Am Montag will die Bayerische Hausbau mit den Abrissarbeiten im Inneren der Gebäude beginnen. Bei einer Stadtteilversammlung am Wochenende forderten Anwohner erneut eine öffentlich‐genossenschaftliche Lösung.

Hamburg. Die Wut auf dem Kiez wächst: Rund 400 Menschen sind am Wochenende einem Aufruf der Initiative „SOS St. Pauli“ gefolgt. Bei einer Stadtteilversammlung im Ballsaal der Millerntor-Stadions diskutierten Anwohner über die Entwicklung des Viertels und verabschiedeten eine Fünf-Punkte-Resolution.

Darin fordern sie einen „Kurswechsel“ und verlangen ein Bleiberecht für die Gruppe Lampedusa in Hamburg. Zudem soll die Rote Flora in jedem Fall erhalten bleiben. Die bestehenden Gefahrengebiete sollen dagegen abgeschafft werden.

Im Zentrum der Debatte stand der geplante Abriss der sogenannten Esso-Häuser an der Reeperbahn. Am Montag will die Bayerische Hausbau mit den Arbeiten im Inneren der Gebäude beginnen. „Wir werden den Abriss der Esso‐Häuser nicht hinnehmen“, heißt es in der verabschiedeten Resolution. Die Teilnehmer der Stadtteilversammlung fordern, dass auf dem Gelände ausschließlich Sozialwohnungen gebaut werden. Allen Mietern und Gewerbetreibenden müsse zudem ein Rückkehrrecht garantiert werden.

„Eine öffentlich‐genossenschaftliche Lösung muss angestrebt werden, um bezahlbaren Wohnungsbestand dauerhaft abzusichern“, heißt es weiter. Um das zu erreichen, setzen die Initiatoren auf einen „von unten organisierten, demokratischen Planungsprozess“.

„Diese gewaltige Resonanz zeigt, wie sehr den Menschen die Lage auf St. Pauli auf den Nägeln brennt und wie wenig sie noch bereit sind, die Politik des Senats hinzunehmen“, sagte Martin Reiter von SOS St. Pauli. Weitere Treffen sollen in den kommenden Tagen stattfinden.

Die Punkte im Einzelnen im Wortlaut:

1. Refugees Welcome! Wir unterstützen die Forderungen der Lampedusa in Hamburg Gruppe und fordern Bleiberecht nach §23 und Arbeitserlaubnis für alle.

2. BID: Die derzeit herrschende Investorenlogik schafft soziale Verdrängung und urbane Verödung. Ein Business Improvement District Reeperbahn verstärkt diese Entwicklung, privatisiert öffentlichen Raum und darf nicht eingeführt werden.

3. Hände weg von der Roten Flora!

4. Abschaffung der Gefahrengebiete: Die gesetzliche Grundlage für Gefahrengebiete muss ersatzlos gestrichen werden. Wir fordern außerdem das Ende von willkürlichen Polizeikontrollen nach äußerlichen Merkmalen.

5. ESSO-Häuser: Kaputtbesitzen durch Eigentümer darf nicht belohnt werden. Wir werden den Abriss der ESSO-Häuser nicht hinnehmen. Bevor die Häuser fallen, müssen die politisch Verantwortlichen im Bezirk und im Senat sich bereit erklären, die folgenden Grundsätze im Umgang mit den ESSO-Häusern und dem Gelände festzulegen:

· Allen Wohnungsmieter/innen wird ein Rückkehrrecht zu den jetzigen oder besseren Bedingungen garantiert.

· Allen Gewerbemieter/innen wird eine Rückkehr mit langfristige Mietverträgen zu den bisherigen Mieten garantiert.

· Auf dem Gelände werden ausschließlich Sozialwohnungen gebaut. Eine öffentlich-genossenschaftliche Lösung muss angestrebt werden, um bezahlbaren Wohnungsbestand dauerhaft abzusichern. Genau daran fehlt es auf St. Pauli und in der Stadt.

· Es gibt einen von unten organisierten, demokratischen Planungsprozess. St. Pauli hat längst gezeigt, dass das lokale Know-How interessante, soziale städtebauliche Lösungen entwickeln kann, die der hervorgehobenen Bedeutung des Geländes am Spielbudenplatz gerecht werden. Der Runde Tisch zu Park Fiction 1997/98 unter Senator Mirow belegt, dass das möglich ist - wenn der politische Wille da ist.

· Sollte die Bayerische Hausbau sich nicht an diese Grundsätze halten, muss ihr das Grundstück entzogen werden.