Pläne des umstrittenen Investors auf St. Pauli stoßen bei Mieterverein und Sanierungsbeirat auf Skepsis. Der Ausschuss für Wohnen und Stadtteilentwicklung stimmt am Donnerstag über das Vorhaben ab.

Hamburg. Für alle, die neu zum Studium nach Hamburg ziehen und dabei auf eine zentral gelegene Bleibe im „Szeneviertel“ hoffen, sind es gute Nachrichten: Mitten auf St. Pauli soll neuer und bezahlbarer Wohnraum für Studenten und Auszubildende entstehen. So plant beispielsweise die Außenalster WPB Wohnungsbau einen siebengeschossigen Neubau mit 22 Studentenapartments am Hamburger Berg 31. Einen ähnlichen Plan verfolgt nun auch die Grundstücksgesellschaft Stellingen (GGS), der das Nachbarhaus am Hamburger Berg 29 gehört. Sie plant, den bestehenden fünfgeschossigen Nachbarbau an der Ecke Hamburger Berg/Seilerstraße zu sanieren und auf sieben Vollgeschosse plus Staffelgeschoss aufzustocken. Der Anbau an der Seilerstraße, in dem sich heute die Trattoria Italia und der Zugang zur Tiefgarage befindet, soll ebenso aufgestockt werden.

Die Pläne für das Bauprojekt wurden kürzlich bei der Sitzung des Sanierungsbeirats Wohlwillstraße erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt: Demnach sollen neben den 32 Bestandswohnungen sowie den Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss zusätzlich 38 Studentenapartments entstehen, die nach Auskunft des Eigentümers von der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) gefördert werden könnten.

An und für sich ein guter Plan. Tatsächlich ist bereits seit den 90er-Jahren angedacht, die Lücke an der Seilerstraße zu schließen und an dieser Stelle neuen Wohnraum zu schaffen – zeitgemäß wäre es. „Es ist wichtig, dass gerade auf St. Pauli kleine Wohnungen erhalten und neu gebaut werden“, sagte Rechtsanwalt Marc Meyer von Mieter helfen Mietern. Einziger Haken für ihn wie für einige andere Mitglieder des Sanierungsbeirats: Das Gebäude gehört der GGS und damit deren Gesellschafter, dem bekannten Kiez-Investor Burim Osmani, wie GGS-Geschäftsführer Lutz Riepen auf Nachfrage eines Beiratsmitglieds bestätigte.

Der heute 50-Jährige, der vor knapp 30 Jahren aus Albanien nach Hamburg kam, stieg in den 90er-Jahren zum härtesten Rivalen des legendären Kiez-Königs Willi Bartels (1914 bis 2007) auf und kaufte auf St. Pauli eine Immobilie nach der anderen.

Beim Sanierungsbeirat Wohlwillstraße gab es an diesem Abend viele skeptische Stimmen. „Unsere Erfahrungen mit dem Eigentümer sind auch in anderen Objekten alles andere als positiv“, sagte Meyer, der ehrenamtlich auch im Sanierungsbeirat tätig ist, dem Abendblatt. Der Mieterverein sorge sich um den Schutz der Mieter, die in den Wohnungen leben. „Wir sind skeptisch, dass die Vereinbarungen, die mit dem Bezirk ausgehandelt werden, tatsächlich eingehalten werden.“ Susanne Winch, Vertreterin des Fachamts für Stadt- und Landschaftsplanung im Bezirk Mitte, versucht zu beruhigen: „Im Falle eines Verstoßes sind empfindliche Strafzahlungen vorgesehen.“

Derzeit verhandelt der Bezirk mit der GGS über einen städtebaulichen Vertrag. Darin sollen unter anderem das Rückkehrrecht der Bestandsmieter sowie die Miethöhe nach der Sanierung festgeschrieben werden. „Alle Bestandsmieter sollen nach der Sanierung dort auch wieder wohnen“, sagte der zuständige Architekt Peter Müller. „Wir werden die Mieterhöhung nach einer Sanierung sozialverträglich gestalten.“ Es könne nicht sein, dass sich die Hälfte der Bewohner das Wohnen dort nicht mehr leisten könne. „Wir werden uns an das halten, was wir dürfen“, ergänzte GGS-Geschäftsführer Lutz Riepen bei der Vorstellung des Projekts.

Er verwies zudem darauf, dass die neu entstehenden Wohnungen für Studenten und Auszubildende geplant und laut IFB grundsätzlich förderfähig sind. „Das werden keine Wohnungen, die auf den freien Markt geschmissen werden.“ Laut IFB dürfen die Wohnungen während des Bindungszeitraums nur an Studierende oder Auszubildende vergeben werden. Auch die höchstzulässige monatliche Nettokaltmiete ist genau festgeschrieben. Die Laufzeit dieser Bindungen beträgt laut IFB 30 Jahre, sie kann jedoch bei vorzeitiger Vollrückzahlung des Darlehens verkürzt werden. Erst danach könnten die Wohnungen auf dem freien Markt angeboten werden.

Zwei der anwesenden Mieter signalisierten an diesem Abend ihre Zustimmung zu der geplanten Sanierung und Aufstockung des Gebäudes. „Es ist doch gut, wenn es schöner wird“, sagte einer von ihnen. Dennoch zeigten sich einige Beiratsmitglieder von dem Konzept nicht überzeugt. „In meinen Augen ist fraglich, ob das, was hier versprochen wird, am Ende auch eingehalten wird“, sagte ein Mitglied. Viele Fragen, die den Schutz der Bestandsmieter betreffen, seien noch nicht abschließend geklärt. Angesichts der Gerüchte über den Eigentümer verspüre er ein großes „Unbehagen“. Am Ende lehnte der Sanierungsbeirat eine Empfehlung an den Bezirk zugunsten des Bauvorhabens mit acht zu vier Stimmen ab.

Die Entscheidung liegt nun bei den zuständigen Ausschüssen. Der Ausschuss für Wohnen und Stadtteilentwicklung stimmt bereits am Donnerstag über das Vorhaben ab. „In der Regel orientiert sich der WS-Ausschuss dabei am Votum des Sanierungsbeirats“, sagte Susanne Winch. Verpflichtend ist die Empfehlung des Beirats nicht. In der Stellungnahme des Fachamts für Stadt- und Landschaftsplanung an den WS-Ausschuss heißt es, man könne „einzelne Bedenken des Beirats“ nachvollziehen. Eine generelle Versagung des Bauvorhabens wäre jedoch „juristisch schwer durchsetzbar“. Man könne jedoch konkrete Bedingungen und Auflagen aussprechen, heißt es mit Verweis auf einen städtebaulichen Vertrag. „Vorausgesetzt, der Eigentümer geht die entsprechenden, auch zeitlichen Verpflichtungen ein, soll die sanierungsrechtliche Genehmigung erteilt werden.“

In der Bezirkspolitik ist man sich der Brisanz der Personalie durchaus bewusst. Hinter vorgehaltener Hand heißt es von anderer Stelle, der Bezirk habe eine „sehr vorsichtige Haltung“ gegenüber Herrn Osmani. „Man muss jedoch sehen, was verwaltungsrechtlich möglich ist.“