Hamburg. Spektakulärer Vorschlag von Fraktionschef Sven Hielscher. Was die Sozialbehörde und die Eigentümerin des Grundstücks dazu sagen.
Dieser Vorschlag der CDU ist spektakulär: Es geht um die wohl größte Brachfläche der Stadt im Herzen von Hamburg-Altona. Die Rede ist vom Holsten-Areal, das rund 86.000 Quadratmeter groß ist. Dort ist viel Platz, es stehen nur noch vereinzelt Gebäudeteile der ehemaligen Brauerei.
Die Adler Group, deren Tochter Consus Real Estate AG gehört das Filetgrundstück, wollte hier eigentlich unter anderem 1300 Wohnungen bauen. Aber seit Jahren herrscht Stillstand. Das veranlasst Sven Hielscher, CDU-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Altona, für eine Zwischennutzung zu plädieren: „Bevor im Herbst oder Winter wieder die Diskussion über die Inanspruchnahme der teuren Messehallen oder gar der Inanspruchnahme von Schulturnhallen aufkommt, schlagen wir eine temporäre Teilnutzung des Holsten-Geländes als Flüchtlingsunterkunft mit maximal 200 Plätzen in Wohncontainern vor.“
Holsten-Areal in Hamburg: CDU Altona schlägt Fläche als Flüchtlingsunterkunft vor
Die CDU-Bezirksabgeordnete Emelie Böversen, die auch im Sozialausschuss sitzt, ergänzt: „Wenn hier Geflüchtete temporär untergebracht würden, hätte das Gelände zumindest einen Nutzen für diese Stadt. In den Bezirken sind wir dringend auf solche Flächen angewiesen.“ Fraktionschef Hielscher nennt noch ein Argument: „Die Fläche hat eine gute Anbindung an Bus und Bahn, außerdem gibt es in der Nähe vielfältige Einkaufsmöglichkeiten.“
Und Hielscher hat einen Plan, wie das mit der temporären Nutzung des Holsten-Areals für Flüchtlinge funktionieren soll: „Die Brachfläche könnte nach Paragraf § 14a SOG (Sicherheits- und Ordnungsgesetz) durch die Stadt in Anspruch genommen werden. Die Adler Group würde dann für die Nutzung eine Entschädigung erhalten.“
Diese Möglichkeit bestätigt auch Mike Schlink, Sprecher des Bezirksamtes Altona: „Der neu eingeführte Paragraf 14a des SOG ermöglicht es der Stadt, Objekte und Grundstücke für die Unterbringung von Geflüchteten auch aus Privateigentum zu verwenden.“ Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) habe bereits vor mehreren Wochen einige infrage kommende Grundstücke prüfen lassen und der Koordinierungsstelle gemeldet. Allerdings ließ Schlink offen, ob auch das Holsten-Areal dazu gehört.
Holsten-Areal: Flächen für Flüchtlinge werden dringend benötigt
Der Bedarf nach entsprechenden Flächen in der Stadt ist auf jeden Fall groß. Auf Abendblatt-Anfrage sagt Wolfgang Arnhold, Sprecher der zuständigen Sozialbehörde: „Wir befinden uns weiterhin in einer sehr schwierigen Zugangssituation, die Hamburg bei einem voll ausgelasteten Unterbringungssystem mit einer Auslastung von 98 Prozent vor enorme Herausforderungen stellt.“
Dem Abendblatt nannte Arnhold auch die aktuellen Zahlen: „Im Juni sind rund 1279 Asyl- und Schutzsuchende und Geflüchtete aus der Ukraine nach Hamburg gekommen. Davon sind rund 960 in Hamburg geblieben, davon 756 mit einem Unterbringungsbedarf. Aktuell befinden sich in Hamburg über 47.000 Menschen in öffentlich-rechtlicher Unterbringung.“
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Zum Prozedere sagt Sprecher Arnhold weiter: „Die zuständigen Behörden und Fördern & Wohnen (F&W) prüfen fortlaufend mit Hochdruck alle Möglichkeiten, Unterkünfte und Unterkunftsplätze neu zu errichten beziehungsweise zu erhalten. Immobilien werden sowohl von städtischer Seite, zum Beispiel über die Bezirksämter oder den Landesbetrieb Immobilien und Grundvermögen, als auch von privaten Eigentümerinnen und Eigentümern angeboten, dann schnellstmöglich geprüft und Realisierungsoptionen ausgelotet.“
Sozialbehörde hat Holsten-Areal als mögliche Fläche zur Unterbringung von Flüchtlingen im Blick
Der Kapazitätsaufbau schließe hierbei sowohl die Schaffung kurzfristiger Not- und Interimskapazitäten als auch die Neuentwicklung von Standorten im Regelsystem ein. Hierfür müssten grundsätzlich alle geeigneten Flächen in Anspruch genommen werden, sagt Arnhold und bestätigt dem Abendblatt: „In diesem Rahmen wird auch das Holsten-Areal durch die zuständigen Behörden betrachtet.“
Unterdessen wiegelt die Adler Group den Vorschlag der CDU ab. Eine Sprecherin sagt auf Abendblatt-Anfrage: „Derzeit können auf dem Gelände keine Container aufgestellt werden, da das Abbruchmaterial auf kleinere Haufen umgelagert, klassifiziert und für einen möglichen Abtransport vorbereitet wird.“
Holsten-Areal: Die Adler Group möchte das Filetgrundstück verkaufen
Beim Fototermin mit den CDU-Politikern wird jedoch deutlich, dass hier viel freie betonierte Fläche für die Aufstellung von Wohncontainern vorhanden wäre.
Die Adler Group hat kein Interesse mehr daran, auf dem Holsten-Areal – das mehrfach den Eigentümer gewechselt hat – die Wohnungen sowie Flächen für Büros, Gewerbe, Kitas und ein Hotel zu bauen. Man möchte das Grundstück loswerden: „Wir beabsichtigen weiterhin, das Objekt zu veräußern“, so die Sprecherin.