Hamburg. Bislang lief der Verkauf von Beet- und Balkonpflanzen schleppend, viele Gewächshäuser sind noch voll. Sonderrabatte sollen nun helfen.
Die Gärtner, Profis wie Amateure, hoffen auf schönes, trockenes Wetter. Die einen wollen in ihren Gärten buddeln und ihre Balkone zieren, die anderen ihre Pflanzen verkaufen. Denn viele Gewächshäuser sind noch voller Frühlingsblumen. Doch die Zeit drängt: „Ostern ist für die Hobbygärtner eine entscheidende Richtmarke“, sagt Gärtnermeister Andreas Kröger. Schon bald nach den Feiertagen sinke die Nachfrage nach Beet- und Balkonpflanzen erfahrungsgemäß rapide, „obwohl auch später im April noch hervorragend gepflanzt werden kann“.
Simon Howitz, Betreiber der gleichnamigen Gärtnerei am Süderquerweg 540, muss rund 10.000 Pflanzen entsorgen, die er bisher aufgrund des schlechten Wetters nicht verkaufen konnte. „Eigentlich müssten die Treibhäuser Ende März fast leer sein, doch in diesem Jahr ist nur etwas über die Hälfte der Hornveilchen, Stiefmütterchen, Bellis und Primeln verkauft worden“, sagt der Gärtner. Er habe noch rund 40 Prozent der Frühjahrsblumen übrig. „Wir hatten in diesem Jahr zusammengerechnet vielleicht acht Tage, in denen wir normal verkauft haben“, sagt Howitz. Schuld seien „zu wenige Sonnentage, dafür zu viel Regen und Kälte“.
Hobbygärtner pflanzen Frühlingsblumen kaum noch nach Ostern
Howitz müsse so viele Pflanzen kompostieren, weil er in seinen Gewächshäusern Platz braucht „für die Stauden, die wir für den Sommer vorbereiten“. Jetzt sollen über einen Mengenrabatt doch noch möglichst viele Violen (Stiefmütterchen und Hornveilchen) verkauft werden: Für 20 Stück verlangt der Gärtner 10 Euro. Einzeln kosten sie 70 Cent. Doch selbst bei dem Preis mache der Gärtner aufgrund deutlich gestiegener Kosten für Energie, Erde und Töpfe kaum Gewinn.
Andreas Kröger, der als Präsident des Wirtschaftsverbands Gartenbau Nord einen guten Überblick hat, bestätigt, dass Howitz mit seinen Sorgen nicht allein ist. „Es gab in den vergangenen Wochen zu viel Kälte und Regen. In unserem Geschäft ist das Wetter das A und O.“ Es habe kaum zwei Tage gutes Wetter am Stück gegeben, „wir brauchen aber zwei Wochen durchgängig schönes, trockenes Wetter. Dann ist das Frühlingsgeschäft erledigt.“
Ein massives Problem kann Kröger bei den Gartenbaubetrieben in den Vier- und Marschlanden bisher allerdings noch nicht erkennen: Zwar gebe es „reichlich Gärtner, die unzufrieden sind“, doch das könne sich – abhängig vom Wetter in den kommenden zwei Wochen – schnell ändern. „Bilanz ziehen können wir erst Mitte April, wenn das Geschäft durch ist“, sagt der 58-Jährige. Bei vielen seiner Berufskollegen seien die Verkäufe der vergangenen Wochen „durchschnittlich“, in Krögers Gartenbaubetrieb am Kirchwerder Marschbahndamm sei die Saison bisher „okay“. Kröger: „Ich weiß aber auch von Gärtnern, die bereits komplett ausverkauft sind.“
Im Vergleich zu den vergangenen beiden Frühjahren läuft das Geschäft nicht gut
Viele Gärtner seien auch enttäuscht, weil sie die Messlatte nach drei Jahren Pandemie besonders hoch gelegt hätten: „Die vergangenen beiden Frühjahre liefen die Geschäfte sehr gut. Das Wetter war super und die Menschen haben aufgrund von Corona besonders viel in ihren Gärten gebuddelt“, sagt Kröger. Nun ist das Wetter schlecht und Reisen sind wieder erlaubt. Das nutzen auch die Hobbygärtner.
Ein weiteres Problem: „Vor dem Krieg haben Russland und die Ukraine große Mengen an Schnittblumen aus Westeuropa, vor allem aus Holland, gekauft“, sagt Gärtnermeister Andreas Kröger. „Dieses Geschäft gibt es nicht mehr. Deshalb drückt nun vor allem holländische Ware, aber auch Blumen aus Spanien, Italien, Westdeutschland und anderswo auf den Markt und setzt die Preise unter Druck.“
Preise liegen auf Vorjahresniveau
Andererseits sind die Preise aufgrund der gestiegenen Energie- und Materialkosten gestiegen. „Deswegen mussten die Gärtner die Preise für ihre Blumen um mindestens fünf bis zehn Prozent erhöhen.“ Rechnet man alles zusammen, zahlt der Endverbraucher vermutlich den Preis, den er auch vor einem Jahr für eine Frühlingsblume bezahlt hat, meint Kröger: „Vom Gefühl her bewegen wir uns aktuell auf dem Vorjahresniveau.“
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Viele Kunden würden Wert auf hochwertige Pflanzen legen, weiß Kröger, „derzeit etwa größere, gefüllte Tulpen“. Von diesen qualitätsorientierten Kunden, die auch in Zeiten extrem gestiegener Preise in fast allen Lebensbereichen immer noch genug im Portemonnaie haben, würden die Vier- und Marschländer Betriebe schon seit vielen Jahren profitieren.
Die Hamburger kaufen vor allem Tulpen und Violen
Kröger zieht in seinem Betrieb Blumen-Jungpflanzen auf. Außerdem verkauft er Gemüse- und Blumen-Jungpflanzen an Wiederverkäufer in ganz Norddeutschland. Kröger hat gefüllte Primeln (üppig in der Blüte), Ranunkeln und Steinbrech (Stauden) sowie als kleines Nebengeschäft Violen in seinen Gewächshäusern. Primeln seien in diesem Frühjahr zu früh dran gewesen: „Sie standen bereits im Februar in Blüte, viele sind inzwischen verblüht.“ Dadurch habe er nur etwa 85 Prozent verkaufen können. Seine Ranunkeln seien fast alle abverkauft.
Welche Blumen in Hamburg besonders häufig gekauft werden? Bei den Schnittblumen stehen Tulpen an erster Stelle, gefolgt von Rosen und Gerbera. „In den 70er- und 80er-Jahren war die Rose die unangefochtene Nummer eins“, sagt Kröger. „Jede vierte in Deutschland verkaufte Rose kam damals aus den Vier- und Marschlanden, damals Deutschlands Haupt-Rosenanbaugebiet.“
Die Farben der Blumen richten sich nach der Kleidermode
Vor Jahrzehnten war der grüne Garten Hamburgs auch das größte geschlossene Blumenanbaugebiet der Republik, weiß Kröger. Inzwischen befinde es sich am Niederrhein. Dennoch: „15 bis 20 Millionen Tulpen aus den Vier- und Marschlanden werden jedes Frühjahr verkauft, vor allem über den Hamburger Blumengroßmarkt, aber auch auf Wochenmärkten und über weitere Kanäle.“
Bei den Beet- und Balkonpflanzen rangieren Violen zeit Jahrzehnten ganz vorn. Platz zwei belegen Primeln und Platz drei Bellis (Gänseblümchen). Bei den Violen hätten Hornveilchen inzwischen Stiefmütterchen den Rang abgelaufen: „Früher waren acht von zehn verkauften Violen Stiefmütterchen. Heute sind es nur noch vier von von zehn.“ Sämtliche Blumen seien in etlichen Farben erhältlich. „Die angesagten Farben richten sich nach der Kleidermode“, weiß Kröger. Und: Gelb sei mittlerweile weniger gefragt.