Hamburg. Ein Prozent Zinsen bei 30 Jahren Laufzeit. Unter diesen Konditionen lassen sich noch Bauvorhaben realisieren – so wie am Brookdeich.

Die Folgen der dramatischen Lage im Bausektor werden bald in Bergedorf-Süd zu besichtigen sein: Das seit zehn Jahren geplante Großprojekt „Wohnen am Brookdeich“ startet seine Realisierung mit dem Bau eines gut 100 Meter langen, bis zu sechs Stockwerke hohen Gebäuderiegels, der ausschließlich Sozialwohnungen beherbergen wird. Insgesamt sind es 240 Wohnungen in Größen von einem bis fünf Zimmern, für die die Hamburger PGH Gruppe als Bauherr und Projektentwickler laut Bezirksamt noch in diesem Jahr den Bauantrag einreichen will. Die Bagger würden dann Ende 2025, spätestens Anfang 2026 anrücken.

Hintergrund der Fixierung dieser ersten beiden der insgesamt fünf Baufelder des Großprojekts am Brookdeich auf Sozialwohnungen: Die staatliche KfW-Bank gewährt für ihren Bau eine Finanzierung mit einem Zinssatz von nur einem Prozent bei einer Laufzeit von 30 Jahren. „Das ist unschlagbar und gegenwärtig wohl die einige Chance, derartige Projekte überhaupt noch angehen zu können“, sagte Oliver Panz, Chef der Stadtentwicklung im Bezirksamt, am Mittwoch im gleichnamigen Ausschuss der Bezirksversammlung.

Bergedorf-Süd: 240 Sozialwohnungen im neuen Quartier am Brookdeich geplant

Bergedorfs Politik gab einstimmig grünes Licht für die weiteren Schritte des Genehmigungsverfahrens. Trotz der Ballung von Sozialwohnungen gab es keine Bedenken, dass am Rand des historischen Gründerzeitviertels Bergedorf-Süd ein sozialer Brennpunkt entstehen könnte. Denn Hamburgs Senat hat die Hürden für den Bezug von gefördertem Wohnraum mittlerweile so reduziert, dass auch Familien mit einem Haushaltseinkommen von über 80.000 Euro brutto im Jahr einziehen dürfen. Tatsächlich wird sogar damit gerechnet, dass es auf den drei anderen drei Baufeldern des neuen Quartiers weitere Sozialwohnungen geben wird – wohl gut ein Drittel der dort geplanten bis zu 400 Wohnungen, also mindestens weitere 100.

Brookdeich
Blick vom historischen Bahnhof Bergedorf-Süd über die künftige Fläche des Großprojekts „Wohnen am Brookdeich“. Im Hintergrund: Die Rückseite des Gründerzeitviertels Bergdorf-Süd und ganz hinten die Kirche St. Michael auf dem Gojenberg. © bgz | Ulf-Peter Busse

Das Neubau-Areal zwischen dem Brookdeich und der Eisenbahnstrecke Bergedorf-Geesthacht samt ihres zu erhaltenden historischen Bahnhofs Bergedorf-Süd wird als Gebiet „urbanen Wohnens“ ausgewiesen. Damit müssen die Investoren auch Gewerbeflächen schaffen. Konkret festgeschrieben im städtebaulichen Vertrag sind bereits eine Kita mit 110 Plätzen, neue Flächen für den heutigen Aldi-Markt und weitere Flächen für Dienstleister im Quartier. Für den Straßenverkehr erschlossen wird es vom Brookdeich aus über eine öffentliche Ringstraße, in deren Verlauf eine Tiefgarage mit 320 Plätzen entsteht, von denen 45 öffentlich für zeitbegrenztes Parken reserviert sein sollen.

„Wohnen am Brookdeich“ als wichtiger Teil der Entwicklung Bergedorfs

Insgesamt soll sich das Neubauprojekt in das Plangebiet Bergedorf Südost einfügen, also die übergeordnete Entwicklung Bergedorfs von der Innenstadt bis zur A25. Deshalb gilt es, das Areal „Wohnen am Brookdeich“ sinnvoll unter anderem mit dem künftigen Radschnellweg zu verknüpfen, der an seinem Südrand parallel zur Eisenbahntrasse nach Geesthacht führen soll. Aber auch Körbers „Fabrik der Zukunft“ nahe der A25, die Schleusengraben-Region, die Entwicklung des riesigen VHH-Betriebshofs und die Zukunft der Eisenbahnstrecke werden mitgedacht.

Deutlich näher sind dem jetzt geplanten Gebäuderiegel allerdings seine beiden direkten Nachbarn, die sehr verschieden sind: Einerseits das gut 120 Jahre alte Gründerzeitviertel Bergedorf-Süd, andererseits der Schrotthandel Oesterreich, dessen Gewerbeflächen direkt im Osten angrenzt – und zwar auf ganzer Länge vom Brookdeich bis zum Eisenbahngleis. Damit der Neubau und seine Bewohner mit beiden gut auskommen, soll die Architektur des langen Riegels einerseits die Struktur von Bergedorf-Süd aufgreifen. Für das Auge muss er wie 15 aneinandergereihte Häuser wirken, die von vier Geschossen am Brookdeich bis zu sechs Geschossen an der Eisenbahn aufwachsen.

Bergedorf-Süd: Neues Wohnquartier am Brookdeich erfordert Lärmschutz

Andererseits ist umfangreicher Lärmschutz zum Schrotthandel verpflichtend, der auf seinem Gelände auch Metallpressen betreibt. Hier schreiben die Stadtentwickler dem Investor diverse Maßnahmen vor. Dazu gehören Doppelfenster, verglaste Erker und Loggien sowie verglaste Balkone. Zudem ist der langgezogene Gebäuderiegel selbst wichtiger Lärmschutz für den Rest des Neubaugebiets: „Aufgrund seiner geschlossenen Bauweise können die im Inneren liegenden Bereiche wie der Quartiersplatz mit Spielplatz und Grünanlagen effektiv vom Gewerbe- und auch vom Bahnlärm abgeschirmt werden“, schreiben die Investoren der PGH Gruppe in den Erläuterungen zu ihren Entwürfen.

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Wie viele Wohnungen in welcher Größe in diesem ersten Komplex des Großprojekts „Wohnen am Brookdeich“ entstehen, haben die Architekten der PGH Gruppe schon genau festgelegt. Demnach wird mit 47 Ein-, 51 Zwei- und 74 Dreipersonen-Haushalten geplant. Hinzu kommen 52 Wohnungen für vier Personen und 16 für fünf Bewohner. Beginnen die Bauarbeiten wie geplant spätestens im Frühjahr 2026, könnten die ersten Bewohner des Viertels zu Weihnachten 2027 einziehen – dann als Mieter der PGH Gruppe, die den Neubau voraussichtlich in ihrem Bestand halten wird.