Hamburg. Trotz Klimawandel und aufheizender Städte: Stadtplaner des Bezirks genehmigen breite Fußwege ganz ohne Bäume vor Neubauten an der B5.
Fünf- bis neunstöckige Neubauten, dazu breite Rad- und noch breitere Fußwege: An der Bergedorfer Straße/B5 lässt sich in diesen Tagen mitten in Bergedorf das Versagen der modernen Stadtplanung besichtigen. Denn was nach dem Wegräumen der Bauzäune hier, wie auch an vielen anderen Hamburger Hauptstraßen zum Vorschein kommt, ist eine graue Tristesse, die auf jegliches Grün verzichtet.
Wie das zum erklärten Kampf gegen den Klimawandel passt, besonders im Blick auf die sich immer mehr aufheizenden Innenstädte, bleibt das Geheimnis der Verantwortlichen für diese erst vor wenigen Jahren genehmigten Projekte. „Es ist leider wahr“, gesteht Katja Kramer, Fraktionschefin der SPD in der Bezirksversammlung, „das Thema Versiegelung öffentlicher Flächen ist erst jetzt so richtig in den Fokus von Politik und Verwaltung gekommen. Was wir an der B5 und auch verschiedenen anderen Stellen unseres Bezirks sehen, einschließlich der Fußgängerzone Sachsentor, ist ein Versäumnis, aus dem wir für künftige Projekte unsere Lehren ziehen müssen.“
Bergedorfer Politik verwundert: Wo bleiben Bäume vor dem Bergedorfer Tor und dem Glunz-Neubau?
So sieht es auch Mathias Zaum, umweltpolitischer Sprecher der CDU, die nach den Bezirkswahlen im Juni nun die größte Fraktion in Bergedorfs Stadtparlament stellt. Er könne nicht nachvollziehen, warum vor dem Glunz-Neubau und dem Bergedorfer Tor kein einziger Baum gepflanzt werde. „Ich will mal hoffen, dass das von unserem Grünamt seinerzeit geprüft, aber vielleicht verworfen wurde, weil unter den Fuß- und Radwegen jeweils Versorgungsleitungen liegen, die durch das Wurzelwerk neuer Bäume Schaden nehmen könnten.“
Klarheit dazu soll eine Anfrage an die Verwaltung bringen, die die CDU gleich für die erste Bezirksversammlung nach den Sommerferien vorbereitet. Das höchste Gremium der Bergedorfer Politik tagt am Donnerstag, 29. August. Die öffentliche Sitzung im großen Saal des Bergedorfer Rathauses an der Wentorfer Straße 38 beginnt um 18 Uhr. Thema soll dort auch das Projekt Stadtwald sein, mit dem die mittlerweile abgewählte Koalition aus SPD, Grünen und FDP die großflächige Versiegelung des Bergedorfer Bahnhofsvorplatz aufbrechen wollte. Doch seit ihrem Beschluss vom April befindet sich das Projekt in der Prüfung.
Versorgungsleitungen im Untergrund verhindert geplanten Stadtwald auf dem Bahnhofsvorplatz
„Selbst das Anpflanzen einiger weniger Bäume scheitert, weil unter dem Bahnhofsvorplatz Versorgungsleitungen liegen“, bestätigt Katja Kramer. Jetzt werde geprüft, ob zumindest am Rand der riesigen Fläche zwischen Einkaufszentrum CCB und Bahnhof Bäume stehen könnten. „Vielleicht geht das mit Flachwurzlern oder zumindest hochwachsenden, hitzeresistenten Gräser.“
Christdemokrat Mathias Zaum vermutet noch einen anderen Grund für die monatelange Prüfungsphase des Antrags für einen Stadtwald, der vor gut vier Monaten auch mit den Stimmen der CDU beschlossen worden war: „Wahrscheinlich hat der Architekt, der den Platz vor gut 15 Jahren geplant hat, sich ein Urheberrecht auf seinen Entwurf eintragen lassen. Dann sind uns allen die Hände gebunden.“ Vielleicht sollten sich Politik und Verwaltung eher Gedanken machen, „den Bahnhofsvorplatz endlich für Veranstaltungen und andere Nutzungen wie Märkte zu öffnen, denn da könnte das neue Grün schnell im Weg stehen“.
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Grundsätzlich sind sich die beiden mit Abstand größten Fraktionen der neuen Bezirksversammlung aber einig, dass Bergedorf überall mehr Grün bekommen muss. Eine Phalanx, die mit 13 CDU- und zwölf SPD-Abgeordneten in der 45 Sitze großen Bergedorfer Bezirksversammlung leicht alle Anträge beschließen könnte. Dabei geht der Blick tatsächlich gezielt auf zusätzliche Bäume für die vielen durchgepflasterten Flächen der Bergedorfer City. Zaum: „Alle anderen Neupflanzungen verursachen derart viel Pflegearbeit, dass unsere Grünabteilung und auch der Etat für die Fremdvergabe dieser Aufträge völlig überstrapaziert würde.“
Auch Kaja Kramer weiß um die „viel zu kleine Rahmenzuweisung, die unser Bezirksamt vom Senat zur Pflege des Bergedorfer Grüns bekommt“. Wie wichtig mehr Pflanzen, vor allem auch Bäume sind, erkennt sie „unbedingt beim Blick auf die breiten Fußwege am Bergedorfer Tor und vor Glunz am Mohnhof“. Aber auch an ganz anderer Stelle: „Die neue Sandkiste, die unsere Citymanagerinnen Anfang August vor dem leer stehenden Karstadt-Haus am Sachsentor aufstellen ließen, ist zwar eine tolle Idee für Kinder, wird von den Familien aber kaum angesteuert“, hat die SPD-Fraktionschefin beobachtet, die selbst junge Mutter ist. „Was hier fehlt, ist schlicht etwas Grün, das gern auch Schatten spendet. Dann wird diese riesige Sandkiste auch ihre kleinen wie großen Fans finden.“