Hamburg. Vorerst keine Zelte in Parks und auf Festplätzen, aber an anderen Standorten. Wie viele Plätze dieses Jahr geschaffen werden.
Die Stadt macht Ernst. Weil die Kapazitäten zur Unterbringung von Flüchtlingen bald erschöpft sind, könnten demnächst in Parks und auf Festplätzen Zelte für Asylbewerber und Schutzsuchende aus der Ukraine aufgestellt und leer stehende Gebäude auch gegen den Willen der Eigentümer als Unterkunft genutzt werden.
Auf die Frage, ob in Absprache mit den Bezirken bereits Grünanlagen oder öffentliche Plätze ausgewählt wurden, antwortet die Sozialbehörde sehr verhalten – obwohl die Gespräche dazu schon seit Längerem laufen: „Aktuell ist nicht konkret geplant, Parks oder Festwiesen in den nächsten Wochen zum Zwecke der Unterbringung zu nutzen. Die Möglichkeit, Flächen mit einer erforderlichen Erschließung für eine kurzfristige Unterbringung zu nutzen, wird aber in Betracht gezogen.“
Flüchtlinge Hamburg: 25 Zelte werden an bestehenden Standorten aufgestellt
Was dagegen bereits offiziell feststeht: In den kommenden Monaten sollen auf den Grundstücken einiger bereits bestehender Unterkünfte für Geflüchtete oder Obdachlose zunächst 25 Zelte aufgestellt und dadurch insgesamt 250 zusätzliche Plätze geschaffen werden. Wo das sein wird, steht laut Behörde noch nicht fest: „Die Überlegungen und Planungen bzgl. der konkreten Standorte sind noch nicht abgeschlossen.“
Derzeit leben in Hamburg bereits 48.000 Menschen in Wohnunterkünften, heißt es aus der Behörde. „Wir waren schon vor dem Ukraine-Krieg fast ausgelastet“, so Sprecher Wolfgang Arnhold. Angesichts weiterhin hoher Zugänge und knapper Flächen werde es immer schwieriger, neue Unterkünfte zu finden. Daher kann die Behörde mittlerweile auch keine Rücksicht mehr darauf nehmen, dass die Geflüchteten gerecht auf alle Stadtteile verteilt werden. „Wir haben den Verteilungsschlüssel vor einiger Zeit ausgesetzt. Er ist für uns nicht mehr handlungsleitend.“
Unterbringen von Flüchtlingen: Fördern & Wohnen kauft Gebäude an
Um neue Unterkünfte einrichten zu können, werden Immobilien sowohl von städtischer Seite, etwa über die Bezirksämter oder den Landesbetrieb Immobilien und Grundvermögen, als auch von privaten Eigentümerinnen und Eigentümern angeboten, dann schnellstmöglich geprüft und Realisierungsoptionen ausgelotet. Gleichzeitig sei der städtische Träger Fördern & Wohnen ermächtigt worden, Gebäude anzukaufen.
Der Kapazitätsaufbau schließe hierbei sowohl die Neuentwicklung von langfristigeren Standorten als auch das Schaffen kurzfristiger Not- und Interimskapazitäten ein. 2024 und 2025 gehen zehn schon länger geplante Wohnunterkünfte für Schutzsuchende und/oder Wohnungslose in Betrieb, die insgesamt Platz für 2407 Menschen (inklusive minderjähriger unbegleiteter Schutzsuchender) bieten:
Bezirk Eimsbüttel
- Hinschstraße, 150 Plätze in einem von Fördern und Wohnen angekauften Wohnungskomplex, Eröffnung 2. Quartal 2024
- Pinneberger Straße, 100 Plätze in einem durch Container erweiterten ehemaligen Schulstandort, 3. Quartal 2024
Bezirk Wandsbek
- Am Luisenhof, 304 Plätze in einem temporären Festbau, 3. Quartal 2024
- Puckaffer Weg, 320 Plätze in Containern, 3. Quartal 2025
Bezirk Harburg
- STS Quellmoor, 216 Plätze in temporärem Festbau, 3. Quartal 2024
- Jutestraße, 60 Plätze, Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger in Containern, 3. Quartal 2024
- Cuxhavener Straße, 30 Plätze, Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger in temporärem Festbau, 2025
Bezirk Altona
- Vorhornweg, 234 Plätze durch die Erweiterung einer ehemaligen Schule mit Containern, 4. Quartal 2024
- Wichmannstraße, 370 Plätze in Festbauten, 3. Quartal 2025
- Behringstraße, 200 Plätze in Festbauten, 2028 und 2029
Bezirk Hamburg-Nord
- Sierichstraße, 38 Plätze in einem ehemals leer stehenden Wohnhaus, 4. Quartal 2024
Bezirk Bergedorf
- An der Twiete, 350 Plätze durch die Erweiterung einer ehemaligen Schule mit Containern, 1. Quartal 2025
Bezirk Hamburg-Mitte
- Spliedtring, 35 Plätze, Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger in Neubau, 3. Quartal 2024
Weitere Standorte will die Behörde veröffentlichen, sobald die Überlegungen und Planungen dazu abgeschlossen, sie realisierungsfähig sind und der Abstimmungsprozess mit dem jeweiligen Bezirksamt beginne.
Flüchtlinge in Hamburg: Diese Unterkünfte schließen noch 2024
Die Not, neue Unterkünfte zu finden, ist umso größer, weil in diesem Jahr auch mehrere reguläre Unterkünfte und vor allem Interimsstandorte geschlossen werden müssen. So stehen einige Hotels im Hinblick auf die nahende Sommersaison nicht länger zur Verfügung, wodurch 864 Menschen umquartiert werden müssen. Bei den Wohnunterkünften sind 910 Schutzsuchende betroffen.
Bis zum 31. März fallen folgende Interimsunterkünfte weg:
- Bezirk Wandsbek: B&B Hotel Hamburg Wandsbek, Brauhausstraße, 242 Plätze; Hostel Menckesallee, Menckesallee, 31 Plätze
- Bezirk Hamburg-Nord: KH Houseleasing, Elsässer Straße, 12 Plätze
- Bezirk Altona: Sieversstücken, 29 Plätze
- Bezirk Hamburg-Mitte: B&B Hotel Hamburg-Ost, Anckelmannstraße, 200 Plätze; Hostel Generator, Steintorplatz, 350 Plätze (schließt zum 14. April)
Zwischen dem 14. April und dem 20. Dezember werden diese Wohnunterkünfte schließen:
- Bezirk Altona: Notkestraße, 586 Plätze
- Bezirk Hamburg-Mitte: Wendenstraße, 164 Plätze
- Bezirk Harburg: Rotbergfeld, 160 Plätze
Die gute Nachricht: Die Laufzeit der übrigen Interims- und Notstandorte konnte laut Behörde an 29 Hotelstandorten verlängert werden. 94 Schutzsuchende könnten noch bis Mitte 2025 und 2509 weitere Personen bis Ende 2025 untergebracht werden.
Flüchtlinge: FDP übt scharfe Kritik an Anweisung der Sozialbehörde
Unterdessen regt sich in der Opposition Kritik am Vorgehen der Stadt. „Die drastische Anweisung der Sozialbehörde zur Schaffung zusätzlicher Unterbringungsplätze für Geflüchtete in den Hamburger Bezirken ist ein kommunikatives Desaster und deutet auf einen Kontrollverlust hin“, sagt etwa Katarina Blume, stellvertretende Landesvorsitzende der FDP und Fraktionsvorsitzende in Altona.
Sie müsse zurückgezogen werden, denn ein erfolgreiches Schaffen neuer Unterkünfte erfordere eine Kooperation „auf Augenhöhe“ zwischen Sozialbehörde und Bezirken. „Wenn die Sozialbehörde kommuniziert, dass Widerstand zwecklos ist, weise ich darauf hin, dass Bezirksversammlungen die Belange der Bürger vor Ort vertreten“, sagt Blume. Dazu gehörten stets der Dialog und die Suche nach einem ausgewogenen Interessenausgleich.
Flüchtlinge in Hamburg – CDU: „Ein Weiter-so ist für unsere Stadt nicht länger verkraftbar“
Dennis Thering, Vorsitzender der Hamburger CDU-Fraktion, unterstellt der Stadt, in der Flüchtlingskrise „zu wenig“ getan zu habe. „Es ist katastrophal, dass Bund und Länder noch immer keine wirksamen Maßnahmen ergriffen haben, um den Flüchtlingszustrom nach Deutschland und Hamburg deutlich zu begrenzen. Die Akzeptanz in der Bevölkerung wird spürbar weitersinken und die Integration wird so immer weiter erschwert.“
Er erwarte von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), dass er sich für einen Bund-Länder-Flüchtlingsgipfel einsetze, um „in einer gemeinsamen Kraftanstrengung endlich die Maßnahmen umzusetzen, die den Flüchtlingszustrom tatsächlich wirksam begrenzen. Ein Weiter-so ist für unsere Stadt und unser Land nicht länger verkraftbar.“