Lohbrügge. Geförderter Wohnraum auch für Menschen mit überdurchschnittlichen Einkommen: Das sind die Bedingungen, das steckt dahinter.

Hohe Zinsen und explodierende Baukosten lassen Wohnungsunternehmen händeringend nach kreativen Lösungen suchen, wollen sie ihre bereits projektierten Vorhaben nicht langfristig auf Eis legen. In Hamburg erlebt dabei der Sozialwohnungsbau einen überraschenden Aufschwung: „Die in diesem Jahr vom Senat aufgestockte Förderung ist der einzige Weg, dass wir überhaupt noch bauen können“, sagt Dirk Hinzpeter, Vorstand der Hansa Baugenossenschaft, zur lahmenden Baukonjunktur.

Im Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung stellte er jetzt die deutlich überarbeiteten Pläne für ein bereits seit drei Jahren entwickeltes Neubaubauprojekt im Altbestand seiner Genossenschaft am Beensoaredder in Lohbrügge-Nord vor. Aus Kostengründen wurden dort bereits mehrere Umplanungen vorgenommen, darunter eine vereinfachte Architektur, der Verzicht auf einen Teil der Kellerräume und der Bau von nun 78 statt zuvor geplanter 64 Wohnungen.

Wohnungsbau: Mehr Sozialwohnungen auch im neuen Zentrum von Bergedorf-West

Der Kern aber ist das Umschwenken von den bisher geplanten 60 Prozent Sozialwohnungen auf nun 100 Prozent öffentlich gefördertem Wohnungsbau. „Ich muss es ganz deutlich sagen: Das ist unser Versuch, überhaupt noch bauen zu können und unserer Verpflichtung als Genossenschaft nachzukommen, der Wohnungsnot in Hamburg zu begegnen“, sagte Hinzpeter den erstaunten Politikern. „Ob sich das aber letztlich wirklich rechnet, ist noch keinesfalls sicher.“

Die Hansa Baugenossenschaft befindet sich mit ihrer Taktik in guter Gesellschaft: Werden heute noch Neubauprojekte gestartet, die vor dem Ukrainekrieg und seinen dramatischen Auswirkungen auf die Baukonjunktur geplant wurden, dann wird der Anteil des sozialen Wohnungsbaus deutlich nach oben geschraubt. Jüngstes Beispiel ist das neue Zentrum von Bergedorf-West, wo statt der üblichen 30 Prozent jetzt jede zweite der knapp 300 Wohnungen auf dem ersten oder zweiten Förderweg staatlich unterstützt werden.

Hamburg schraubt Einkommensgrenze für Berechtigte hoch – und die Neubauförderung

Hinter dem zumindest angekündigten Aufschwung in diesem Segment steckt die neue Verordnung zum Hamburgischen Wohnraumförderungsgesetz, die der Senat zum 15. April dieses Jahres in Kraft gesetzt hatte. Sie schraubt die Einkommensgrenzen für die Berechtigung zum Einzug in eine Sozialwohnung etwa für eine vierköpfige Familie um rund 10.000 Euro nach oben, auf jetzt maximal 81.600 Euro Brutto-Jahreseinkommen.

Eingeschossige Backstein-Bungalows im Reihenhaus-Stil: So sieht der überplante Teil der Wohnanlage der Hansa Baugenossenschaft am Beensroaredder in Lohbrügge-Nord heute aus.
Eingeschossige Backstein-Bungalows im Reihenhaus-Stil: So sieht der überplante Teil der Wohnanlage der Hansa Baugenossenschaft am Beensroaredder in Lohbrügge-Nord heute aus. © BGZ | strickstrock

Um die damit verbundenen Kaltmieten in Höhe von rund 7 bis gut 9 Euro pro Quadratmeter zu sichern, wurde im Vorfeld bereits die Neubauförderung deutlich erhöht. „Zudem wurden die Förderdarlehen zugunsten einer Gesamtfinanzierung der Bauvorhaben ausgeweitet – mit festem niedrigen Förderzins über die gesamte Bindungszeit“, heißt es dazu von der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. Für dieses Jahr liegen im städtischen Haushalt demnach 175 Millionen Euro für die Wohnraumförderung bereit – in 2024 sind es dann sogar 183 Millionen Euro.

Am Beensoaredder sollen 25 Bungalows dem Geschosswohnungsbau weichen

Am Beensroaredder in Lohbrügge-Nord versucht die Hansa Baugenossenschaft so ihr ambitioniertes Projekt zu retten. Seit 2021 wird dort daran gearbeitet, die 25 eingeschossigen Reihen-Bungalows deutlich aufzustocken. Insgesamt sollen hier 78 Wohnungen entstehen, verteilt auf vier Baukörper, um die typische Struktur des Quartiers mit seinem vielen Grün zu erhalten. Die Gebäudehöhen werden bei drei bis maximal vier Stockwerken liegen.

Mit dem Projekt würde die Hansa Baugenossenschaft ihren Bestand von derzeit 377 Wohnungen am Beensroaredder auf 455 Wohnungen ausbauen. Die durchschnittliche Miete im Bestand beträgt nach eigenen Angaben heute 6,71 bis 7,02 Euro netto-kalt pro Quadratmeter. Die Neubauwohnungen wären für 7 Euro im ersten Förderweg zu haben (Einkommensgrenzen 28.500 Euro für Single und 65.500 Euro für Vier-Personen-Familie) zu bekommen.

Wer mehr verdient und nur für Wohnungen auf dem zweiten Förderweg bezugsberechtigt ist, zahlt 9,10 Euro (Einkommensgrenzen 35.300 Euro für Single und 81.600 Euro für Familie mit vier Personen).