Hamburg. Für die Immobilie nahe der Uni sollte längst ein Treuhänder eingesetzt werden. Bis jetzt ist nichts passiert. Was das Problem ist.

Die Streitigkeiten rund um das leer stehende Haus an der Grindelallee 80 mit 26 Wohnungen, das immer weiter verfällt, gehen in die nächste Runde. Knapp sechs Monate ist es nun her, dass die Bezirksversammlung auf Antrag der Linken-Bezirksfraktion in Hamburg-Eimsbüttel die Einsetzung eines Treuhänders für die verwaiste Immobilie in Bestlage am Grindel beschlossen hatte. Eine Kleine Anfrage der Linken zeigt jetzt: Passiert ist seitdem nichts.

Das Bezirksamt Eimsbüttel habe zwar laut eigenen Angaben mit „Prüfungen über die mögliche Durchführung eines Treuhänderverfahrens, auch unter Einbeziehung der Fachbehörde, begonnen“. Es gebe aber noch viele offene Fragen, die ungeklärt seien. So zum Beispiel die Frage nach der Übernahme der „möglicherweise sehr hohen Kosten“ für die Wiederherstellung des Wohnraumes.

Wohnung Hamburg: „Skandal“ um Haus am Grindel – Schwere Vorwürfe gegen Bezirksamt

Schon seit Jahren beschäftigt das hübsche Jugendstilhaus die Eimsbütteler Bezirkspolitik. Und immer wieder wird deutlich: Die Umstände rund um die Immobilie sind verworren. 2019 ordnete das Bezirksamt eine Zwangsräumung des Hauses an. Die Folge: Alle Mieter mussten ihre Wohnungen verlassen und wurden umgesiedelt. Die Behörde erklärte damals, dass der Brandschutz nicht mehr gewährleistet gewesen sei.

Doch schon viel früher berichteten die Mieter von unzumutbaren Zuständen innerhalb des Gebäudes. So soll der Eigentümer das Haus verkommen lassen und durch Schikanen versucht haben, die verbleibenden Mieter herauszuekeln. Auf vom Bezirksamt angesetzte Zwangsgelder zur Wiederherstellung des Wohnraumes reagierte er dabei über Jahre hinweg nicht.

Bezirksamt Eimsbüttel siedelte alle Mieter der Immobilie am Grindel um

Dass das Bezirksamt dann wirklich alle Parteien umsiedelte, war laut Rolf Bosse vom Mieterverein zu Hamburg ein Schritt, der dem Eigentümer nur weiter in die Karten spielte. Offenbar inserierte dieser die Immobilie auf Verkaufsportalen sogar schon zu dem Zeitpunkt als „leer stehend“, an dem diese noch bewohnt wurde.

Nach Abendblatt-Informationen wollte eine Hamburger Baugesellschaft das Objekt erwerben und abreißen – und ließ deshalb sogar schon 2017 eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eintragen. Als dann klar wurde, dass es entgegen der Angaben des Eigentümers noch bestehende Mietverträge für die Immobilie gibt, kam es zu Streitigkeiten rund um den Kaufpreis. Dr. Moritz Lembcke, Anwalt in der Hamburger Kanzlei Osgard, vertritt die Käuferin vor Gericht.

Haus am Grindel verfällt – Rechtsstreit seit Jahren ohne Fortschritt

„Seit 2018 verklagen wir den Verkäufer jetzt vor dem Landgericht Hamburg“, äußerte sich der Rechtsanwalt schon vor einigen Monaten gegenüber dem Abendblatt. Auf erneute Anfrage kann der Jurist nur sagen, dass der Verfahrensfortschritt nach wie vor „unverändert“ sei. Und auch von Gerichtspressesprecher Kai Wantzen heißt es: „Es gibt in dieser Angelegenheit noch keinen neuen Stand.“

Auf genau dieses Verfahren bezieht sich das Bezirksamt Eimsbüttel in der Beantwortung der Kleinen Anfrage nun. Ein angedachtes Zwangsversteigerungsverfahren sei wegen der im Grundbuch stehenden Auflassungsvormerkung nicht erfolgreich durchzuführen – und auch ein Treuhänder könne nicht anstelle des Eigentümers auf den Rechtsstreit einwirken.

Linken-Fraktion erhebt schwere Vorwürfe gegen das Bezirksamt Eimsbüttel

„Das bedeutet in der Folge, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach erst nach Ausgang dieses Rechtsstreits zu einem Eigentümerwechsel kommt oder das ausgesetzte Zwangsversteigerungsverfahren auf den jetzigen Eigentümer wieder angewendet wird“, so das Fazit des Bezirksamtes.

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Ein Fazit, mit dem sich die Linken-Bezirksfraktion nicht zufriedengeben will. Es sei nicht hinnehmbar, dass das Bezirksamt auch sechs Monate nach Beschluss der Bezirksversammlung noch mit der Prüfung von offenen Fragen beschäftigt sei.

Haus am Grindel – Verhalten des Bezirksamts „ein Skandal“

„Prüfen konnte das Bezirksamt seit 2018. Aber es verschleppt das Verfahren lieber weiter. Jetzt werden Verfahrensfragen vorgeschoben, die man bereits hätte klären müssen“, sagt Mikey Kleinert, Sprecher der Eimsbütteler Linken-Fraktion. Weil der demokratisch beschlossene Beschluss nicht umgesetzt werde, prüfen Kleinert und seine Fraktion nun eine Beschwerde beim Hamburger Senat. „Das ist schlichtweg Arbeitsverweigerung und ein demokratischer Skandal“, prangert der Bezirkspolitiker an.

Das Bezirksamt weist die Vorwürfe einer Verschleppung der Treuhänderschaft jedoch zurück. „Wir setzen den Beschluss um, indem wir unter anderem derzeit zusammen mit der Fachbehörde die rechtlichen und verfahrensrechtlichen Fragen prüfen und klären“, betont Sprecher Kay Becker auf Anfrage erneut. Die Bezirksversammlung werde dabei regelmäßig über den aktuellen Sachstand informiert, versichert der Bezirksamtssprecher.