rund 1800 Gäste der Trauerfeier an diesem Montag (Beginn 10.30 Uhr, Dauer: zwei Stunden) sind prominent und müssen geschützt werden – nicht erst seit den Terroranschlägen von Paris. Scharfschützen werden sich in Stellung bringen, ein Teil der Hamburger Innenstadt wird gesperrt, auch für die letzte Reise von Helmut Schmidt. Der Wagen mit dem Sarg wird durch die City, an der Alster vorbei nach Ohlsdorf fahren.
Der NDR berichtet für die ARD ab 10 Uhr live im Fernsehen, auf abendblatt.de können Sie den Staatsakt für Helmut Schmidt ebenfalls als Livestream und als News-Blog mit Bildergalerien verfolgen. Die Übertragung im Ersten geht bis 12.45 Uhr und wird moderiert von Susanne Stichler und Rolf Seelmann-Eggebert.
Die Polizei hatte die Anwohner rund um den Michel mit Aushängen in Hauseingängen über die geplanten Sperrungen informiert. Die Häuser in der sensiblen Zone sind während des Staatsaktes nur zu Fuß zu erreichen. Die Polizei wird Zugangs- und Personenkontrollen durchführen. Sie rät Anwohnern, den Personalausweis dabei zu haben und auf Verlangen vorzuzeigen.
Da in den Straßen während des Staatsaktes außerdem striktes Halteverbot gilt, parkten viele Anwohner schon am Sonntag ihre Wagen um. In Monis Snack-Shop an der Englischen Planke war der bevorstehende Staatsakt das Thema. „Wir sind erst Freitagmittag von der Polizei über die Absperrungen informiert worden. Viel zu spät, um darauf zu reagieren!“, sagt Moni. „Was ist mit den Müttern mit Kindern, die sich organisieren müssen? Besser wäre es gewesen, man hätte uns einen Tag früher Bescheid gesagt.“
Trauer um Helmut Schmidt
Die Predigt im kirchlichen Teil hält Michel-Hauptpastor Alexander Röder. Trauerredner sind Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz, der ehemalige US-Außenminister und langjährige Schmidt-Freund Henry Kissinger und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Anwesend sein werden auch Bundespräsident Joachim Gauck und seine Partnerin Daniela Schadt sowie Bundestagspräsident Norbert Lammert, der ehemalige französische Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing, Jean-Claude Juncker, Präsident der EU-Kommission, und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz.
Zur Musik werden Werke von Johann Sebastian Bach gehören, die Nationalhymne und „Der Mond ist aufgegangen“ von Matthias Claudius. Spielen werden die Hamburger Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Kent Nagano.
Auf dem Programm steht auch das Volkslied „Mien Jehann“, vorgetragen von Jochen Wiegandt. Das Volkslied in niederdeutscher Sprache gilt als das bekannteste Gedicht des plattdeutschen Lyrikers Klaus Groth (1819-1899). Wiegandt, Musiker aus Langenhorn, will es allein mit Gitarre vortragen. Der Altkanzler habe sich das Lied testamentarisch gewünscht, sagte Wiegandt.
Acht Soldaten tragen den Sarg an der Ehrenformation der Bundeswehr vorbei zum Sargwagen. Geprobt hatten sie das bereits am Sonntag. Der Sargwagen fährt anschließend begleitet von einer Ehreneskorte der Hamburger Polizei mit fünf Motorrädern Richtung Rödingsmarkt.
Probe für die Trauerfeier für Helmut Schmidt im Michel
Helmut Schmidts letzter Weg durch die Stadt
Hamburger, die Helmut Schmidt auf seinem letzten Weg die Ehre erweisen möchten, können das entlang der Route des Trauerkondukts. Die voraussichtliche Route zum Friedhof Ohlsdorf verläuft über: Ludwig-Erhard-Straße / Willy-Brandt-Straße / Brandstwiete / Schmiedestraße / Bergstraße / Mönckebergstraße / Rathausmarkt / Plan / Ballindamm / Ferdinandstor / An der Alster / Schwanenwik / Herbert-Weichmann-Straße / Sierichstraße / Bebelallee / Rathenaustraße / Alsterdorfer Straße.
Am Schwanenwik an der Außenalster fährt der Konvoi am Literaturhaus vorbei, das Ende der 80er-Jahre von Gerd Bucerius für die „Zeit“-Stiftung gekauft worden war. Bucerius war es auch, der seinen langjährigen Weggefährten Helmut Schmidt 1983 als Mitherausgeber zur „Zeit“ holte.
Helmut Schmidt erinnerte sich einmal so an Bucerius: „Er meinte: Das Gehalt bestimmen Sie. ich habe gesagt, ich wüsste nicht, was Herausgeberin Marion Dönhoff bekommt, aber er müsste mir dasselbe zahlen. Mit dem ersten Gehalt habe ich dann gemerkt, dass Marion Dönhoff nicht übermäßig bezahlt wurde.“
Auf dem Ohlsdorfer Friedhof soll Schmidt eingeäschert und unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Familiengrab bestattet werden. Die Trauergäste werden auf Einladung von Bürgerschaft und Senat im Rathaus zu einem Trauerempfang erwartet. Dieser endet gegen 15.30 Uhr.
Helmut Schmidt war am 10. November im Alter von 96 Jahren in seinem Haus am Neubergerweg in Langenhorn gestorben. Der Sozialdemokrat war von 1974 bis 1982 Bundeskanzler. Von 1983 bis zu seinem Tod war er Herausgeber der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“.
„Helmut Schmidt hatte in der Öffentlichkeit die Funktion ,weiser alter Mann' übernommen“, sagt die Hamburger Medienwissenschaftlerin Prof. Joan Kristin Bleicher der dpa. „Seine Wirkung und seine Glaubwürdigkeit nahmen zu, je mehr er sich von der Parteilinie löste. Und er hatte immer das Bedürfnis, die Welt zu erklären.“