Hamburg. Nach den Bibern fühlt sich auch Lutra lutra im Bezirk Bergedorf heimisch. Auch im Norden von Hamburg wurden die Tiere nachgewiesen.
Ein Fischotter schwimmt um einen Biber, springt an Land, auf Schilf. Die Tiere stehen sich gegenüber, beäugen sich zwei Sekunden lang. Dann macht der Biber einen Schritt auf den Eindringling in sein Revier zu. Der Fischotter springt ins Wasser, dreht eine Runde um den Biber, kommt abermals aufs Schilf. Eines der Tiere macht ein katzenartiges Geräusch, das wie ein Miau klingt. Der Biber macht wieder einen Satz auf den Eindringling zu, und der Fischotter sucht endlich das Weite.
Diese faszinierenden, seltenen Schwarz-Weiß-Aufnahmen gelangen der Loki Schmidt Stiftung im vergangenen Jahr mit Hilfe einer Wildtierkamera. Gemacht wurden sie in Neuengamme. An gleicher Stelle wurden drei junge Fischotter gefilmt, die neugierig das Revier erkunden. Sie gehören zur ersten nachgewiesenen Fischotter-Familie in den Vier- und Marschlanden.
Fischotter in Hamburg: Die meisten Tiere leben in Bergedorf
Nachdem die Fischotter in Hamburg nahezu ausgerottet waren, sind nun wieder ein gutes Dutzend in den Gewässern der Hansestadt unterwegs – vor allem in den Vier- und Marschlanden. Derzeit würden wieder mindestens 15 unterschiedliche Tiere in Hamburg leben, sagte ein Sprecher der Hamburger Umweltbehörde.
„Im Hamburger Süden (dazu zählt auch der Bezirk Bergedorf, die Red.) wurden im Jahr 2022 mit Hilfe von Kamerafallen und genetischen Analysen mindestens zehn unterschiedliche Exemplare nachgewiesen – fünf Männchen und fünf Weibchen.“ Zusätzlich habe sich herausgestellt, dass es auch Nachwuchs gegeben hat. „Im Hamburger Süden wird vor allem der Bezirk Bergedorf mit den Vier- und Marschlanden besiedelt“, sagte der Sprecher der Umweltbehörde.
Scheuen Tiere auch an Alster und Wandse nachgewiesen
Doch auch im Hamburger Norden wurden bereits Fischotter gesichtet. Hier waren 2021 drei Männchen und zwei Weibchen mit Hilfe von Kamerafallen und genetischen Analysen ermittelt worden. „Im Hamburger Norden kommt der Fischotter vor allem entlang der Wandse und Alster vor. Die genetischen Analysen hätten zudem ergeben, dass die in Hamburg lebenden Fischotter einen Genpool der norddeutschen, dänischen und niedersächsischen Populationen aufweisen.
„Dies deutet darauf hin, dass es sich in Hamburg um eine Knotenpunktregion zwischen den umliegenden, etablierten Fischotterpopulationen handelt, und Hamburg von mehreren Richtungen wiederbesiedelt wird.“
In Neuengamme lebt sogar ein ganzer Familienverband
Axel Jahn (60), Geschäftsführer der Loki Schmidt Stiftung, berichtet, dass er und seine Kollegen vor zehn, zwölf Jahren, als viele Spuren von Fischottern gefunden worden waren, zunächst von durchwandernden Tieren ausgegangen seien. Diese seien – wie zuvor schon die Biber – vor allem von Osten über die Elbe nach Hamburg gekommen. Jahn: „In Niedersachsen an der Elbe gibt es die größte Dichte. Viele Fischotter kommen von dort nach Hamburg.“ Fischotter suchen häufig nicht bewohnte Biber-Bauten auf, weiß Jahn.
Inzwischen seien hier zahlreiche Fischotter heimisch geworden, darunter ein Familienverband in Neuengamme. „Die Tiere haben vor allem die Bereiche an Dove- und Gose-Elbe und an den Bracks, allesamt fischreiche Gewässer, für sich entdeckt. „In Boberg gab es bisher keinen Nachweis“, sagt Jahn. Er gehe aber davon aus, dass dies nur eine Frage der Zeit sei. Nachweise gibt es inzwischen auch in Allermöhe (Eichbaumsee, Dove-Elbe), Kirchwerder, Borghorst/Altengamme, Reitbrook (Reit) und Ochsenwerder (Hohendeicher See). Außerhalb Bergedorfs leben Fischotter in Altenwerder, Hausbruch und im Alten Land.
Die scheuen Tiere seien nur schwer ausfindig zu machen
Jahn geht davon aus, dass es in den Vier- und Marschlanden schon jetzt mehr als nur einen Familienverband gibt. Bis zu „drei weitere Familien“ hält er für möglich. „In Hamburg werden die Tiere inzwischen als einheimisch betrachtet.“ Dies sei ein erfreulicher Trend, der sich quer durch Deutschland fortsetze. „Früher wurden Fischotter viel gejagt, zudem war die Elbe wesentlich belasteter mit Schadstoffen.“
Die scheuen Tiere seien nur schwer ausfindig zu machen, berichtet Jahn. Im Winter könnten immerhin Spuren im Schnee verfolgt werden, die zu ihren Verstecken führen können. „Die Tiere laufen viel am Ufer, vor allem im Winter, weil es ihnen dann auf Dauer im Wasser zu kalt ist“, sagt Jahn. Nachts würden Fischotter nicht selten zehn Kilometer oder mehr wandern.
2022 erste Fischotter-Familie in Bergedorf nachgewiesen
Das Tier steht auf der Roten Liste und gilt als gefährdet. „Die Rückkehr des Fischotters wird in Hamburg generell sehr positiv wahrgenommen“, sagt der Sprecher der Umweltbehörde dazu. Auch die Loki Schmidt Stiftung freut sich über die zahlreicher werdenden Fischotter in Hamburg: „Wir gehen davon aus, dass der Biber die Voraussetzungen für die Ansiedlung des Fischotters geschaffen hat“, sagte eine Sprecherin. Fotos der scheuen und schnellen Tieren gibt es derzeit noch nicht, hieß es weiter, lediglich die Aufzeichnungen der Wildtierkamera.
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In Bergedorf ist der Biber seit 2010 wieder ansässig. 2016 konnten die ersten Jungtiere nachgewiesen werden. 2022 gelang der erste Nachweis einer Fischotter-Familie in diesem Stadtbezirk. Doch bereits im Juni 2011 wurden bei einem Monitoring an Dove- und Gose-Elbe sowie in der Reit insgesamt 13 Stellen mit Spuren von Fischottern entdeckt – mehr als sonst irgendwo in Hamburg, hieß es damals aus der Umweltbehörde.
Fischotter werden in Europa bis zu 1,30 Meter lang
Fischotter (Lutra lutra) sind an das Wasserleben angepasste Marder, die zu den besten Schwimmern unter den Landraubtieren zählen. Sie kommen in fast ganz Europa vor und werden einschließlich Schwanz etwa 130 Zentimeter lang. Ausgewachsene Fischotter können ein Körpergewicht von bis zu zwölf Kilogramm erreichen. Sie werden durchschnittlich 10,5 Jahre alt. Jedoch werden nur etwa 15 Prozent aller Jungtiere älter als drei Jahre. Die Deutsche-Wildtier-Stiftung wählte den Fischotter zum Tier des Jahres 2021.