Hamburg. Nach der Heimniederlage gegen Niendorf überwintern die „Eisenbahner“ auf Platz vier. Bestenfalls. Meilenweit hinter den Topteams.

Der Himmel über Billwerder ist eine gefragte Flugzone. Die Kondensstreifen von nicht weniger als acht Jets zerteilen über dem Sportplatz am Mittleren Landweg im Hamburger Südosten am Sonntagnachmittag schachbrettartig die strahlend blauen, luftigen Höhen. Tief unten geht derweil ein Höhenflug endgültig zu Ende: Der ETSV Hamburg, der in den vergangenen Jahren von der Bezirksliga bis in die Spitze der Fußball-Oberliga durchmarschiert ist, verliert sein Heimspiel gegen den Niendorfer TSV mit 0:1.

Die Hamburger CDU hat jüngst die Idee eines neuen Sportstadions für 10.000 Menschen im Bezirk Bergedorf ins Gespräch gebracht. Genau hier, am Mittleren Landweg, soll es stehen und eine geeignete Bühne für die Frauen-Bundesliga und Herren-Drittliga-Fußball, aber auch für Kulturereignisse bieten. Der ETSV Hamburg, der in diesem Sommer 100 Jahre alt wurde, könnte als ortsansässiger Club von solchen Plänen maximal profitieren, wenn es in Billwerder gelänge, die wirtschaftliche Kraft der Region zu bündeln und ein Team in die Regionalliga oder besser noch die 3. Liga zu führen.

ETSV Hamburg: Unsanftes Ende eines spektakulären Höhenflugs

Dass die Oberliga nicht das Ende der Fahnenstange sein soll, haben die Verantwortlichen immer betont. Sportchef Sascha „Jassi“ Huremovic ignorierte sogar seine Freundschaft zum Trainer Berkan Algan und entließ den Coach Anfang November, weil er keine Fortschritte mehr sah. Bis zur Winterpause leitet Huremovic das Training selbst, ab 1. Januar übernimmt dann Jan-Phillip Rose, der mit 38 Jahren deutlich jünger ist als Algan (47) und Huremovic (55). Der langjährige Spieler von Eintracht Norderstedt, so die Kalkulation von Huremovic, hat es dadurch vielleicht leichter, eine Beziehung zu den jungen Talenten im Kader aufzubauen.

ETSV Hamburg
Vereint im Frust sind die Spieler des ETSV Hamburg nach der Niederlage. „Wir haben verdient verloren“, eröffnet ihnen Trainer und Sportchef Sascha „Jassi“ Huremovic (hinten, Mitte). © Volker Gast | Volker Gast

Doch noch hat Huremovic das sportliche Kommando, Rose weilte beim Spiel gegen Niendorf lediglich als Zaungast auf der Anlage am Mittleren Landweg. Nach der 0:1-Niederlage versammelt der Trainer und Sportchef seine Spieler um sich. „Wir haben verdient verloren“, eröffnet Huremovic der Mannschaft. „Wenn wir uns hier über 90 Minuten nicht eine vernünftige Torchance erspielen, dann ist das nicht das, wofür wir im Training arbeiten.“ Denn nun steht bereits fest, dass die „Eisenbahner“ auf Platz vier überwintern werden. Bestenfalls. Meilenweit hinter den Topteams.

Beim Gegentor lassen sich drei ETSV-Akteure im eigenen Strafraum ausspielen

Denn es hat in dieser Saison einfach schon zu viele deprimierende Spiele gegeben wie das gegen Niendorf. Besonders ärgert sich „Jassi“ Huremovic über das entscheidende Gegentor durch Leandro de los Santos Korth (60.). Da lassen wir uns im eigenen Strafraum austanzen“, schimpft der Sportchef. „Das kann nicht sein, dass gleich drei Leute im Sechzehner ausgespielt werden.“ Nun trennt die „Eisenbahner“ nur noch ein Auswärtsspiel am kommenden Freitag bei TuRa Harksheide (19.30 Uhr, collatz+schwartz Sportpark) von der ersehnten Weihnachtspause.

Auch interessant

Die aber kommt für den ETSV Hamburg zu spät, das steht jetzt schon fest. Nicht nur, weil die 15 Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Altona 93 kaum noch aufzuholen sein werden. Die verlorene Begegnung gegen Niendorf war für den ETSV Hamburg bereits die siebte Niederlage in der laufenden Oberliga-Saison. Damit haben sie häufiger verloren als die drei Topclubs Altona 93, Eimsbütteler TV und TuS Dassendorf zusammen. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klaffen am Mittleren Landweg im Moment Welten.

Am 1. Januar beginnt der Neuaufbau unter dem Coach Jan-Phillip Rose

Doch jeder Höhenflug beginnt bekanntlich mit dem Start. Jedes der Flugzeuge, die hoch oben und weit entrückt den Himmel über Billwerder beleben, muss irgendwann, irgendwo am Boden Geschwindigkeit aufgenommen haben. Denn ein Gutes hat die Krise: Der neue Trainer Jan-Phillip Rose kann seine Arbeit am 1. Januar 2025 ganz ohne Druck aufnehmen und in Ruhe an seiner Formation feilen. Am 11. Januar präsentieren sich die „Eisenbahner“ voraussichtlich beim Fußball-Hallenturnier des Düneberger SV, bevor es dann am 2. Februar mit dem Heimspiel gegen die Alsterbrüder ernst wird (13 Uhr, Sander Tannen).