Lohbrügge. Am Binnenfeldredder herrscht Frust, während Vorwärts-Wacker Billstedt den Aufstieg feiert. Erfolgsweg der Gäste dient VfL als Vorbild.
Sechs lange Jahre hatten die Anhänger des SC Vorwärts-Wacker Billstedt auf diesen Moment warten müssen. Als der Gewinn des Meistertitels in der Fußball-Landesliga nach dem 4:0-Erfolg beim VfL Lohbrügge dann feststand, schossen sie Raketen in den Himmel über der Sportanlage am Binnenfeldredder, zündeten Rauchtöpfe, Pyrotechnik und Böller und bejubelten lautstark ihr Team.
Noch während Erfolgscoach Ümit Taytanli seine Schützlinge im Mannschaftskreis mit warmen Worten bedachte („Ihr habt Geschichte geschrieben“), waren die Spieler der Gastgeber schon in der Kabine verschwunden. Dem Aufsteiger in die Fußball-Oberliga beim Feiern zuzuschauen, das war so gar nicht nach dem Geschmack der Kicker von Trainer Elvis Nikolic. Eigentlich hatten sie den Tabellenführer noch einmal kräftig ärgern wollen. Dann jedoch waren sie chancenlos.
VfL Lohbrügge muss dem großen Vorbild beim Jubeln zuschauen
Nikolic hatte Taytanli schon vor dem Abpfiff zu Titelgewinn und Aufstieg gratuliert. Beide schätzen sich sehr. Ihre Wege kreuzen sich bereits seit über einem Jahrzehnt. Wie der VfL-Coach hatte auch Billstedts Übungsleiter lange erfolgreich im Junioren-Bereich gearbeitet. Vor zwei Jahren wurde er dann von Vorwärts-Wackers Präsident Carsten Kober, einem früheren HSV-Profi, gebeten, die Liga-Mannschaft zu übernehmen.
Taytanli, der zuvor die A-Junioren in die Regionalliga geführt hatte, leitete daraufhin einen großen Umbruch ein. „Jugend forscht“ hieß in seiner ersten Saison das Motto am Öjendorfer Weg. „Ich finde es unheimlich cool, mit jüngeren Leuten zusammenzuarbeiten. Die bringen Tempo, Wille und vieles mehr mit. Und die Alten können sich nicht ausruhen. Das ist eine coole Kombination – da habe ich Bock drauf“, erklärte der Trainer.
Personal-Puzzle zwischen Jung und Alt passt perfekt zusammen
Nach Rang fünf in der Umbruch-Saison wurde der extrem junge Kader mit einigen Routiniers wie Verteidiger Steven Lindener und dem früheren Dassendorfer Ian Prescott Claus verstärkt. „Danach hat es dann seinen Lauf genommen. Die Älteren waren willig auszubilden und beizubringen, und die Jüngeren waren willig zu lernen“, erklärt Taytanli. Das Personal-Puzzle passte perfekt zusammen.
Für den VfL Lohbrügge ist das nun eine Art Blaupause. Auch am Binnenfeldredder wird seit dem vergangenen Sommer konsequent auf die Jugend gesetzt. Wie Taytanli musste auch Nikolic im ersten Jahr des Umbruchs feststellen, dass es nur mit Talenten für den ganz großen Wurf nicht reicht. Deswegen wird nun – wie bei Vorwärts-Wacker vor dieser Saison – nachjustiert. Mit Stürmer Pascal Bäker und Linksverteidiger Tim Santelmann kehren zwei langjährige Lohbrügger vom SV Curslack-Neuengamme zurück.
Eine Rasselbande mit viel fußballerischem Potenzial
Insbesondere in Bäker setzt Nikolic große Hoffnungen. „Wir machen einfach zu wenig Tore. Er wird ein Gamechanger für uns sein“, ist sich der Coach sicher. Dass seine Rasselbande über sehr viel fußballerisches Potenzial verfügt, war bereits bei vielen Auftritten in dieser Saison zu sehen. Nach der Winterpause konnte das Team aber nicht mehr an seine ebenso begeisternden wie wilden Vorstellungen anknüpfen.
„Da ist ein bisschen Larifari eingezogen, wurde unterbewusst vielleicht der eine oder andere Schritt weniger gemacht“, schaut Routinier Andreas Metzler zurück. An der Einstellung, so versichert der mit 34 Jahren mit Abstand älteste VfL-Akteur, liege es jedoch nicht: „Das sind alles bodenständige Jungs. Es macht sehr viel Spaß mit ihnen.“
In der Chancenverwertung zeigt sich der Unterschied zwischen Lohbrügge und Billstedt
Aktuell macht Lohbrügge denselben Reifeprozess durch wie Billstedt zum selben Zeitpunkt des Vorjahres. Das wurde im Duell mit dem neuen Meister noch einmal überaus deutlich, der von einem Polizeieinsatz bei einem nahegelegenen Jugendspiel überschattet wurde. Während die Gäste abgeklärt ihren Stiefel herunterspielten und durch Treffer von William Moje (32.), Claus (48., 78.) und Lindener (85.) einen ungefährdeten, aber etwas zu hohen 4:0-Erfolg herausschossen, kam der VfL nicht über gute Ansätze heraus. Er verteidigte nicht konsequent genug und war im Angriff zu harmlos.
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Auswirkungen auf die Tabelle hatte die Pleite für Lohbrügge aber nicht mehr. Der Klassenerhalt stand bereits vorher fest. „Und das ist das Wichtigste“, unterstrich Präsident Jens Wechsel. Er machte gleichzeitig keinen Hehl daraus, dem Nachbarn aus Billstedt nacheifern zu wollen: „Wir hoffen, dass uns deren Weg auch glückt.“
SV Curslack-Neuengamme feiert Kantersieg gegen den Oststeinbeker SV
Mit einem 8:2-Sieg gegen den bereits abgestiegenen Oststeinbeker SV hat der SV Curslack-Neuengamme seinen sechsten Tabellenplatz gefestigt. Es war der Tag der Innenverteidiger: Hendrik Bombek (51., 62.) und Marvin Schalitz (53., 60.) trugen sich jeweils doppelt in die Torschützenliste ein, ebenso wie Stjepan Brkic (17., 28.) und Moritz Kühn (22., 80.). Für Oststeinbek trafen Christian Ayim zum 1:3-Pausenstand (43.) und Marvin Krohn zum zwischenzeitlichen 2:7 (64.).