Hamburg. Klare Worte von Dennis Thering, designierter CDU-Spitzenkandidat für die Hamburg-Wahl: Als Bürgermeister stoppt er den neuen Stadtteil.

Dennis Thering ist sich sicher: „Die immer größeren Fragezeichen hinter dem Bau von Oberbillwerder werden eines der zentralen Themen im bevorstehenden Hamburger Bürgerschaftswahlkampf.“ Und der designierte Bürgermeisterkandidat der CDU unterstreicht: „Mit uns wird es dieses Großprojekt nach der Hamburg-Wahl am 2. März 2025 nicht mehr geben. Wir werden Oberbillwerder beerdigen“, sagte er jetzt im Gespräch mit unserer Zeitung.

Der 40-jährige Hummelsbütteler, der vor zehn Jahren im Bergedorfer Schloss seiner Ehefrau Sandra das Jawort gab, hat bis heute enge Beziehungen zu Hamburgs östlichstem Bezirk: „Als Kind war ich regelmäßig bei meinen Großeltern in Lohbrügge und in ihrem Sommerhaus im Stelzendorf an der Elbe in Ochsenwerder.“ Deshalb könne er nicht nachvollziehen, warum der Senat seit acht Jahren unbeirrt an der Planung des 15.000-Einwohner-Stadtteils auf der grünen Wiese festhalte: „Ganz neben den immer weiter explodierenden Kosten ist klar, dass solche Dimensionen nicht zu Bergedorf passen. Und sie haben hier seit den Bezirkswahlen im Juni auch keine Mehrheit mehr.“

Hamburg-Wahl: CDU-Spitzenkandidat Thering will Oberbillwerder beerdigen

Thering will den Bezirken grundsätzlich mehr Eigenverantwortung und finanzielles Gestaltungspotenzial zugestehen. „Hier vor Ort im Bergedorfer Rathaus und seiner Bezirksversammlung sind Verwaltung sowie Politik viel näher am Bürger als die Hamburger Behörden. Darum braucht es für sie weitreichendere Kompetenzen und vor allem auch mehr finanzielle Mittel, um die Entwicklung Bergedorfs gestalten zu können.“

Dazu gehöre etwa die anlaufende Innenstadtentwicklung rund um das Sachsentor. „Hier bringen die Bergedorfer aus Wirtschaft, Kultur, Sport und Gesellschaft zwar viele Ideen ein. Aber es hapert an der Umsetzung, weil immer Hamburg gefragt werden muss, wenn es ums Geld, also um tatsächliche Investitionen geht. Wie in vielen anderen Bereichen gibt es schlicht ein Umsetzungsproblem“, attestiert Dennis Thering. Kreative Bezirke wie Bergedorf müssten in ihren Projekten unterstützt und nicht ausgebremst oder auf Hamburger Vorgaben reduziert werden.

„Der rot-grüne Senat täte gut daran, auf die neuen Mehrheiten in Bergedorf zu hören“

Das betreffe ganz besonders auch das Thema Oberbillwerder, sagt der designierte Bürgermeister-Kandidat, der seit viereinhalb Jahren Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion ist: „Auch der jetzige Senat täte gut daran, sich ehrlich zu machen und auf die neuen Mehrheiten in Bergedorf zu hören.“ Dass es damit nicht getan ist, weiß Thering genau, braucht es doch Alternativen für den dort geplanten Neubau der Lohbrügger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), für das projektierte und lange ersehnte zweite Hallenbad im Bezirk sowie nicht zuletzt Alternativen für die rund 6500 in Oberbillwerder geplanten Wohnungen.

Plaketten der Oberbillwerder-Gegner von der Dorfgemeinschaft Billwärder an der Bille.
Plaketten der Oberbillwerder-Gegner von der Dorfgemeinschaft Billwärder an der Bille. © Ulf-Peter Busse | Dorfgemeinschaft Billwärder

Dennis Thering will deshalb verstärkt auf Wohnungsbau an den Magistralen setzen, also Neubauten entlang der Hauptverkehrsstraßen. „Zudem müssen Bestandsgebäude in geeigneter Lage um ein bis zwei Stockwerke aufgestockt werden oder auch Neubauten entsprechend höher genehmigt werden“, sagt der Christdemokrat, der auch so glaubt, am Ziel des rot-grünen Senats von 10.000 hamburgweit genehmigten neuen Wohnungen pro Jahr festhalten zu können.

Behutsamer Wohnungsbau in den Vier- und Marschlanden

Besonders am Herzen liegt ihm beim Wohnungsbau zudem die Zukunftsfähigkeit der Dorfkerne in den Vier- und Marschlanden: „Hier müssen behutsam neue Wohngebiete ausgewiesen werden, in enger Abstimmung mit den Bürgern, etwa in der bewährten Form der Stadtwerkstätten. Ziel muss es sein, diese ländlichen Zentren zu bewahren, also mit Nahversorgern, Hausärzten, Treffpunkten und nicht zuletzt auch Bushaltestellen lebenswert zu machen.“

Blick aus der Vogelperspektive auf die Wiesen nördlich des Bahndamms der Hamburg-Berliner Eisenbahn, wo Oberbillwerder gebaut werden soll. Links ist Neuallermöhe-West zu sehen, unten rechts Bergedorf-West.
Blick aus der Vogelperspektive auf die Wiesen nördlich des Bahndamms der Hamburg-Berliner Eisenbahn, wo Oberbillwerder gebaut werden soll. Links ist Neuallermöhe-West zu sehen, unten rechts Bergedorf-West. © IBA Hamburg / Falcon Crest | ULLI.MUELLER

Dass es auch ohne Oberbillwerder endlich das zweite Hallenbad für den Bezirk Bergedorf geben muss, neben dem notorisch überlasteten Bille-Bad, steht für den CDU-Politiker außer Frage. Es soll sogar schneller kommen als erst um 2030 mit dem Bau von Oberbillwerder. „Die Fläche am Bahndamm in Neuallermöhe-West steht seit Jahren gleich neben der S-Bahn-Station Allermöhe zur Verfügung. Ich habe nie verstanden, warum sie trotz des riesigen Bedarfs bisher ungenutzt geblieben ist und das Hallenbad nach Oberbillwerder verschoben wurde.“

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Was dagegen aus dem Neubau der HAW werden soll, die mit ihren künftig 5000 Studenten nach den Plänen des rot-grünen Senats ein prägendes Element von Oberbillwerder sein soll, lässt Thering vorerst offen: „Hier müssen neue Ideen entwickelt werden, vielleicht auch für den traditionellen Standort in Lohbrügge.“ Dort sei schließlich bis heute auch in Sachen alternativer Nutzungskonzepte für den denkmalgeschützten Bau aus Beton und Glas noch nichts geschehen.

Visualisierung des künftigen Blicks von der S-Bahn-Station Allermöhe in Oberbillwerders Fußgängerzone.
Visualisierung des künftigen Blicks von der S-Bahn-Station Allermöhe in Oberbillwerders Fußgängerzone. © IBA | IBA

Dass Oberbillwerder noch gestoppt werden kann, liegt an der Verwaltungspanne bei der ersten Auslegung seines finalen Bebauungsplans im Frühjahr: Weil die damals präsentierten Unterlagen nicht vollständig waren, wird gegenwärtig bis zum 2. September erneut öffentlich ausgelegt. Doch seit den Bezirkswahlen gibt es in Bergedorfs Politik keine Mehrheit für Oberbillwerder mehr. Die finale Abstimmung in der Bezirksversammlung – voraussichtlich Ende Januar 2025 – wird also negativ ausgehen.

Um das zu ändern, müsste der Senat das Verfahren an sich ziehen, was einen Monat vor der Bürgerschaftswahl Anfang März 2025 aber nicht mehr zu erwarten ist. Der neue Senat wird dann also alle Möglichkeiten im Umgang mit den Plänen für Oberbillwerder haben.