Hamburg. Rot-grüner Senat stellt sich taub, CDU ist sauer über seine flapsigen Antworten. Der Grund: eine Gesetzesnovelle, die vielleicht kommt.
Pünktlich zum Start des Wahlkampfs geraten Hamburgs ambitionierte Windkraft-Pläne in neue Turbulenzen: Die CDU ist dabei, den Rotstift an die massive Ausweisung der sogenannten Potenzialflächen für den Bau der riesigen Rotoren zu setzen. Doch der rot-grüne Senat will davon nichts wissen. Schlimmer noch: Er stellt sich taub, wie seine Reaktion auf ein Auskunftsersuchen des Bergedorfer CDU-Fraktion jetzt zeigt.
„Das ist keine Antwort, sondern der Versuch, die Senatspläne ohne politische Diskussion durchzudrücken“, ärgert sich CDU-Fraktionschef Julian Emrich mit Blick auf die dürren Antworten. „Eine Missachtung der parlamentarischen Gremien sowie der Sorgen der Bevölkerung vor allem in Bergedorf und seinem Landgebiet, wo über die Hälfte Windanlagen stehen sollen.“ Kurz vor der Wahl will der Christdemokrat nun ganz große Geschütze auffahren: „Wir werden unser Auskunftsersuchen über das Präsidium der Bezirksversammlung nochmal an den Senat zurückgeben, um fachliche und nicht bloß inhaltsleere Antworten zu bekommen.“ Zudem werde darüber nachgedacht, die CDU-Bürgerschaftsfraktion in das Thema einzubinden.
CDU sieht Novelle des Windenergie-Flächenbedarfsgesetzes in greifbarer Nähe – Senat wiegelt ab
Was Julian Emrich so wütend macht, sind Einzeiler wie „Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen nimmt zu hypothetischen Fragen keine Stellung“ oder „Für den Senat gibt es zum gegenwärtigen Verfahrensstand keinerlei Veranlassung, neue Abstände zur Wohnbebauung anzulegen“. Dabei hatte die CDU mit ihren Fragen ergründen wollen, wie Hamburg mit einer aus Sicht der Christdemokraten absehbaren Novelle des Windenergie-Flächenbedarfsgesetzes des Bundes umgehen will. Demnach können Stadtstaaten wie Hamburg die Vorgabe, 0,5 Prozent ihrer Fläche für den Bau neuer Windanlagen freizugeben, in Teilen per Staatsvertrag an ihre flächenreichen Nachbarbundesländer abgeben.
Hatte der rot-grüne Senat die alte Frist im vergangenen Mai ungenutzt verstreichen lassen, die Bürger aber erst Mitte September über damit unabwendbare Nähe der neuen 240-Meter-Riesen informiert, deuten sich jetzt neue Chancen an. „Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, die Frist bis 31. Mai 2025 zu verlängern“, schreibt Bergedorfs CDU-Fraktion im Vorspann ihres Auskunftsersuchens. Und weiter: „In einer ersten Stellungnahme hat der Bundesrat dieses Ansinnen positiv aufgenommen und würde sogar eine Verlängerung bis zum 31. Mai 2026 bevorzugen.“
CDU warnt: In den Vier- und Marschlanden liegt der Abstand zur Wohnbebauung nur bei 300 bis 500 Meter
Tatsächlich verläuft diese Entwicklung so gar nicht nach dem Geschmack des Hamburger Senats. Denn der hatte nicht bloß die alte Frist verstreichen lassen. Vielmehr zogen SPD und Grüne die Ausweisung der 0,5 Prozent Windanlagen-Potenzialfläche für die Hansestadt sogar noch von 2032, wie im Gesetz vorgeschriebenen, auf das Jahr 2027 vor. Kein Wunder also, dass die CDU jetzt mit Fragen nach plötzlich wieder größeren Abstandsflächen zwischen Windriesen und Wohnbebauung einen wunden Punkt trifft.
Während der Senat entsprechend schroff reagiert, will Julian Emrich aber genau diese Details von Hamburgs Behörden nüchtern bewertet sehen: „Es geht darum, ob die Hamburger und vor allem die Menschen in den Vier- und Marschlanden künftig 300 bis 500 Meter nah an den neuen Riesenrotoren wohnen, oder doch mindestens 800 bis 1000 Meter entfernt.“
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Der CDU-Fraktionschef pocht darauf: „Die Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, wie nah ihnen die Windkraft künftig kommen wird. Und zwar ohne ideologische Vorgaben.“ Die lapidaren Antworten auf das Auskunftsersuchen sieht Emrich als „Versuch, eine inhaltliche Debatte zum Thema Windkraft-Potenzialflächen zu verhindern“. Er setze nun darauf, dass es sich nur um ein Versehen gehandelt habe: „Ich hoffe, dass es im zweiten Anlauf eine fachliche Antwort der Behörde gibt. Auf dieser Basis können wir dann inhaltlich diskutieren.“ Schließlich halte auch die CDU den Bau neuer Windanlagen in Hamburg wie Bergedorf für sinnvoll.