Das Studierendenwerk ist auf Wachstumskurs und investiert kräftig. Bis zum Jahr 2017 entstehen weitere Wohnanlagen, Mensen und Cafés.
Hamburg. In den vergangenen Monaten ging es Schlag auf Schlag. Eine Neueröffnung reihte sich an die nächste. Erst wurde ein neues Café des Studierendenwerks im Mittelweg eröffnet, etwas später die neue Mensa der HafenCity Universität. Auch dort entstand noch ein weiteres Café. „Sie liegen im Trend, und wir werden in den nächsten Jahren noch weitere eröffnen“, sagt Jürgen Allemeyer, Geschäftsführer des Studierendenwerks Hamburg. „Ohne den Kaffee zum Mitnehmen läuft heute bei vielen Studenten nichts mehr.“ Beliebt sind aber auch die kleinen Speisen, wenn für die Mensa keine Zeit ist. Schon für Ende des Jahres plant Allemeyer eine Erweiterung seines gastronomischen Angebots, denn auch auf dem Kunst- und Mediencampus Finkenau werden ein neues Café und eine neue Mensa für rund 2000 Studenten entstehen. Zwei weitere Mensen in Harburg und beim Ausbau des Campus Bundesstraße sind in Planung – Cafés inklusive. Das Studierendenwerk Hamburg ist auf Wachstumskurs.
Es ist mit rund 500 Beschäftigten einer der großen Dienstleister für Hamburgs 67.000 Studenten und die Mitarbeiter in den Hochschulen. Das Angebot reicht von der Hochschulgastronomie über Wohnanlagen und Kinderbetreuung bis zur Studienfinanzierung. „Wir sind zwar eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR), aber wirtschaftlich agieren müssen wir wie jede andere Firma“, sagt Allemeyer, der seit dem Jahr 2007 das Studierendenwerk leitet. Bei einer AöR werden ihre Aufgaben per Gesetz zugewiesen. So muss das Unternehmen auch Überschüsse erwirtschaften, um für neue Projekte den nötigen Anteil an Eigenkapital zu haben. Die Überschüsse liegen jährlich bei ein bis zwei Millionen Euro.
Neben der Gastronomie hat das Studierendenwerk große Pläne beim Wohnen für Studierende. Preisgünstiger Wohnraum in Hamburg ist knapp. Das zeigt auch eine Untersuchung des Immobilienentwicklers GBI. Danach haben Studenten nur noch in München mehr Schwierigkeiten, eine Bleibe zu finden als in der Hansestadt. Hier driften Angebot und Nachfrage bei kleinen Wohnungen so stark auseinander, dass sich auch für die Zukunft ein spürbarer Mangel abzeichnet. In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Studierenden in Hamburg um knapp 20 Prozent gewachsen.
Zu den knapp 4000 Plätzen sollen beim Studierendenwerk bis zum Jahr 2017 rund 600 weitere hinzukommen. „Beim Neubau wie im Bestand haben wir einiges vor“, sagt Allemeyer. So wird gerade die Wohnanlage Gustav-Radbruch-Haus am Berliner Tor für insgesamt elf Millionen Euro bis zum Herbst saniert. Für eine Wohnanlage in der HafenCity mit 130 Plätzen läuft gerade der Architektenwettbewerb. In Harburg haben die Verhandlungen um ein Grundstück begonnen. Neben der TU Harburg sollen 190 Wohneinheiten für Studenten geschaffen werden. In Allermöhe hat das Studierendenwerk bereits ein Grundstück von der Stadt erhalten. Von den angekündigten Neubauten entsteht hier die größte Anlage für 250 Studenten und Auszubildende. Hier sollen auch 70 Auszubildende wohnen können.
Finanziert werden die Neubauten mit zinsgünstigen Krediten der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg). Die Preise in den 23 studentischen Wohnanlagen liegen zwischen 233 Euro und 355 Euro (Neubau) für ein Zimmer einschließlich Ausstattung und Nebenkosten. „Das Studierendenwerk als gemeinnütziges Unternehmen der Stadt garantiert im Rahmen einer 30-jährigen Miet- und Zweckbindung niedrige Mieten und bildet damit ein Gegengewicht zu den Mietforderungen renditeorientierter Investoren am Markt“, sagt Allemeyer.
Doch längst sind nicht mehr nur Ein-Zimmer-Apartments gefragt. „Bei der Modernisierung und dem Neubau schaffen wir auch die Voraussetzungen für Wohngemeinschaften, denn die sind sehr beliebt“, sagt Allemeyer. Damit es keinen Streit gibt, sind in einer solchen Wohnung alle Zimmer gleich groß und die Küche ist selbstverständlich WG-tauglich. Gleichzeitig wird auf eine energiesparende Bauweise gesetzt. Vorbild ist die neue Wohnanlage in Hammerbrook, die als einer der ersten bundesweit als Effizienzhaus 40 errichtet wurde. Das bedeutet: Das Gebäude verbraucht 60 Prozent weniger Energie als für Neubauten durch die Energieeinsparverordnung vorgeschrieben ist. Sobald das Fenster geöffnet wird, geht die Heizung aus, und auch der Duschstrahl verebbt nach einigen Minuten automatisch.
Neue Trends zeichnen sich auch in der Gastronomie ab. In den 13 Mensen werden täglich 13.400 Mahlzeiten ausgegeben. Beliebt sind zwar nach wie vor Currywurst und Gänsekeule zur Weihnachtszeit. Doch veganes und vegetarisches Essen steigt bei den Studenten in der Beliebtheitsskala. So geht der herkömmliche Hamburger mit Fleisch rund 32.400-mal im Jahr über die Theke. Doch bei der vegetarischen Variante greifen die Studenten bereits 16.600-mal zu. Beliebt sind auch Wokgerichte und mittwochs der Klimateller. Auf ihm sind keine Lebensmittel wie rotes Fleisch, die einen hohen Ausstoß von Treibhausgasen verursachen. Inzwischen wurde er auch von anderen Kantinen bei Otto, Tchibo und der HSH Nordbank übernommen.
Neue Wege geht das Studierendenwerk auch bei der Kinderbetreuung, zusätzlich zu den bestehenden fünf Kitas. „Wir haben neue Modelle für flexible Betreuungsangebote entwickelt“, sagt Allemeyer. Zunehmend finden Seminare und Vorlesungen in den späten Nachmittagsstunden oder am Wochenende statt. Den Studierenden fehlt für diesen Zeitraum häufig eine geregelte Betreuung für ihr Kind. „Mit dem flexiblen Betreuungsangebot CampusNest an der TU Harburg werden Eltern angesprochen, die für ihr Baby oder Kleinkind noch keinen Kitaplatz wünschen, sondern nur in geringem Umfang Betreuung benötigen“, sagt Allemeyer.
Auch wirtschaftlich ist das Studierendenwerk wieder auf Wachstumskurs. Der Umsatz stieg im vergangenen Jahr um acht Prozent auf 50,8 Millionen Euro. Inzwischen gibt es mit mehr als 500 Beschäftigten auch wieder 17 Prozent mehr Personal an Bord. Mit den wachsenden Aufgaben soll die Mitarbeiterzahl weiter aufgestockt werden. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn das Studierendenwerk kennt auch andere Zeiten.
Als Hamburg vor rund zehn Jahren seine Förderung von fünf Millionen Euro auf jetzt jährlich 1,2 Millionen Euro senkte, musste das Studierendenwerk wie ein Unternehmen reagieren. Personal wurde abgebaut und die Preise erhöht. Heute finanziert sich das Studierendenwerk zu 60 Prozent aus den Einnahmen und zu 40 Prozent aus dem Zuschuss und den Beiträgen der Studenten. Sie zahlen 65 Euro pro Semester für ihren Dienstleister.