Hamburg. 150 Jahre bz: 1986 ist voller Premieren und Superlative. Der Super-GAU gehört dazu, aber auch eine Zwergen-Aktion mit Promi-Faktor.

Ein knackiger Winter, Alster und Elbe zugefroren, der Suba-Neubau, das erste Bergedorfer Stadtfest, die ersten Ökohäuser, der erste „Opernball“ und eine riesige Zwergen-Aktion – 1986 hat Bergedorf viele Superlative und Premieren zu bieten. Und doch wird es dieses Ereignis sein, gut 1200 Kilometer entfernt, das sich samt seiner Folgen ins Gedächtnis einbrennt: die Nuklearkatastrophe in Tschernobyl. Und sie lässt beileibe nicht nur Salate fliegen in Bergedorf und Geesthacht. Tschernobyl steht für Leid, Angst, Versagen und Wut.

Fast beiläufig informieren offizielle Stellen der damaligen UdSSR über den Super-GAU am 26. April 1986: Ein Atomreaktor der Anlage in Tschernobyl sei beschädigt worden, heißt es zunächst nur. Tatsächlich ereignet sich in der Nacht um 1.23 Uhr in der Nähe der ukrainischen Stadt Prypjat der folgenschwerste Unfall in der Geschichte der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Ein Routinetest in Block 4 des Reaktors ist aus dem Ruder gelaufen, die manuelle Abschaltung setzt eine fatale Kettenreaktion samt Feuer in dem Leichtwasser-Grafit-Reaktor in Gang und große Mengen an Radioaktivität frei.

150 Jahre bz: Nuklearkatastrophe in Tschernobyl - Folgen für Bergedorf und Geesthacht

Der Reaktorkern wird vollständig zerstört, eine Explosion reißt die Reaktorhalle auseinander, es sterben unmittelbar bei dem Unfall bereits zwei Menschen. Eine radioaktive Wolke zieht ostwärts. Finnland und Schweden melden erhöhte Strahlenwerte, in Schleswig-Holstein leicht erhöht, Hamburg scheint nicht betroffen. Doch die Furcht von einer radioaktiven Verseuchung ist groß.

Das stark beschädigte Kernkraftwerk in Tschernobyl nach dem Unglück vom 26. April 1986, aufgenommen am 28. Mai 1986.
Das stark beschädigte Kernkraftwerk in Tschernobyl nach dem Unglück vom 26. April 1986, aufgenommen am 28. Mai 1986. © picture-alliance/ dpa | tass

Frischmilch ist in Norddeutschland in den kommenden Tagen radioaktiv belastet, und es gibt reichlich Verwirrung über Grenzwerte und mögliche Gesundheitsfolgen. Wo Fakten fehlen, greift sich Angst Raum. Der Boden im Landgebiet ist, so schreibt es die Bergedorfer Zeitung am 7. Mai, weitgehend frei von Schadstoffen. Unterdessen ist der Reaktor in Tschernobyl noch immer nicht unter Kontrolle. Kinder sollen besser nicht im Sand oder auf dem Rasen spielen, Gemüse solle kräftig gewaschen werden, raten Experten aus Hamburg und Kiel.

Freilandsalat ist kaum zu verkaufen. „Strahlengemüse“ ist Thema beim Wochenmarkt in Bergedorf. Dort fliegen auch Salat und Milch gegen die Rathauswände.
Freilandsalat ist kaum zu verkaufen. „Strahlengemüse“ ist Thema beim Wochenmarkt in Bergedorf. Dort fliegen auch Salat und Milch gegen die Rathauswände. © bz Archiv | BZ Archiv

„Strahlengemüse“ in der Diskussion, Salat fliegt der Politik vor die Füße

Der „Fallout“ wird nicht nur in Geesthacht, wo das Atomkraftwerk Krümmel seit drei Jahren am Netz ist, zum Thema Nummer eins. Bürger kritisieren die Ignoranz der Politiker, wollen in Katastrophenschutzpläne eingeweiht werden. Die Bergedorfer Zeitung berichtet über das Wochenmarkt-Thema in Bergedorf: „Strahlengemüse“. Ver- und gekauft wird nur Treibhausware, Freilandware wird zum Ladenhüter, der Verkauf in Schleswig-Holstein verboten.

Geesthachter Politikern wird unverkäuflicher Freilandsalat vor die Füße/auf den Tisch gekippt. In Bergedorf fliegen Salat und Milch gegen die Rathauswände.
Geesthachter Politikern wird unverkäuflicher Freilandsalat vor die Füße/auf den Tisch gekippt. In Bergedorf fliegen Salat und Milch gegen die Rathauswände. © bz Archiv | BZ Archiv

Die Kritik am Krisenmanagement der Politik auf allen Ebenen wird lauter. In Geesthacht kippen Demonstranten den Politikern der Ratsversammlung unverkäufliche Salatköpfe vor die Füße. In Bergedorf fliegen Salat, Milch und Eier gegen die Rathauswände. Bei einer kuriosen Anti-Krümmel-Demo durch Bergedorf tragen Demonstranten Schlips und Kragen, polstern sich mit Kissen einen Wanst unter ihre Hemden, fordern auf Plakaten: „Krümmel sofort wieder ans Netz“ und rufen „Lieber keine Haare als keinen Strom“. Ein ironisches Rollenspiel. Die politische Stimmung: Auch die Grünen wollen raus aus der Atomenergie, die SPD so bald wie möglich, FPD und CDU sind dagegen.

„Krümmel sofort wieder ans Netz“ fordern die Demonstranten in Bergedorf, teils wie Bonzen gekleidet – ein ironisches Rollenspiel, das sich gegen Atomkraft richtet.
„Krümmel sofort wieder ans Netz“ fordern die Demonstranten in Bergedorf, teils wie Bonzen gekleidet – ein ironisches Rollenspiel, das sich gegen Atomkraft richtet. © bz-Archiv | bz-Archiv

Ende September 1986 geht in Tschernobyl der erste der ehemals vier Reaktoren wieder in Betrieb. Noch immer wird versucht, den explodierten Reaktor mit Beton zuzugießen. „Freiwillige“ schubsen per Hand Reaktorteile in die Tiefe. Bis November wird sich die Zahl der direkten Strahlentoten auf mehr als 30 erhöht haben. Mehr als 500 Menschen liegen in Krankenhäusern. Und bei diesen Zahlen bleibt es nicht.

4000 Strahlentote – und die Gefahr bleibt

Eine 30-Kilometer-Sperrzone wird eingerichtet, 76 Dörfer und Kleinstädte werden evakuiert. Sie sind bis heute hoch radioaktiv verseucht. Mindestens 4000 Strahlentote, so wird es später geschätzt, fordert die Katastrophe. Die Gefahr bleibt. Der Beton-Sarkophag und eine weitere Hülle, die später über den Unfallreaktor gezogen wird, sind nicht raketensicher. Tschernobyl liegt in der heutigen Ukraine. Dort herrscht seit 2022 Krieg.

Tschernobyl hat 1986 die Diskussion um Atomkraft neu entfacht. Nicht nur gegen Krümmel in Geesthacht formiert sich Widerstand. Auch vor dem Werk in Stade wird demonstriert und gegen Brokdorf, das Mitte Oktober 1986 ans Netz gehen soll. Und dann kommt der „Hamburger Kessel“.

Dem Frust über Atomkraft folgt der „Hamburger Kessel“

Anfang Juni schließt die Hamburger Polizei Hunderte Atomkraftgegner auf dem Heiligengeistfeld bis zu 15 Stunden lang ein. Die Bergedorfer Zeitung zitiert Innensenator Rolf Lange (SPD): „Das sind nicht Kernkraftgegner, sondern Gewalttäter.“ Unter anderem über diesen „Hamburger Kessel“ wird Hamburgs Innensenator später politisch stolpern und zurücktreten. Und der Kessel dürfte auch die Hamburg-Wahl im Herbst beeinflusst haben, bei der Bürgermeister Klaus v. Dohnanyi und die SPD in Hamburg die absolute Mehrheit verlieren. Der Kessel, anfangs von der Polizei als „entschlossen und angemessen“ beurteilt, stellt sich schon bald als „folgenschwerer Irrtum“ heraus, später urteilt das Verwaltungsgericht: Die Einkesselung war rechtswidrig.

Am 8. Juni 1986 schlossen Uniformierte Hunderte  Demonstranten ein. Der berüchtigte „Hamburger Kessel“.
Am 8. Juni 1986 schlossen Uniformierte Hunderte Demonstranten ein. Der berüchtigte „Hamburger Kessel“. © picture-alliance / dpa | Werner_Baum

Die Liste der Katastrophen und Krisen 1986 ist lang. Die Explosion der Challenger, RAF-Anschläge und Morde, die Werftenkrise und der Skandal um die Neue Heimat sind nur einige davon. Für besonderes Entsetzen sorgt der „Killer von St. Pauli“: Werner Pinzner richtet in Hamburg Mitte des Jahres bei Gericht ein Blutbad an, verletzt den Staatsanwalt tödlich, erschießt seine Frau und sich. Dagegen ist der „Bandenkrieg“ zwischen Skins und „Bombern“ in Bergedorf fast harmlos.

Dazu passt eine kuriose Meldung am Rande: Skins und Polizei prügeln sich in der Nacht zum 23. Juni auf der Wache an der Lohbrügger Landstraße, dort, wo sich heute die Lola befindet. Fünf kahlgeschorene junge Männer hatten nachts die Wache betreten mit den Worten: „Ihr Bullen sucht uns, was gibt es?“ Zuvor war nach einem Quintett gefahndet worden, das in der Alten Holstenstraße Schaukästen zertrümmert und Nazi-Parolen gegrölt hatte. Und nun standen sie in der Wache, die gesuchten Fünf – wollten dann aber doch lieber wieder flüchten und argumentierten mit Fäusten. Mit herbeigeeilter Verstärkung gelang der Polizei schließlich die Überwältigung der Skins.

Im Neubaugebiet Neuallermöhe entstehen völlig neuartige Ökohäuser

Aber natürlich führt nicht nur Gewalt die Regie im Jahr 1986. Das Neubaugebiet Neuallermöhe wächst, hier entstehen die ersten, völlig neu entwickelten Ökohäuser am Fanny-Lewald-Ring. Innovativ ist das naturnahe Bauen, sind ihre grünen Dächer und Komposttoiletten. Allerdings werden von 31 möglichen Reihenhäusern nur sechs nachgefragt. Richtfest für die ersten vier ist im Oktober. Dann weht auch der Richtkranz über dem ebenfalls neuartigen Spielplatzheim am Henriette-Herz-Ring. Für Ladenzeilen am Grachtenplatz und am Bahnhof Nettelnburg werden 1986 die Weichen gestellt, ebenso für ein Bürgerhaus am Rahel-Varnhagen-Weg.

Richtfest für die ersten Ökohäuser in Neuallermöhe. Sie fallen besonders durch ihre ungewöhnliche Holzkonstruktion auf.
Richtfest für die ersten Ökohäuser in Neuallermöhe. Sie fallen besonders durch ihre ungewöhnliche Holzkonstruktion auf. © bz-Archiv | bz-Archiv

In großen Schritten geht seit Jahresbeginn die größte Baustelle Bergedorfs voran: das Suba-Center an der Alten Holstenstraße – das heutige Marktkauf-Center. In das 50-Millionen-Mark-Projekt sollen neben einem Passagen-Warenhaus etwa 30 eigenständige Unternehmen einziehen. Nicht Betonklotz, sondern ein behindertengerechter Klinkerbau (gläserner Fahrstuhl, neigungsarme Fahrwege statt Rolltreppen) soll es werden. Mitte November wird für den viergeschossigen Bau, der auch noch etwa 700 Autos Parkraum bietet, Richtfest gefeiert.

Ein Blick auf Bergedorfs größte Baustelle, das Suba-Center zwischen Alte Holstenstaße, Hein-Möller-Weg und Ludwig-Rosenberg-Ring (im Vordergrund).
Ein Blick auf Bergedorfs größte Baustelle, das Suba-Center zwischen Alte Holstenstaße, Hein-Möller-Weg und Ludwig-Rosenberg-Ring (im Vordergrund). © bz-Archiv | bz-Archiv

Das erste Bergedorfer Stadtfest und eine Beinah-Katastrophe

Gut organisiert gelingt in Bergedorf eine Premiere Ende August: Das erste große Bergedorfer Stadtfest samt Zwei-Tage-Marsch über 66 Kilometer. Obwohl an dem Wochenende auch Alstervergnügen und „Du und Deine Welt“ in Hamburg locken, strömen 50.000 Menschen zum Stadtfest, sind 500 Wanderer auf den Beinen. Ein Riesenerfolg.

Dabei schrammt Bergedorf gleichzeitig knapp an einer Katastrophe vorbei: Ein Tankwagen mit 50.000 Litern Superbenzin brennt auf den Schienen nahe dem Bahnhof Nettelnburg aus. Aus einem Sperrhahn tropft Benzin. Es fängt über einen Funken beim Bremsen Feuer. Zehn Meter hoch lodern die Flammen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte der Zug im Bergedorfer Bahnhof Feuer gefangen, der wegen des Stadtfestes hoch frequentiert war.

Loriot, Franz-Josef Strauß und Helmut Schmidt bemalen Gartenzwerge

Erfolgreich wie das Stadtfest ist 1986 auch eine kuriose Idee von Lisa Marks: Sie versendet Gartenzwerge. Aber nicht einfach so und an irgendwen: Prominente sollen sie bemalen. Die Vorsitzende des Freundeskreises Moosberg will die Zwerge versteigern. Im Pflegeheim Moosberg sollen die Sechs-Bett-Zimmer endlich Ein- und Zwei-Bett-Zimmern weichen.

Viele Prominente bemalen kleine Gartenzwerge. Die einmaligen Exemplare werden zugunsten des Moosbergheims versteigert. Der bz ist das eine Seite in Farbe wert – eine Seltenheit, da 1986 zumeist in Schwarzweiß gedruckt wurde.
Viele Prominente bemalen kleine Gartenzwerge. Die einmaligen Exemplare werden zugunsten des Moosbergheims versteigert. Der bz ist das eine Seite in Farbe wert – eine Seltenheit, da 1986 zumeist in Schwarzweiß gedruckt wurde. © Archiv bgz | Archiv bgz

Und tatsächlich: Helmut Schmidt und Franz-Josef Strauß greifen zu Farbe und Pinsel, Uwe Seeler, Max Schmeling, Loriot, Otto Waalkes und noch einige mehr. Am Ende kommen fast 12.000 Mark bei der Versteigerung zusammen. Das Rennen gewinnt vor den Wichten von Loriot und Strauß der Zwerg von Kurt A. Körber: 2100 Mark bietet sein Freund und Hamburger Opernintendant Prof. Rolf Liebermann.

Drei der Gartenzwerge, die versteigert werden (v.l.): der HSV-und Tennis-Fan von Uwe Seeler, der Gentleman-Zwerg im Frack von Loriot und der Mäzen-Zwerg von Kurt A. Körber.
Drei der Gartenzwerge, die versteigert werden (v.l.): der HSV-und Tennis-Fan von Uwe Seeler, der Gentleman-Zwerg im Frack von Loriot und der Mäzen-Zwerg von Kurt A. Körber. © Archiv bgz | Archiv bgz

Liebermann ist es auch, der den ersten „Bergedorfer Opernball“ mit ermöglicht – ein Fest der Superlative. Kurt A. Körber feiert im September das 40-jährige Bestehen seiner Hauni-Unternehmensgruppe im eigens dafür umgebauten Hamburger Opernhaus: vier Tage lang, mit 8000 Gästen, auf sieben Etagen. Für seine 2500 Mitarbeiter aus Bergedorf lässt er Sonderzüge pendeln, auf dem Bahnsteig in Bergedorf wird ein roter Teppich ausgerollt. Carlheinz Hollmann und Dagmar Berghoff moderieren das Riesenprogramm mit Ballett und Musik im Opernhaus, viel Prominenz gibt sich die Ehre. Auch Helmut Schmidt ist zu Gast.

Die Vorsitzende des „Freundeskreises Pflegeheim Moosberg“, Lisa Marks, überreicht Opernintendant Prof. Rolf Liebermann den Gartenzwerg.
Die Vorsitzende des „Freundeskreises Pflegeheim Moosberg“, Lisa Marks, überreicht Opernintendant Prof. Rolf Liebermann den Gartenzwerg. © bz-Archiv | bz-Archiv

„Schmidt Bergedorf“ verabschiedet sich und bekommt ein spezielles Geschenk

Der Sozialdemokrat und frühere Bundeskanzler (in der Zeit von 1974 bis 1982) verabschiedet sich 1986 von der Bonner Bühne und als Wahlkreiskandidat „Schmidt Bergedorf“. Zum Abschied im Dezember bekommt Helmut Schmidt bei der Feier in Bergedorf ein ganz spezielles Geschenk. Er bastelt aus dem Papier, mit dem es umhüllt war, für seine Frau Loki übermütig ein Hütchen. Und was steckte zuvor in dem Geschenkpapier? Genau: ein Gartenzwerg!

Von kleinen Wichten weit entfernt sind einige Sportler, die 1986 für Furore sorgen: Bei der Fußball-WM in Mexiko wird die deutsche Nationalelf Vize-Weltmeister hinter Argentinien, Steffi Graf (16) spielt sich auf Platz drei der Tennis-Rangliste, Boris Becker (18) gewinnt zum zweiten Mal Wimbledon, Peter-Michael Kolbe (33) rudert zum WM-Titel. Passend dazu: In Allermöhe wird ein modernes Ruderzentrum eingeweiht. Und sportlich kann es auch wieder am Hansa-Gymnasium werden: Richtfest für die neue Turnhalle – im Februar 1969 (!) waren Turnhalle und Aula einer Brandstiftung zum Opfer gefallen.

Kaufhäuser in Flammen – Brandstiftung in der Bergedorfer City

Heiß wird es in Bergedorf noch einmal kurz vor Weihnachten: „Kaufhäuser in Flammen, 4.30 Uhr Anschlag auf Möbel Marks, 13.18 Uhr: Feuer bei Penndorf, 14.20 Uhr: Karstadt brennt“, titelt die Bergedorfer Zeitung. Mehr als 15 Stunden lang hält die Brandserie in der Nacht zum 21. Dezember Polizei und Feuerwehr in Atem. Bei Möbel Marks brennt das Erdgeschoss aus, bei Karstadt die Etage mit Spiel- und Sportartikeln. Auch andere Bergedorfer Geschäfte und Hamburger Stadtteile sind von Anschlägen betroffen. Brandursache: Brandstiftung. Säure, in kleine Flaschen gefüllt, hatte sich durch die Verschlüsse gefressen und Nitratmasse entzündet, die um die Flaschen geknetet war. Diese Brandsätze wurden zwischen brennbarem Material deponiert.

Anschlagserie Ende 1986. In Bergedorf zünden diverse Brandsätze, es brennt in Kaufhäusern. Ein Zusammenhang mit Hafenstraßen-Hausbesetzer-Unterstützern wird vermutet.
Anschlagserie Ende 1986. In Bergedorf zünden diverse Brandsätze, es brennt in Kaufhäusern. Ein Zusammenhang mit Hafenstraßen-Hausbesetzer-Unterstützern wird vermutet. © bz-Archiv | bz-Archiv

Tags darauf entzündet sich ein versteckter Brennsatz in einer Steppjacke, die eine junge Frau aus Wohltorf zuvor im City-Center Bergedorf gekauft hatte. Zudem werden neue Brandsätze in der Hamburger Innenstadt und in Bergedorf entdeckt. Wer macht so etwas und warum? Vermutet wird, so steht es in der Bergedorfer Zeitung, eine in „anarchistischen Kreisen“ schon „länger vorbereitete Unterstützungsaktion für die Hafenstraßen-Demonstrationen“.

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Der letzte Tag im Jahr 1986 ist da – wieder ist Brandstiftung Anlass für die Titelgeschichte der Bergedorfer Zeitung: Asylantenheim Kollow zerstört. Großeinsatz der Feuerwehr, 70 Bewohner mussten das Gebäude verlassen. Mit einer bunten, historischen Postkarte, die ebenfalls auf dem Titel abgedruckt ist, versucht die Redaktion trotzdem, ihren Leserinnen und Lesern viel Glück für das neue Jahr zu wünschen – Optimismus für 1987, trotz oder gerade wegen all der Krisen und Katastrophen.