Hamburg. Betriebsratschef Uwe Zebrowski fordert Mut zu neuen Ideen. Statt nur Wohnungsbau zu forcieren, sollte Bergedorf andere Wege gehen.

Das Körber-Areal als Motor der „Zukunftsstadt Bergedorf“: Der Betriebsrat der Körber Technologies, besser bekannt unter dem früheren Namen Hauni, sieht dessen absehbaren Umzug innerhalb Bergedorfs als Chance, dem gesamten Bezirk eine ganz neue Dynamik zu verleihen. „Der jetzt anlaufende Neubau unserer ,Fabrik der Zukunft‘ an der A25 kann im Zusammenspiel mit einer intelligenten Überplanung unseres heutigen Firmengeländes an der Kurt-A.-Körber-Chaussee zum Glücksfall für Bergedorfs Entwicklung werden“, sagt Uwe Zebrowski und wünscht sich von Bergedorfs Politik jetzt mutige Entscheidungen mit Weitblick.

Der Betriebsratschef des Maschinenbau-Unternehmens sowie des gesamten Körber-Konzerns lobt den Vorstoß von CDU und SPD, in der Bezirksversammlung am Donnerstag, 26. September, die planerische Zukunft des Körber-Areals für die Zeit nach dem für 2027 geplanten Umzug in die „Fabrik der Zukunft“ in die Hand zu nehmen. Und er sieht das als Initialzündung, um die Entwicklung Bergedorfs als eigenständige Stadt in der Metropole Hamburg zu entwickeln: „Statt wie in den vergangenen zehn Jahren bloß den Wohnungsbau zu forcieren, können wir jetzt über die Ansiedlung neuer Arbeitsplätze sprechen. Mit der neuen Hauni und dem sie umgebenden Innovationspark an der A25 als Motor. Und mit ihrer alten Fläche als zusätzlichem Entwicklungspotenzial.“

Bergedorf: Der Blick geht von Körber über die Hochschule HAW bis nach Oberbillwerder

Uwe Zebrowski spannt den Bogen dabei bewusst sehr weit. Er blickt auch auf den heutigen Standort der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Lohbrügge und nach Oberbillwerder. Beides müsse in das Konzept einer „Zukunftsstadt Bergedorf“ eingebunden werden, weil auch dort wichtige Entwicklungspotenziale liegen: „Die Wahrheit ist doch, dass Oberbillwerder heute vor allem deshalb gebaut werden soll, weil mit ihm 6500 neue Wohnungen entstehen. Wieso sich die dort einmal lebenden 15.000 Menschen aber nach Bergedorf orientieren sollen, kann heute doch niemand beantworten.“ Gleiches gelte für die 5000 Studenten der HAW, nachdem die voraussichtlich Anfang der 2030er-Jahre von Lohbrügge dorthin gezogen sein wird.

„Das gelingt nur durch die Ansiedlung von Arbeit in Bergedorf“, ist sich Uwe Zebrowski sicher. „Erst dann geht der Blick von Oberbillwerder nach Osten und nicht Richtung Westen in die Hamburger City.“ Das gelte auch für die Studenten, wenn ihre Hochschule weiter ihre vielen Labore auf dem Campus in Lohbrügge nutze und Körbers „Fabrik der Zukunft“ sowie ihre Nachbarn im neuen Innovationspark an der A25 enge Kooperationen mit der Hochschule eingehen.

Lohbrügges HAW nach dem Umzug der Hochschule zur gewerkschaftlichen Bildungsstätte machen

Auch für den Rest der Lohbrügger HAW hat er eine Idee: „Ihre Hörsäle und Seminarräume wären perfekt für eine überregionale Bildungsstätte, gern auch eine der Gewerkschaften. Das wäre durchaus auch in der Tradition unseres Konzern-Gründers“, erinnert Zebrowski an Kurt Körbers Unternehmensphilosophie, mit mündigen, stetig auf höchstem Stand fortgebildeten Mitarbeitern ein gutes Betriebsklima und nicht zuletzt die besten Betriebsergebnisse zu erzielen. „Und nicht zuletzt hat er die HAW als damalige Ingenieursschule 1972 ja auch mitgegründet.“

An der Kurt-A.-Körber-Chaussee wünscht sich der Betriebsratschef neben einigen Hundert Wohnungen, gern auch in der historischen Bausubstanz, vor allem viel Platz für kleine, innovative Unternehmen. „Dazu gehören natürlich Bergedorfer Handwerksbetriebe, die durch den Mangel an Gewerbeflächen im Bezirk schon seit Jahren und oft vergeblich um Expansionsmöglichkeiten kämpfen. Aber unbedingt muss es hier auch Platz für kreative Ingenieure geben, die mit innovativen Start-ups Bergedorf voranbringen.“ Sie könnten aus der HAW oder auch von den Unternehmen des Innovationsparks einschließlich der neuen Hauni stammen.

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Was genau die „Fabrik der Zukunft“ dort wirklich produzieren wird, lässt Uwe Zebrowski offen – obwohl der 60-jährige Lohbrügger auch im Aufsichtsrat von Körber Technologies sitzt, wie die Hauni seit gut einem Jahr offiziell heißt. Nur so viel verrät er mit Blick auf das wohl deutlich über 200 Millionen teure Werk des Weltmarktführers mit zunächst 2200 Mitarbeitern im Bereich der Zigarettenmaschinen: „Es wird Spitzentechnologie sein, die über die Tabak-Sparte hinausgeht.“ Bei allen Details, einschließlich der Gerüchte um Ingenieurskunst zur Herstellung innovativer Akkus für die Mobilität der Zukunft, bleibt er stumm. Darüber zu sprechen, sei Sache des Körber-Vorstands.

Trotzdem ist Uwe Zebrowski sich sicher: „Wir haben genau jetzt die einmalige Chance, die Entwicklung Bergedorfs selbst in die Hand zu nehmen. Wenn es gelingt, Politik, Verwaltung und Wirtschaft an einen Tisch zu bringen und nicht von Hamburg aus als einen Randbezirk zu denken, sondern als Stadt in der Metropole.“ Der Körber-Konzern habe ein Zeichen gesetzt mit der Entscheidung, die mit Abstand größte Investition der Unternehmensgeschichte hier in seine wichtigste Fabrik zu stecken und gerade nicht dem Trend zu folgen und ins Ausland zu gehen. „Das ist die Basis für die ‚Zukunftsstadt Bergedorf‘ – wenn wir jetzt alle mitziehen.“