Hamburg. Ehren- und Hauptamtliche haben im Bezirk Bergedorf diverse Projekte im Blick. Manches wollen sie anschieben, anderes verhindern.
Die ersten Störche sind zurück in den Vier- und Marschlanden. Zahlreiche Artgenossen werden in den kommenden Tagen und Wochen erwartet. Am Süderquerweg 452 können sich die Vögel bald ins gemachte Nest setzen: Dort will der Nabu ein Nest auf einem zehn Meter hohen Schornstein montieren. „Nun hoffen wir, dass die Störche gesund und munter zurückkehren“, sagt Storchenvater Jürgen Pelch. Seine Schützlinge sind aber nur ein Themenfeld, das der Naturschutzbund (Nabu) im Bezirk Bergedorf ganz genau im Blick hat. Gebietsbetreuer Christian Gerbich, Storchenvater Pelch sowie Dietmar Ullrich und Gustav König von der Bergedorfer Nabu-Gruppe haben eine Agenda ausgearbeitet.
Nabu Bergedorf: Mitglieder haben eine eigene Agenda ausgearbeitet
- Dweerlandweg
Laut Politik könnten Schausteller auf einer Fläche am Dweerlandweg eine neue Heimat finden. Das sei eine geeignete Alternative zum heutigen Standort am Brennerhof, wo es schon mehrere Anläufe gab, Gewerbe anzusiedeln. Der Nabu hält es jedoch für fatal, neben der Justizvollzugsanstalt Billwerder und dem im Bau befindlichen Jugendgefängnis dort eine weitere Fläche zu versiegeln. „Das wäre der Sargnagel für die Amphibienpopulation“, ist Christian Gerbich überzeugt. Das sei „kein kleiner Tümpel“, wie Gerbich betont. Viel mehr gehe es um 2000 bis 3000 Tiere, darunter Grasfrosch, Erdkröte und Teichmolch.
- Wasserstände
Über die Höhe der Wasserstände in den Gräben der Kirchwerder Wiesen hat es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Auseinandersetzungen gegeben. Halten Naturschützer hohe Wasserstände für sinnvoll, fürchten Anwohner oder Landwirte Überschwemmungen. In den vergangenen zwei Jahren wurde ein hydrologisches Gutachten erstellt. Es soll Grundlage sein für eine Arbeitsgemeinschaft, in der Konflikte, Bedenken und mögliche Pegelstände besprochen werden sollen. „Davon erhoffen wir uns eine Verbesserung“, sagt Gerbich.
- Marschbahndamm
Die Bergedorfer Koalition aus Grünen, SPD und FDP möchte den Marschbahndamm attraktiver gestalten und erteilte der Bergedorfer Verwaltung in 2021 den Auftrag, ein Konzept und einen Projektmittelantrag zu erarbeiten. Der wurde beim Bundesverkehrsministerium gestellt, bisher gab es dazu noch keinen Bescheid. Der Nabu fürchtet eine Versiegelung von Flächen und Zunahme des Freizeitverkehrs auf der Strecke. Daher sei es aus Sicht des Naturschutzes ein problematisches Projekt. „Wir werden genau hinsehen, wie es ausgestaltet werden kann“, sagt Dietmar Ullrich.
- Kirchwerder Wiesen
Das Naturschutzgebiet soll erweitert werden und von bisher gut 860 Hektar auf mehr als 1000 Hektar wachsen. Der Nabu sieht darin einen wichtigen Schritt, um der Forderung der Volksinitiative „Hamburgs Grün erhalten“ nachzukommen, indem Naturschutzgebiete 10 Prozent der Landesfläche ausmachen sollen. „Wir hoffen, dass es in diesem Jahr eine Entscheidung geben wird“, sagt Christian Gerbich.
- Windkraft
Erneuerbare Energien sind laut neuer Bundesregierung im öffentlichen Interesse. Die Umweltbehörde soll prüfen, wo in Hamburg zusätzliche Eignungsgebiete ausgewiesen werden könnten. Der Nabu fordert daher ein klares Bekenntnis von der Stadt, wo mögliche Potenziale in den Vier- und Marschlanden gesehen werden und wie der Artenschutz dabei Beachtung findet.
- Natürlich Hamburg
Das Naturschutz-Großprojekt umfasst etwa 200 größere und kleinere Maßnahmen in der ganzen Stadt, von denen möglichst viele in den nächsten zehn Jahren umgesetzt werden sollen. Ein erstes soll in diesem Jahr mit Schwimmstegen an der Dove-Elbe sichtbar werden. Ziel ist, mit ihnen das Ufer zu schützen, indem Menschen die Stege nutzen.
- Straßenbäume
Der Nabu möchte dazu aufrufen, Bestandsbäume mehr wertzuschätzen. Aus Sicht der Naturschützer werde zu wenig dafür getan, Bäume zu erhalten, stattdessen werde leichtfertig durch junge Bäume ausgeglichen. „Erhalt geht vor Nachpflanzung“, betont Dietmar Ullrich. Schließlich wäre der Baum erst in einigen Jahrzehnten so weit wie sein Vorgänger, „wenn er überhaupt jemals so groß wird“, so Gerbich.
- Nutria
Die aus Südamerika stammenden Nager sind umstritten, weil sie ganze Flächen unterhöhlen. Der Nabu lehnt eine generelle Bejagung der invasiven Art ab. Vielmehr hoffen die Naturschützer auf ein Gutachten der Umweltbehörde, um sensible Bereiche zu definieren, in denen eine Bejagung auch einen Effekt hat. „Als erstes sollten die Menschen aufhören, Nutria zu füttern. Bevor das nicht abgestellt wird, müssen wir uns über eine Jagd nicht unterhalten“, stellt Gerbich fest.
- Senderstörche
Insgesamt zwölf Störche hat der Nabu in den vergangenen Jahren besendert. Doch vier Tiere sind bereits verunglückt oder verschollen. Die Route der verbliebenen Senderstörche aus dem Winterquartier in den Norden kann tagesaktuell mitverfolgt werden: www.nabu-hamburg.de/stoerche. Das ist allerdings nicht das Hauptanliegen des Projekts: In Kooperation mit der Uni Kiel sollen Erkenntnisse über ihr Flugverhalten und ihre Nahrungssuche rund ums Nest gewonnen werden. In diesem Jahr soll es eine Masterarbeit geben, so Gerbich.