Hamburg. Die 30 Jugendlichen ziehen aus der berüchtigten Feuerbergstraße in Alsterdorf an die Bismarckstraße. Nicht die einzige Neuigkeit.
- Die ersten 30 männlichen Jugendlichen ziehen erst im Sommer 2025 in das Haus an der Bismarckstraße in Eimsbüttel statt im Frühjahr.
- Die Jugendlichen kommen aus dem Kinder- und Jugendnotdienst an der Feuerbergstraße in Alsterdorf.
- Der größte Teil der Jugendlichen stammt aus nordafrikanischen Ländern.
Die bis zu 30 minderjährigen, männlichen jugendlichen Flüchtlinge, die in ein Wohnhaus an der Bismarckstraße in Eimsbüttel ziehen sollen, kommen später als geplant. Und: Sie sollen den berüchtigten Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) an der Feuerbergstraße in Alsterdorf entlasten. Das geht aus den Antworten auf Schriftliche Kleine Anfragen der CDU- und Linken-Bürgerschaftsfraktionen hervor. Das ist nicht die einzige Überraschung.
Erst sollten die Jugendlichen im Herbst einziehen, dann im Frühjahr 2025, und nun spricht die zuständige Sozialbehörde davon, dass sie frühestens im Sommer kommenden Jahres in die Bismarckstraße 77–79 ziehen werden. Die unmittelbaren Nachbarn in dem Wohnkomplex, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, waren im Mai von den Plänen der Stadt Hamburg überrumpelt worden. Der Mietvertrag für die genutzte Erdgeschossfläche, einer ehemaligen AOK-Geschäftsstelle, wird allerdings nur mit einem Eigentümer geschlossen werden.
Flüchtlinge in Hamburg: Vom Kinder- und Jugendnotdienst kommen die Jugendlichen an die Bismarckstraße
Aus der Antwort auf die Anfrage der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Silke Seif geht außerdem hervor, dass die Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren vor allem aus den Maghreb-Staaten kommen werden, also aus Ländern wie Marokko, Tunesien oder Algerien – das belegen zumindest die bisherigen Zahlen und Erfahrungswerte in Hamburg: „Die Herkunftsländer der männlichen Personen, die sich zum Stichtag 31. Oktober 2024 vorläufig in Obhut befanden, umfassen Afghanistan, Ägypten, Albanien, Algerien, Äthiopien, Benin, Elfenbeinküste, Eritrea, Gambia, Ghana, Guinea, Iran, Kamerun, Marokko, Senegal, Somalia, Sudan, Syrien, Tansania, Tunesien, Türkei und Ukraine“, teilt die Behörde in der Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage mit.
In die sogenannte Clearingstelle an der Bismarckstraße ziehen Jugendliche, die zunächst im Kinder- und Jugendnotdienst an der Feuerbergstraße aufgenommen werden. Dort wird das wahre Alter ermittelt, bevor sie dann in die bislang acht Clearingstellen umziehen. Mit der Bismarckstraße gibt es in Hamburg dann vom Sommer an neun solcher Einrichtungen – nicht jedem Nachbarn im Viertel gefällt diese Vorstellung. Dass diese Clearingstellen mitten in Wohngebieten sind, ist nicht ungewöhnlich: Bereits sieben solcher Unterkünfte befinden sich in Wohngebieten.
Nicht immer nehmen es die ankommenden Flüchtlinge mit ihrem Alter so genau: Rund ein Drittel, so die bisherige Erfahrung der Sozialbehörde, gibt bei ihrer Ankunft im KJND in Alsterdorf nicht ihr wahres Alter an. So wurden in diesem Jahr bis zum Stichtag 10. November 788 Personen vorläufig in Obhut genommen. Im Rahmen der Altersfeststellung wurden davon dann 267 Personen als volljährig und 484 als minderjährig eingestuft. „Weitere 37 Personen haben sich vor der Altersfeststellung der Inobhutnahme wieder entzogen und den Fachdienst Flüchtlinge mit unbekanntem Ziel verlassen“, heißt es in der Senatsantwort.
Bismarckstraße Eimsbüttel: Die Linken fordern sogar die Enteignung der Fläche
Die Bürgerschaftsfraktion Die Linke begrüßt den Umzug der Jugendlichen aus dem KJND in die Bismarckstraße. Denn: „Da der Kinder- und Jugendnotdienst in der Feuerbergstraße selbst in Not ist, werden weitere Unterkünfte zur Entlastung und zur besseren Versorgung junger Geflüchteter dringend benötigt“, so Carola Ensslen, fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Ihr geht der Umzug an die Bismarckstraße nicht schnell genug, und sie fordert sogar die Enteignung von Flächen für die Unterbringung von Flüchtlingen. „Es gibt immer noch keinen Mietvertrag. Fragen zur Beschlussfassung durch die Eigentümergemeinschaft beantwortet der Senat nicht. Das ist in jeder Hinsicht mutlos. Seit Jahren lässt der Eigentümer die ehemalige Bürofläche in der Bismarckstraße leer stehen. Da wäre es mehr als angebracht, endlich mal die selbst geschaffenen Regelungen zur Beschlagnahme für die Unterbringung von Geflüchteten zu nutzen. Worauf wartet der Senat noch?“
Flüchtlinge Eimsbüttel: Drei Monate vor dem Einzug werden Schulen genauer informiert
Für die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Silke Seif ist eine transparente Informationspolitik das Entscheidende: „Es ist wichtig für den Frieden im Quartier, dass die Sozialbehörde frühzeitig vor der Eröffnung der Unterkunft, die erst nach der Bürgerschaftswahl geplant ist, aber auch danach den regelmäßigen Austausch mit Anwohnern und Einrichtungen vor Ort pflegt. Integration kann nur funktionieren, wenn es uns gelingt, Fragen, aber auch Kritik und Ängste sachlich im Rahmen einer offenen Gesprächskultur zu diskutieren.“
Klar wird auch laut Senatsantwort, dass die zuständige Sozialbehörde erst drei Monate vor dem Einzug der 30 minderjährigen, männlichen Flüchtlinge Kontakt aufnimmt mit umliegenden Schulen und Institutionen. Dann solle eine „altersangemessene Freizeitgestaltung der Jugendlichen gerade auch im Sport“ unterstützt werden. Dazu werde ebenfalls die Grundschule an der Isebek in der Bismarckstraße gehören. Auf einer Infoveranstaltung zu der geplanten Unterkunft hatten schon einige Eimsbütteler ihr Engagement angekündigt.
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Dass die Jugendlichen allerdings wesentlich älter sind als die dortigen Vorschüler, ist der Behörde schon klar, ein gemeinsames Fußballspiel auf dem Schulhof sei also eher unwahrscheinlich. Denn: „Entsprechend handelt es sich um ein altersangemessenes kleines Fußballfeld mit kleineren Toren.“