Hamburg. Im Rahmen der Aktion Sommerateliers 2024 öffnet der Künstler sein Atelier im alten Feuerwehrhaus in Kirchwerder. Erstaunen inklusive.
Mit erstklassigen Bildern kennt sich Achim Sperber bestens aus: Der 74-Jährige hat jahrzehntelang als Fotojournalist gearbeitet und ist für renommierte Magazine rund um den Globus gereist, um Fotos für Reisereportagen aufzunehmen. Doch der in Kirchwerder lebende Sperber kann nicht nur fotografieren:
Seit 30 Jahren arbeitet er unter dem Künstlernamen Jo Eagle in einer alten Feuerwache am Kirchwerder Elbdeich 259. Dort malt er abstrakte Bilder und schafft Objekte. Am Sonnabend/Sonntag, 13./14. Juli, öffnet Jo Eagle sein Atelier, um in einer Ausstellung neue und ältere Arbeiten zum Thema „Hochwasser und Sturmflut“ zu präsentieren.
Kirchwerder: Künstler Jo Eagle öffnet sein Atelier in einer alten Feuerwache
Den Turm des 1900 erbauten Feuerwehrhauses hat Sperber inzwischen vermietet. Der Künstler nutzt selbst nur noch die ehemalige Fahrzeughalle, die er als seine „Wunderkammer“ bezeichnet und jüngst renoviert hat. Darin entstehen Jo Eagles Arbeiten – abstrakte Bilder, die sich oft mit den Themen „Alter“, „Leben“ und „Vergänglichkeit“ auseinandersetzen und als „Erdarbeiten“ bezeichnet werden können. Der Künstler mischt seine Farben – oft dominieren graue, braun-orange und blaue Töne – nach dem Mixed-Media-Verfahren aus Materialien wie Pigment, Acryl, Asche und Sand.
An dem Ausstellungswochenende können viele von Jo Eagles Werken erworben werden. Dem Künstler geht es aber um mehr als Geld verdienen: „Natürlich möchte ich meine Arbeiten zeigen und mit interessierten Besuchern über sie sprechen. Es gibt auch ein Glas Sekt“, kündigt er an.
Großformatiges Bild, das seine Wut ausdrückt
Jo Eagle ist auch außerhalb der Fotografie vielseitig begabt, fertigt ganz unterschiedliche Kunstwerke an. So hat er ein drei mal zwei Meter großes Gemälde mit dem Titel „Antarktis“ geschaffen. Es zeigt grau-weiße Eisberge, sterbende Gletscher. Darüber sind schwarze Kleckse zu sehen: „In Wut über die Zerstörung der Idylle habe ich Teer auf die Eislandschaft gespritzt.“
Sperber weiß, wovon er spricht: Er war dreimal in seinem Leben vor Ort. Die Hand voll Erde, die er in die Farbe gemischt hat, um das Bild zu malen, hat er als Souvenir aus der Antarktis mitgebracht. „Irgendwann kommen die großen Konzerne dorthin, um dort Öl zu fördern. Sie werden die Umweltzerstörung dann vor Ort vorantreiben.“
„Atlantis“-Bild als Synonym für untergegangene Kulturen und den stetig steigenden Meeresspiegel
„Atlantis“ heißt ein weiteres großformatiges Bild, das Jo Eagle vor vier Jahren malte. Die sagenumwobene, im Meer versunkene Stadt, auf die sich der Titel bezieht, ist für den Vierländer lediglich ein Synonym: „Das Bild steht für den ständig steigenden Meeresspiegel, für untergegangene Kulturen“, sagt er.
„Flutschutz“ nennt Jo Eagle eine Installation, für die er von einem befreundeten Schiffbauer einen stählernen Rahmen schweißen ließ. An dem Rahmen befestigte der Senior mit Draht acht Sandsäcke, die er mit Sand und auch etwas Wasser befüllte. „Damit möchte ich ausdrücken, dass uns das Wasser bis zum Hals steht, dass es fünf vor zwölf ist.“ Mit dem Thema Klimawandel und dessen Auswirkungen wie steigende Wasserspiegel habe er sich intensiv auseinandergesetzt, betont der Vierländer: „Schließlich leben wir hier direkt hinter dem Deich – mit den Sturmfluten.“
THW holte vor dem Einzug von Jo Eagle rund 10.000 Sandsäcke aus dem Gebäude am Elbdeich
Die Sandsäcke stammen aus Jo Eagles Vorrat, den er sich Anfang der 90er-Jahre zulegte, als er das ehemalige Feuerwehrhaus erwarb: „Damals lagerten hier bestimmt 10.000 Sandsäcke. Sie wurden, bis auf einige wenige, die ich für meine künstlerische Arbeit behalten durfte, vom Technischen Hilfswerk mit einem Gabelstapler aus dem Gebäude geholt und abtransportiert. Das THW hatte das Haus vor mir genutzt.“
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„DDR-Goldschatz“ nennt Jo Eagle ein weiteres Objekt, das er kürzlich geschaffen hat – beziehungsweise verändert: Er malte den Zweitakter-Motor eines Trabbi von 1958, „den Ur-Trabbi-Motor“, mit goldener Farbe an. „Den Trabbi habe ich kurz nach dem Mauerfall in Boizenburg erstanden. Er fuhr sogar noch. Trotzdem habe ich damals den Motor ausgebaut, um ihn irgendwann künstlerisch zu nutzen. Das ist nun, nach Jahrzehnten, passiert.“ Der „DDR-Goldschatz“ ist unverkäuflich. Für ihn wendete der Vierländer die Kunstrichtung ready made (fertig machen) an – die künstlerische Veränderung eines bereits existierenden Gegenstandes. Jo Eagle präsentiert aber auch kleinere Arbeiten, darunter Mixed-Media-Bilder.
Jo Eagles Ausstellung ist Teil der länderübergreifenden Gemeinschaftsaktion „Sommerateliers 2024“
Jo Eagles Ausstellung ist Teil der „Sommerateliers 2024“: Zahlreiche Künstler, die in Berufsverbänden Schleswig-Holsteins und Dänemarks organisiert sind, öffnen ihre Ateliers für Besucher. Internet: sommerateliers-sh.de. Insgesamt 64 Ateliers sind dabei, in einigen zeigen mehrere Künstler ihre Werke.
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Das frühere Feuerwehrhaus ist das einzige in Hamburg gelegene Atelier, das an der Aktion beteiligt ist. Sperber ist Mitglied des Berufsverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) in Schleswig-Holstein: „An den Verband bin ich über eine befreundete Malerin geraten, die in Hamburg sehr bekannt ist. Viele in dem Landesverband organisierte Künstler schöpfen Kraft aus der Natur, sind weniger abgelenkt als die Künstler in der Großstadt. Da fühle ich mich als Vierländer richtig aufgehoben.“
Die Ausstellung ist an beiden Tagen von 11 bis 19 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.