Hamburg. An vielen Ecken des Bezirks rotten Häuser vor sich hin. Eimsbütteler Linke präsentiert neue Zahlen und übt scharfe Kritik an Behörde.
Altbau in Bestlage, hohe Decken, Stuck: Was sich auf den ersten Blick wie eine Traumimmobilie für Wohnungssuchende liest, sorgt im Bezirk Hamburg-Eimsbüttel derzeit für Wirbel. Denn: Dutzende solcher Gebäude – zum Beispiel das hübsche Altbau-Mehrfamilienhaus im Jugendstil an der Grindelallee – stehen leer und rotten vor sich hin.
Auf diesen Zustand will die Linken-Fraktion jetzt mit einer besonderen Aktion aufmerksam machen: Im ganzen Bezirk wurden leerstehende Immobilien mit Plakaten versehen. So zum Beispiel ein Objekt an der Friedrich-Ebert-Straße in Niendorf, das langsam verfällt.
Immobilien Hamburg: Eimsbütteler Linke prangert Leerstand mit Plakaten an
„Hier könnten Menschen wohnen – und das Bezirksamt kann dafür sorgen“, heißt es auf einem lilafarbenen Schild, das an den wild wuchernden Sträuchern der Grundstücksgrenze befestigt ist. Ein roter Pfeil zeigt auf das unscheinbare Haus dahinter, in dem sogar noch Gardinen in den Fenstern hängen.
Zwei weitere Plakate sind am Zaun einer Stadtvilla direkt an der Alster befestigt und auch am Mittelweg, der Brahmsallee und der Moorweidenstraße wird auf die ungenutzten Immobilien aufmerksam gemacht.
Linke Eimsbüttel erhob Daten zu leerstehenden Immobilien im Bezirk
Schon im vergangenen Monat hatte das Bezirksamt Eimsbüttel offizielle Daten zum Leerstand im Bezirk veröffentlicht, laut derer 445 Leerstände bekannt seien. Die Linken Eimsbüttel wollten es genauer wissen und werteten über 170 Einträge aus dem – den Angaben nach jahrelang nicht aktualisierten – Leerstandsmelder aus, einem Portal, auf dem alle Bürger und Bürgerinnen die Möglichkeit haben, ihnen bekannte, leerstehende Immobilien zu melden.
„160 Einträge bezogen sich auf Wohnraum. Unsere Auswertung ergab, dass inzwischen 27 Adressen komplett neu bebaut und sechs Gebäude aufwändig saniert wurden. Die restlichen Immobilien sind wieder komplett bewohnt, 32 Objekte, vom Einfamilienhaus bis zur Mietskaserne, stehen aber immer noch leer“, so die veröffentlichte Bilanz.
Bezirk Eimsbüttel: Weitere 60 leerstehende Objekte identifiziert
Einige der im Portal gemeldeten Immobilien, so wie die Mehrfamilienhäuser in den Straßen An der Lohbek und Grandweg seien dem Bezirksamt dabei schon bekannt gewesen, die „überwiegende Mehrzahl der tatsächlich leerstehenden Einträge war der Verwaltung jedoch unbekannt“, so die Fraktion.
Insgesamt 60 leerstehende Wohnungen und Einfamilienhäuser seien sogar neu identifiziert worden, heißt es weiter, und sollen nun dem Bezirksamt angezeigt werden – das sich aufgrund der Zahlen jetzt scharfer Kritik stellen muss.
Linke macht Bezirksamt Eimsbüttel schwerwiegende Vorwürfe
„Ich sehe beim Bezirksamt eindeutig ein Vollzugsdefizit“, sagt Mikey Kleinert, Vorsitzender der Linken-Fraktion in der Bezirksversammlung Eimsbüttel. Leerstand in diesem Ausmaß dürfe es einfach nicht geben, „selbst, wenn es rechtlich möglich ist“. Damit bezieht sich der Fraktionsvorsitzende auf die Genehmigungen des Bezirksamtes für leerstehende Immobilien, deren Zustand eine Nutzbarkeit zum Wohnen ausschließt.
- 26 Wohnungen leer: Haus am Grindel – Mieterverein prophezeit düsteres Szenario
- Eimsbüttel: Wohnhaus in Top-Lage verrottet seit Jahren – neuer Vorstoß
- Immobilien Hamburg: Nahe der Alster – Haus in Top-Lage steht seit Jahren leer
„Es kann nicht sein, dass Eigentümer und Eigentümerinnen Wohnraum so verwahrlosen lassen dürfen, ohne dafür belangt zu werden. Stattdessen stehen die Immobilien dann sogar genehmigt leer“, kritisiert Kleinert scharf. Und auch das Nichtanzeigen von leerstehenden Gebäuden werde Kleinert nach nicht streng genug geahndet.
Bezirksamt Eimsbüttel: Leerstand von Immobilien muss gemeldet werden
Laut Paragraf 13 Absatz 2 und 3 Hamburgischem Wohnraumschutzgesetz sind Wohnungsbaugesellschaften beziehungsweise Privateigentümer und -eigentümerinnen dazu verpflichtet, einen länger als vier Monate andauernden Leerstand von Wohnraum gegenüber dem zuständigen Bezirksamt zu melden. „Unsere Auswertung zeigt, dass das häufig nicht getan wird. Für diese Fälle sollten Bußgelder normalisiert werden“, fordert der Eimsbütteler Politiker jetzt und kritisiert damit auch die Gesetzeslage auf Landesebene.
Und was sagt das Bezirksamt zu den Vorwürfen? Nicht viel, wie es scheint. „Mit Blick auf die Unterstellungen in der Pressemitteilung“ der Linkenfraktion wolle sich die Behörde nicht auf diese Bühne begeben, sagt Sprecher Kay Becker, „schon gar nicht in Wahlkampfzeiten“. Klarstellen will Becker trotzdem: „Wir machen unsere Arbeit und bevorzugen den bewährten, sachlichen Austausch, zum Beispiel in den Gremien der Bezirksversammlung.“