Hamburg. Bezirksversammlung bringt Entwicklungskonzept für Hauni-Fläche auf den Weg. Bürger sollen an den Planungen beteiligt werden.

Die Bezirksversammlung in Bergedorf hat das wohl wichtigste Projekt für die Zukunft des Bezirks angeschoben: CDU, SPD, Grüne, AfD, Linke und FDP votierten dafür, die „großen Chancen für einen neuen Stadtbaustein“ auf dem heutigen Körber-Gelände und seinem Umfeld an der Kurt-A.-Körber-Chaussee zu nutzen, wie es im schwarz-roten Antrag heißt. Das Bezirksamt muss nun ein Konzept dafür entwickeln, was nach dem für 2027 geplanten Umzug der Hauni in Körbers gut 200 Millionen Euro teure „Fabrik der Zukunft“ an der A25 passieren soll.

Die Politik fordert dabei höchste Sorgfalt in der Abstimmung mit allen beteiligten Behörden sowie vor allem auch den Bürgern ein, macht aber gleichzeitig Druck: Spätestens im März 2025 soll das Bezirksamt dem Stadtentwicklungsausschuss einen Zeitplan samt konkretem Verfahrenskonzept vorstellen. „Lasst uns die Erfolgsstory weiterschreiben, die vor einem Jahr mit der Entscheidung des Körber-Konzerns begonnen hat, Bergedorf nicht zu verlassen, sondern hier eine ganz neue Fabrik zu bauen“, stellte CDU-Fraktionschef Julian Emrich die Bedeutung des Hauni-Areals für Bergedorfs Zukunft heraus.

Hamburg soll Hauni-Areal kaufen und Bürger bei der Planung mitentscheiden

Wie die konkret aussieht, darüber sind sich die verschiedene politischen Lager indes noch nicht einig. Während AfD-Fraktionschef Reinhard Krohn offenbar die Umwidmung der Hauni, die inzwischen Körber Technologies heißt, in ein reines Wohngebiet bevorzugt und sich bei einer Mischung mit Gewerbe „um die Ruhe der Bewohner“ sorgt, setzen die Linken darauf, dass die Stadt Hamburg die Flächen vom Körber-Konzern „schnellstmöglich kauft“, wie Fraktionsvorsitzende Christin Feiler sagt: „Wir brauchen in Bergedorf dringend Wohnraum, der bezahlbar ist und gefördert wird. Das gilt ausdrücklich auch für das heutige Hauni-Areal.“

Bezirksversammlung
CDU-Fraktionschef Julian Emrich am Rednerpult während der Bezirksversammlung im großen Sitzungssaal des Bergedorfer Rathauses. © bgz | Fabienne Schreier

Die SPD geht wie alle übrigen Fraktionen von einer Mischung aus Wohnen und Gewerbe aus – und einer breiten Bürgerbeteiligung: „Wir wollen die Planung nicht nur den Experten und Planungsbüros überlassen, sondern mit den Menschen im Bezirk über die Nutzung der Körberfläche ins Gespräch kommen“, sagt Fraktionschefin Katja Kramer. Zudem sieht sie auch über die Hauni hinaus beiderseits der Kurt-A.-Körber-Chaussee neue Potenziale für großflächigen Einzelhandel: „Die alte Priorität, unsere City vor Konkurrenz in ihrem direkten Umfeld zu schützen, muss neu gedacht werden.“

Bille-Wanderweg neben der Hauni ins Hamburger Radschnellwege-Netz aufnehmen

Generell soll das Bezirksamt jetzt auch genau schauen, welche denkmalgeschützten Gebäude auf dem heutigen Firmengelände eigentlich vorhanden sind, wie sie künftig genutzt werden und wo Abrissbagger Platz für Neubauten schaffen könnten. Denen will Nils Potthast von den Grünen allerdings nicht zu viele Einsätze zugestehen: „Die Gebäude, die Körber hinterlassen wird, sind durchweg in einem guten Zustand“, sagt der Bezirksabgeordnete, der den Bille-Wanderweg nördlich des Firmengeländes von Körber entlang des Flüsschens Mittlere Bille „zu einem attraktiven Radweg zwischen Bergedorf-West, Neuallermöhe und Oberbillwerder ins Bergedorfer Zentrum als Teil des Hamburger Radschnellwege-Netzes“ ausbauen will.

Beim Blick auf das heutige Werksgelände sieht Potthast die Stadt als Käufer: „Wir dürfen den Markt nicht einfach sich selbst überlassen und auf schnelle Gewinne setzen“, sagt der Grüne und erinnert an den Stillstand auf dem Altonaer Holsten-Areal. „Ein Blick dorthin zeigt deutlich, wie sich Investoren schnell verkalkulieren können, wenn öffentliche Interessen dem reinen Profitstreben untergeordnet werden. Diesen Fehler dürfen wir in Bergedorf nicht wiederholen.“

Platz für Lohbrügger HAW und neue Feuerwache auf den Körber-Flächen

Ohnehin sei es wichtig, neben Wohntraum „hier einen Standort für moderne, innovative Unternehmen zu schaffen, die nachhaltiges Arbeiten im urbanen Raum ermöglichen“, sagt Nils Potthast. Neben Körber selbst sollten dabei alle Flächen von der B5 bis zum Oberen Landweg einbezogen werden. Also ausdrücklich auch die Jet-Tankstelle an der Bergedorfer Straße einschließlich der benachbarten Brache, auf der seit Jahren die Post in Containern haust.

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Bei der CDU gehen die Überlegungen sogar noch weiter. Sie setzt sich zwar auch für „eine Mischung aus Gewerbe mit etwas Wohnen“ ein, wie es Julian Emrich formuliert, der an Unternehmensgründer, Handwerker und Einzelhandel denkt. Allerdings sieht er auf dem Hauni-Areal „auch Platz für den Lohbrügger Standort der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, kurz HAW, wenn der Umzug nach Oberbillwerder noch scheitern sollte“. Und für eine erweitere Wache der Berufsfeuerwehr: „Die Zahl der Bergedorfer wächst rasant. Und ihr Gebäude neben dem Neubau der Polizei platzt irgendwann endgültig aus den Fugen.“

Eindringlich ruft der Chef der mit 13 Abgeordneten größten Fraktion in der Bezirksversammlung aber dazu auf, die heute weitgehende Einigkeit in der Entwicklungsperspektive für das Körber-Areal „in den langen drei Jahren bis zur Verabschiedung des neuen Flächennutzungs- und Bebauungsplans“ nicht einem parteipolitischen Kleinklein zu opfern: „Diese Fläche ist für Bergedorfs Zukunft immens wichtig. Sie braucht ein breites politisches Bündnis.“