Anwohner-Initiative verlangt Bürgerbeteiligung bei Neubau und 100 Prozent Sozialwohnungen. Die Initiative stellte zudem einen Zeitplan für ein Beteiligungsverfahren vor.

Hamburg. Während sich der Abriss der Esso-Häuser immer weiter verzögert und der Eigentümer, die Bayerische Hausbau, wie berichtet mit einem neuen Abbruchunternehmen verhandelt, melden sich die Nachbarn zu Wort.

Die Anwohner wollen eigene Ideen für einen Neubau auf dem Areal einbringen. Am Donnerstag forderten sie ein Mitspracherecht bei der geplanten Bebauung. „Die Situation ist dramatisch“, sagte Christoph Schäfer, ein Sprecher der „Initiative Esso-Häuser“. Das Vertrauen der Anwohner in die Stadtplanung sei erschüttert. Viele seien angesichts von „Kettengastronomie von der Stange und Luxuswohnungen für Besserverdienende“ regelrecht verdrossen, da sie das Gefühl hätten, bei der Entwicklung des Stadtteils ausgeschlossen zu sein.

Nach dem Willen der Initiative soll mit den Planungen für einen Neubau auf dem Esso-Areal bei null begonnen werden. Sie fordern ein Planungsverfahren, bei dem die Anwohner als Experten verbindlich miteinbezogen werden. „Wir sind der festen Überzeugung, dass die Bürgerbeteiligung vor dem Erstellen des Auslobungstextes für den Wettbewerb losgehen muss“, sagt der Architekt Volker Katthagen. „Nur in diesem Fall kann an den entscheidenden Stellschrauben gedreht werden.“

Bereits vereinbarte Bedingungen, wie sie bei einer Stadtteilversammlung im Februar unter dem Motto „St. Pauli selber machen“ festgehalten wurden, sollen dabei berücksichtigt werden. Die entsprechende Resolution sieht unter anderem vor, dass auf dem Gelände ausschließlich Sozialwohnungen gebaut werden. Eine Forderung, die derzeit abwegig erscheint. Bezirk und Bayerische Hausbau verhandeln hinter verschlossenen Türen aber noch um den Anteil der öffentlich geförderten Wohnungen.

Ein Drittel Sozialwohnungen bietet die Bayerische Hausbau, die Stadt fordert einen Anteil von 50 Prozent. Um möglichst viele Menschen miteinzubeziehen, soll nach dem Willen der Initiative bereits im Mai am Spielbudenplatz vor den Esso-Häusern eine mehrgeschossige „Planungsbude“ aus mobilen Containern errichtet werden. „Die Planbude soll ein permanenter Anlaufpunkt sein, um sich auszutauschen und zu informieren“, sagte Architekt Katthagen. Auch das „Planet Pauli“ soll nach dem Willen der Initiatoren in den Containern unterkommen: Der Club war bis zur Evakuierung im Dezember 2013 in den Esso-Häusern untergebracht und sucht seitdem neue Räume.

Die Initiative stellte zudem einen Zeitplan für ein Beteiligungsverfahren vor. Demnach könnte nach einem Runden Tisch im Herbst, zu dem alle Beteiligten eingeladen sind, zum Jahreswechsel die Auslobung für den Wettbewerb beginnen. „Die Esso-Häuser haben eine Strahlkraft auf ganz St. Pauli“, sagte Christoph Schäfer. Was auf dem Esso-Areal gebaut werde, könne entweder der Todesstoß oder eine gelungene Kehrtwende in der weiteren Entwicklung des Stadtteils sein. „Der Bezirk und die Stadt haben jetzt die Chance, ein städteplanerisches Modellprojekt mit Signalwirkung auf den Weg zu bringen.“

Wie die Stadt auf die Forderung der Initiative reagiert, ist offen. „Wir haben Erfahrung“, sagte Christoph Schäfer, der schon das Projekt Park Fiction an der St.-Pauli-Hafenstraße mitinitiierte. Man habe mit dem Bezirk bereits Einigkeit darüber erzielt, dass die Beteiligung der Bevölkerung vor der Auslobung des städtebaulichen Wettbewerbs organisiert werden müsse. Falls nicht, wolle man den Druck weiter erhöhen. „An Kreativität mangelt es nicht.“