Hamburg. Nach Formfehlern startet die neue Auslegung des Bebauungsplans für den künftigen Stadtteil. Woran das Projekt noch scheitern könnte.

Montag wird das Finale im Dauerstreit um den 15.000-Einwohner-Stadtteil Oberbillwerder eingeläutet: Der 1. Juli ist zum Neustart der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanentwurfs auserkoren worden, nachdem sie im vergangenen Winter wegen eines Formfehlers gescheitert war. Neun Wochen haben Bürger, Verbände und Initiativen nun erneut Gelegenheit, Einblick in das komplexe Verfahren zu nehmen und schriftlich Kritik zu üben.

Während die bereits in der ersten Auslegung geäußerten Stellungnahmen direkt übernommen werden, bietet das neue Verfahren allerdings zusätzlichen, buchstäblich tierischen Zündstoff: Kurz nach dem Ende der damaligen Auslegung hatte das Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG) die Umsiedlungspläne für die auf dem künftigen Oberbillwerder-Areal ansässigen Feldlerchen kassiert. Doch die Pläne haben trotzdem weiter Bestand, tragen nun nur einen anderen Namen, was aus Sicht von Umweltbehörde und Bezirksamt ausreicht.

Zukunftsstadtteil Oberbillwerder: Siegt nun die Feldlerche?

Bisher sollten für die 34 nachgewiesenen Feldlerchen-Pärchen Ausweichquartiere auf freien Grünflächen in direkter Nachbarschaft Oberbillwerders nachgewiesen werden. Doch dem steht die mächtige Pappelreihe entlang des Bahndamms entgegen, die zumindest vorerst nicht gefällt werden darf. In ihrer Not schrieb die Umweltbehörde kurzerhand potenzielle Nistflächen auf der 20 Kilometer entfernten Elbinsel Hahnöfersand in ihr Gutachten. „Zu weit weg“, urteilte das Oberverwaltungsgericht und erhob damit exakt neun Nester zum möglichen Stolperstein für Oberbillwerder.

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Die Feldlerche ist nur 18 Zentimeter klein, aber auf den 114 Hektar Wiesenfläche, die vom Großprojekt Oberbillwerder beansprucht werden, mit 34 Brutpaaren vertreten. Das sind zu viele, um sie in die direkte Umgebung umzusiedeln. © picture alliance / blickwinkel/AGAMI/R. Martin | AGAMI/R. Martin

Tatsächlich bestätigten die Experten der Umweltbehörde im Mai im Bergedorfer Stadtentwicklungsausschuss, dass ein Umsiedeln von Feldlerchen nur in die direkte Umgebung ihrer angestammten Heimat gelingen kann. Nicht aber nach Hahnöfersand, wo die Bedingungen zwar passend sein könnten, es bisher aber gar keine Feldlerchen gebe. Dennoch ist genau das jetzt Inhalt des Bebauungsplanentwurfs: Man schwenkt auf ein Genehmigungsverfahren um, das gar keine Umsiedlung mehr erforderlich macht, sondern bloß irgendwo in Hamburg neue potenzielle Brutflächen für Feldlerchen nachweist.

98 Gutachten und 277 umweltbezogene Stellungnahmen

Auch andere Details wurden gegenüber der alten Auslegung verändert, etwa die geplanten Gewerbeimmobilien entlang des Bahndamms von vier auf fünf Geschosse erhöht und der Anschlusszwang an die geplanten örtlichen Fernwärmenetze gelockert.

Bis zum 2. September liegen rund 20 Aktenordner im Bezirksamt bereit, prall gefüllt mit 98 Gutachten, 277 umweltbezogenen Stellungnahmen und unzähligen Karten. Gleichzeitig ist alles auch online einsehbar, unter https://bauleitplanung.hamburg.de auf den Behördenseiten der Hansestadt.

CDU-Fraktionschef will gegen Oberbillwerder votieren

Ein Aktenberg, den neben Kritikern wie der „Dorfgemeinschaft Billwärder“ auch Bergedorfs Bezirkspolitiker mit juristischer Unterstützung durcharbeiten werden. Denn seit der Wahl vom 9. Juni haben sich die Mehrheitsverhältnisse in der Bezirksversammlung geändert. Mit der alten Koalition aus SPD, Grünen und FDP sind die Oberbillwerder-Befürworter auf Bezirksebene Vergangenheit.

Und CDU-Fraktionschef Julian Emrich hat als Wahlsieger bereits angekündigt, gegen das Großprojekt zu votieren, sobald der Bebauungsplan um Weihnachten herum zum finalen Beschluss in der Bezirksversammlung liegt.

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Allein hätte die CDU mit ihren 13 Abgeordneten zwar nicht die Macht, den Baustart Oberbillwerders auszubremsen. Aber zusammen mit der AfD und den Linken, die das Großprojekt ebenfalls ablehnen, käme eine – wenn auch skurrile – Mehrheit von 25 der 45 Abgeordneten im Bergedorfer Rathaus zusammen.

Nächster Schritt könnte ein sogenanntes Evozieren Oberbillwerders durch Hamburgs rot-grünen Senat sein, der die Stadtplanungshoheit des Bezirks Bergedorf bei Großprojekten übergehen darf, die für die Entwicklung der ganzen Stadt wichtig sind. Dass die Hamburger diese letzte Karte Anfang 2025 noch ziehen, gilt indes als unwahrscheinlich: Am 2. März sind Bürgerschaftswahlen, eine solche Entscheidung gegen die Bergedorfer Mehrheiten dürfte also dem neuen Senat überlassen werden. Und CDU-Spitzenkandidat Dennis Thering hat bereits angekündigt, Oberbillwerder stoppen zu wollen.