Hamburg. An der Schmiedekoppel leben etwa 1700 Menschen in zwei Unterkünften. Das sorgt für Konflikte. Wie die Politik jetzt reagiert.
Wenn Peter Dormoolen aus seinem Fenster am Lokstedter Holt in Hamburg-Niendorf guckt, sieht er regelmäßig ganze Karawanen von Menschen vorbeiziehen. Immer wieder landet achtlos weggeworfener Müll in seiner Einfahrt. Das ärgert den 85-Jährigen, der schon fast sein ganzes Leben lang dort wohnt. „Es ist ein Massenlager von Leuten, von denen sich viele nicht benehmen können“, sagt der Niendorfer.
An der nahe gelegenen Bushaltestelle an der Kollaustraße steigen viele Menschen, die in der Schmiedekoppel untergekommen sind, ein und aus. Dort gibt es an den Hausnummern 29 und 30 gleich zwei Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge. Die Lage in der Stadt ist angespannt, die Kapazitäten zur Unterbringung weitgehend ausgeschöpft.
Flüchtlinge in Hamburg-Niendorf: Immer wieder Konflikte mit Nachbarn an der Schmiedekoppel
Aufgrund der Vielzahl der Bewohner in der Schmiedekoppel kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten mit den angestammten Niendorfern aus der Nachbarschaft. Deshalb hat der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Marc Schemmel, der selbst in Niendorf lebt, zusätzlich zum regelmäßig stattfindenden runden Tisch einen Gesprächstermin initiiert, zu dem Nachbarn der Einrichtungen und die Staatsrätin aus der Sozialbehörde sowie der Staatsrat aus der Innenbehörde zusammentreffen werden.
„Es gibt nicht sehr viele Menschen, die direkt dran wohnen, aber für diese bedeuten die Einrichtungen eine große Veränderung, denn die Schmiedekoppel ist eine der größten Unterkünfte in Hamburg“, sagt Schemmel. Dass jemand von der Behördenspitze teilnimmt, sei ein wichtiges Zeichen für die Anwohner: „Sie möchten mit ihren Anliegen gehört werden“, sagt der SPD-Politiker.
Schmiedekoppel: Vorher mussten die Menschen in Tennishallen leben
Die Schmiedekoppel war nach der Schließung der provisorisch eingerichteten Flüchtlingsunterkünfte in den Tennishallen in der Papenreye im Juni 2016 in Betrieb genommen worden. Damals kamen 1700 Menschen unter. Laut Daniel Schäfer, Sprecher der Innenbehörde, stand die Einrichtung an der Schmiedekoppel 29 danach von September 2018 bis zum Jahr 2020 leer und wurde dann mit 250 Plätzen für das Winternotprogramm genutzt.
Nahezu zeitgleich sei der Erstaufnahmebetrieb im südlichen Teil der Schmiedekoppel 29 gestartet. Im Februar 2022 wurde dann der davor für das Winternotprogramm genutzte Bereich für die Unterbringung von Schutzsuchenden aus der Ukraine genutzt. „Seit 9. Januar 2023 dient die gesamte Schmiedekoppel 29 als Erstaufnahme“, sagt Schäfer.
Flüchtlingsunterkunft: Viele Bewohner sind länger in der Erstaufnahme in Niendorf, als sie sollten
Auch die Schmiedekoppel 30, die zwischen September 2018 und Dezember 2020 als Reserve-Standort vorgehalten wurde, ist jetzt reguläre Erstaufnahmeeinrichtung. Die Regelkapazität liegt in beiden Einrichtungen bei zusammen etwa 1700 Plätzen.
Ein Problem ist, dass viele Menschen deutlich länger als geplant in der Erstaufnahme bleiben müssen, weil kein Platz in den Folgeunterkünften frei ist. Die durchschnittliche Verweildauer in der Schmiedekoppel 29 beträgt laut Innenbehörde 140 Tage, in der Schmiedekoppel 30 sind es 121 Tage. An beiden Standorten gibt es zahlreiche Überresidenten.
Das bedeutet, dass die Residenzpflicht von sechs Monaten in der Erstaufnahme überschritten wird und/oder ein Anspruch auf einen Platz im System der Folgeunterbringung besteht, jedoch ein Umzug nicht möglich war. Die Anzahl der Überresidenten in der Schmiedekoppel 29 beträgt 565, in der Schmiedekoppel 30 beträgt sie 327.
Schmiedekoppel in Niendorf: Es gibt regelmäßig einen runden Tisch mit Anwohnern
Laut Daniel Schäfer gibt es bereits eine regelmäßige Zusammenkunft mit den Anwohnerinnen und Anwohnern in Form eines runden Tisches, um über auftretende Probleme zu sprechen. Dort würden Themen wie Lärm, teilweise auch durch spielende Kinder, die vor allem im Sommer lange draußen seien, aber auch der Umgang mit Müll besprochen.
„Der Wachdienst ist ansprechbar für Nachbarn und sorgt dafür, dass aus dem Spielen keine Ruhestörung wird. Zudem wurde der Zaun erhöht“, sagt Schäfer. Zum Thema Müll kläre man Bewohnerinnen und Bewohner auf, außerdem würden zusätzliche Mülleimer aufgestellt und geleert.
Flüchtlinge in Niendorf: Anwohner vermissen „ruhige, nette Wohngegend“
Susi und Peter Dormoolen sehnen sich allgemein nach etwas mehr Ruhe. „Leider stehen hier oft Leute auf der Straße und quatschen laut“, sagt das Ehepaar. Doch die Zeit, als der Lokstedter Holt „eine ruhige, nette Wohngegend“ war, sei ohnehin schon länger vorbei, sagt der Rentner.
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Peter Dormoolen erinnert sich noch an die Zeit, als es auf dem heutigen Flughafengelände ein Naturbad gab, ehe die Landebahn in den 1960er-Jahren verlängert wurde, und statt des großen Autohändlers eine Gärtnerei. Jetzt liegt die Straße in der Einflugschneise des Hamburger Flughafens.