Hamburg. Die bunten Primeln und Stiefmütterchen erfreuen Auge und Herz. Doch steigende Energiekosten bereiten den Gärtnern große Sorge.
Trotz kalter Nächte ist das Wetter tagsüber frühlingshaft. Gärten und Balkone werden nun bepflanzt. Die Gärtnereien in den Vier- und Marschlanden sind auf den zu erwartenden Kundenansturm gut vorbereitet, haben Frühlingsblumen in vielen Farben und Formen in ihren Treibhäusern.
„Bisher wird noch verhalten gekauft, aber es geht mit dem schönen, warmen Wetter ja erst los“, sagt Dörte Kayser. Die 57-Jährige betreibt mit ihrem Mann Ulrich (61) die Gärtnerei Kayser am Ochsenwerder Elbdeich 261. Produziert werden Beet- und Balkonpflanzen. „Zimmerpflanzen und Schnittblumen kaufen wir für den Verkauf dazu“, sagt die 57-Jährige.
Gärtnerei Kayser in den Vier- und Marschlanden wurde verkleinert
Das Familienunternehmen wird in sechster Generation betrieben. Inzwischen hat das Ehepaar, das von einer Angestellten und Ulrich Kaysers Eltern unterstützt wird, es verkleinert: „Es wurde immer schwieriger, geeignete Mitarbeiter zu finden. Noch vor wenigen Jahren haben wir mehr angebaut und auch an Großhandel, Blumenläden und Friedhofsgärtnereien verkauft“, sagt die Chefin.
Verkauft werden die „kayserlichen“ Blumen inzwischen nur noch im eigenen Hofladen und an einen Wiederverkäufer. Zu den Kunden zählen auch viele Camper vom Hohendeicher See. „Sie kehren nun zurück, werden ihre Plätze schön gestalten“, sagt Dörte Kayser, die aus Erfahrung spricht.
Stiefmütterchen und Primeln überstehen leichten Frost
Unter den Frühlingsblumen sind Stiefmütterchen nach wie vor die gefragtesten, weiß die Fachfrau. „Sie sind besonders robust, kommen auch mit leichten Minusgraden klar.“ Auch Primeln würden ein, zwei Grad minus überstehen, sagt Dörte Kayser, „ebenso Zwiebelpflanzen wie Narzissen, Tulpen und Hyazinthen“. Bergenien (Stauden) und Bellis, die nun ebenfalls in prachtvollen Farben blühen, könnten Frost hingegen nicht gut ab.
Während der Boden mancher Beete wegen nächtlichen Frosts noch zu hart für die Bepflanzung sein mag, könnten Balkonkästen und Blumenschalen schon gut neu bepflanzt werden, weiß Dörte Kayser. Bei Zwiebelpflanzen empfiehlt sie Recycling: „Wenn sie verblüht sind, dann kann man die Zwiebel abschneiden, luftig aufbewahren und im Herbst neu einpflanzen – oder einfach im Beet lassen, wenn der Platz nicht benötigt wird.“
Preise für Frühlingsblumen mussten erhöht werden
Wegen drastisch gestiegener Produktionskosten haben die Gärtner in der Regel ihre Preise erhöht. Auch die Gärtnerei Kayser macht da keine Ausnahme: „Im Durchschnitt sind unsere Blumen nun mindestens zehn Prozent teurer als vor Beginn der Corona-Krise vor zwei Jahren“, sagt die Chefin.
Andreas Kröger, Präsident des Wirtschaftsverbandes Gartenbau Norddeutschland und Betreiber einer Zierpflanzengärtnerei in Kirchwerder, befürchtet, dass die explodierenden Energiepreise den Gärtnern noch größere Probleme bereiten werden: „Bei dem schönen Pflanzwetter ist die Stimmung unter den Kollegen zwar recht gut, aber wir wissen nicht, was noch auf uns zukommt.“ Viele Gärtner würden mit ihren Öl-, Gas- und Kohlevorräten bis zum Sommer noch gut durchkommen, müssten dann aber nachfüllen – „und die Preise werden sicherlich weiter steigen“.
Bestehende Gas- und Stromverträge wurden gekündigt
In Einzelfällen seien bestehende Gas- und Stromverträge von den Lieferanten gekündigt worden, weiß Kröger, „komplett oder zumindest die derzeitigen Konditionen“. Die Lieferanten würden sich auf eine „unzumutbare Weiterbelieferung“ oder „höhere Gewalt“ berufen. Diese Kündigungen vertraglich vereinbarter Preise dürften nun die Gerichte beschäftigen.
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„Die Regierung muss schauen, wie sie steuerlich helfen kann, damit die Energiekosten gesenkt werden“, fordert Kröger. „Die Senkung der Mehrwertsteuer hilft den meisten Gärtnern nicht, denn diese Steuer wird ja eh gegengerechnet.“ Immerhin: „In dieser trostlosen Situation, geprägt von Krieg und Corona, werden mehr Blumen gekauft.“ Kröger betont, dass Preisprobleme allerdings „lächerlich“ seien, wenn man das Leid der Menschen in der Ukraine betrachte.
Vier- und Marschlande: Zahl der Betriebe und Größe der Anbauflächen nimmt ab
174 Betriebe haben laut Statistikamt Nord vergangenes Jahr in Hamburg auf einer Grundfläche von rund 178 Hektar (ha) Zierpflanzen angebaut. Damit haben sich die Produktionsflächen der Zierpflanzenbetriebe im vergangenen Jahr im Vergleich zur vorherigen Erhebung von 2017 um 20 Prozent verringert. Die Zahl der Betriebe sank im Vergleich um 13 Prozent. Damit bestätigt sich der Trend zu weniger Betrieben und Anbauflächen in diesem Sektor des Gartenbaus, teilt das Statistikamt Nord mit.
Das Problem sei Jahrzehnte alt, betont Kröger: „Den Gärtnern fehlen oft Betriebsnachfolger.“ Lange Arbeitszeiten, ein stetig zunehmender bürokratischer Aufwand und „Aufwand und Ertrag, die manchmal in einem ungünstigen Verhältnis zueinander stehen“ schreckten potenzielle Nachfolger oft ab.
Anbau von Schnittrosen im Freiland nimmt weiter zu
Die Betriebe bewirtschafteten rund 112 ha im Freiland und 66 ha unter Gewächshäusern und begehbaren Folientunneln. Im Freiland wurden auf 72 ha Blumen und Zierpflanzen zum Schnitt angebaut. Knapp die Hälfte dieser Fläche nahmen Sommerblumen und Schnittstauden wie Dahlien und Pfingstrosen ein. Um gut 50 Prozent nahm der Anbau von Schnittrosen im Freiland auf neun Hektar zu. Unter Schutzabdeckungen dominierte die Bepflanzung mit Schnittrosen auf einer Fläche von 17 ha.
Blühende Zwiebelpflanzen im Topf – etwa Narzissen, Hyazinthen und Tulpen – waren mit gut 326.000 Stück die am häufigsten produzierten Zimmerpflanzen. 88 Betriebe erzeugten für die Garten- und Balkonliebhaber 18,2 Millionen Beet- und Balkonpflanzen. Die Stückzahl liegt in etwa auf dem Niveau von 2017. Mit rund 7,3 Millionen liegen die Veilchengewächse und Stiefmütterchen an der Spitze, gefolgt von 2,7 Millionen produzierten Begonien.