Hamburg. Der Landesliga-Dritte spielt begeisternden Fußball, ist so erfolgreich wie nie. Doch etwas stört vor dem Derby gegen den SV Altengamme.

Amateurfußballer zu sein, ist im November kein Zuckerschlecken. Regen, kühle Temperaturen, matschige Sportanlagen, das alles kostet bei den Trainingseinheiten viel Überwindung. „Manchmal habe ich wirklich keine Lust darauf“, gibt Elvis Nikolic, Trainer des Fußball-Landesligisten VfL Lohbrügge, zu. „Aber wenn ich dann die Jungs in der Kabine sehe, wie die Bock darauf haben, Fußball zu spielen, ganz egal, was für ein Wetter ist, dann bin auch ich sofort wieder motiviert.“

Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl ist das Erfolgsgeheimnis der Lohbrügger. Seit der Aufstiegssaison 2019/20 hat der VfL nicht mehr eine so gute Halbserie in der Landesliga gespielt wie in dieser Spielzeit: 27 Punkte haben die Lohbrügger in den bisherigen 15 Partien gesammelt, dabei mit 44 Treffern so viele Tore geschossen wie Tabellenführer HT 16 und der Tabellenzweite SV Curslack-Neuengamme. Die Offensivpower der Elf vom Binnenfeldredder, sie sorgte für zahlreiche Kapriolen und entnervte die Konkurrenz.

VfL Lohbrügge: Ein Fußballmärchen mit kleinen Schönheitsfehlern

So überfuhren die Lohbrügger den SV Curslack-Neuengamme auf dessen eigener Anlage am Gramkowweg mit 5:0. Es war der höchste Saisonsieg und die beste Saisonleistung der Nikolic-Elf. Und es waren Dramen dabei wie die Partie beim ASV Hamburg, als der VfL schon mit 1:2 und 2:3 im Hintertreffen lag und die Begegnung in der Nachspielzeit zum 4:3-Sieg drehte.

Oder die verrückte Partie gegen den Düneberger SV, als es am Binnenfeldredder bis eine Minute vor Schluss 1:1 stand, bevor Niklas Pietruschka und Doppeltorschütze Immanuel Nkruhmah noch einen klaren, nie erwarteten 4:1-Erfolg herausschossen. So etwas schweißt zusammen.

Hat keine Angst vor dem Ball: Lohbrügges Kapitän Franklin Weber (r.) wirft sich in einen Schuss des Billstedters Mohamed Djebbi (l.).
Hat keine Angst vor dem Ball: Lohbrügges Kapitän Franklin Weber (r.) wirft sich in einen Schuss des Billstedters Mohamed Djebbi (l.). © BGZ/Hanno Bode | Bode

Das ist alles kein Zufall. Unglaubliche 13 Tore haben die Lohbrügger in ihren Spielen in der Schlussphase jenseits der 80. Minute erzielt. Wenn der Gegner nicht mehr kann, dann rennen die VfL-Youngster noch immer den Platz rauf und runter. Und jung sind die Lohbrügger Himmelsstürmer wirklich. „Über alle 15 Spiele hinweg hatten wir in unserer Startelf einen Altersschnitt von 21,08 Jahren“, hat Nikolic ausgerechnet. Da muss dann selbst ein Franklin Weber mit seinen 23 Jahren beim traditionellen Trainingsspiel „Jung gegen Alt“ bei „Alt“ mitspielen. So etwas würde ihm wohl bei keinem anderen Verein im Bergedorfer Raum passieren.

Der Erfolg des VfL Lohbrügge ist über viele Jahre hinweg gewachsen

Es ist ein Fußballmärchen, das sich da in Lohbrügge abspielt. Der Großteil der Mannschaft ist über Jahre miteinander befreundet, hat schon in der Jugend gemeinsam gekickt. Selbst Top-Talente wie Niklas Pietruschka oder Jannis Pangalos, vom großen Oberliga-Nachbarn TuS Dassendorf heiß umworben, entschieden sich im Sommer noch einmal für den VfL Lohbrügge. „Wir haben gar nicht so viel dafür tun müssen“, verrät Nikolic. „Die Jungs haben gesagt: ,Wir sehen hier die Entwicklung. Wir haben Bock auf Lohbrügge.‘“

Auch interessant:

Doch das Lohbrügger Fußballmärchen hat seine Schönheitsfehler. All die fußballerischen Dramen, sie finden häufig fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Denn das Publikumsinteresse am Binnenfeldredder war schon immer mau, ist immer noch mau. Ein Miteinander innerhalb der Fußballabteilung wie etwa beim FC Voran Ohe, wo regelmäßig Jugendteams zu den Spielen der 1. Herren strömen und dort für Stimmung sorgen, gibt es beim VfL Lohbrügge nicht.

Dem Binnenfeldredder fehlt es an Atmosphäre – und an Licht

Und auch die Zuschauer, die kommen, haben es nicht leicht. Es mangelt an Atmosphäre. „Leider interessieren sich unsere Vereinswirte nicht für Fußball. Das ist ein Problem“, kritisiert Nikolic. Hinzu kommen die Distanzen auf der Anlage. Jetzt im Winter wird ja auf dem weit vom Vereinszentrum entfernten Kunstrasen gespielt. Dazwischen liegt der Schulsportplatz, den der Bezirk kürzlich saniert hat. Leider wurde dabei vergessen, für eine angemessene Beleuchtung zu sorgen. Jeder nicht ganz so trittsichere Rentner, der sich bei einem Abendspiel im Winter auf den Weg zum Kunstrasen macht, hat also besser die Taschenlampen-Funktion seines Handys zum Leuchten parat.

„In den kommenden Jahren wollen wir es in die Oberliga schaffen“, betont Nikolic. „Sportlich sind wir da bereits auf einem guten Weg, aber was das Drumherum angeht, haben wir bei uns im Verein noch Nachholbedarf.“ So soll nun erst einmal weiter auf der Euphoriewelle geritten werden. Mit den Heimspielen am Sonnabend, 16. November, gegen den SV Altengamme und dann am 30. November gegen den SV Curslack-Neuengamme (beide Spiele: 14 Uhr, Binnenfeldredder) stehen zu Hause noch zwei absolute Kracher-Derbys an.

Parallel zur Partie Lohbrügge-Altengamme empfängt am Sonnabend der SC Vier- und Marschlande den SV Curslack-Neuengamme zum Derby (15 Uhr, Zollenspieker). Und wenn solche Partien auf dem Programm stehen, dann ist auch das Wetter egal.