Bergedorf. Projektentwickler IBA findet keinen Anbieter für Geländeaufhöhung. Jetzt wird kleinteilig ausgeschrieben, „sobald Sand gebraucht wird“.

So richtig rund läuft es derzeit nicht mit Oberbillwerder. Kurz bevor aus den Visionen des Zukunftsstadtteils auf den Wiesen nördlich der S-Bahn-Station Allermöhe nach acht Jahren Planung die ersten sichtbaren Bauarbeiten werden sollten, gibt es gleich mehrere Fragezeichen. Neben dem Veto des Oberverwaltungsgerichts für die vor dem Baustart wichtigen alternativen Brutflächen der gefährdeten Feldlerche scheint der für Herbst anvisierte Start der Geländeaufhöhung selbst von den Projektentwicklern der IBA Hamburg kaum noch für realistisch gehalten zu werden.

Projektkoordinator Christian Färber bestätigte im Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung, dass es noch immer keine Ausschreibung für die erheblichen Mengen an Sand gebe. Immerhin müssen weite Teile Oberbillwerders um bis zu 1,50 Meter aufgeschüttet werden, was für die 118 Hektar des Stadtteils nach Schätzungen bis zu drei Jahre dauert. Vorausgesetzt, die IBA findet überhaupt genügend Lieferanten. Gelingt es nicht, diese Grundlage dieses 105. Hamburger Stadtteils jetzt zu organisieren, ist der für 2027 terminierte Baustart für die Gebäude im zentralen Bahnquartier nicht mehr einzuhalten.

Oberbillwerder: Kein Sand bestellt – neue Fragezeichen hinter Baubeginn

Genau das scheint aktuell ein großes Problem, wie Färber im Ausschuss auf Nachfrage der CDU bestätigte: Auf dem Markt gebe es schlicht keinen Anbieter, der genügend Sand liefern könnte. Und zudem auch keinen, der sich als Generalunternehmer verpflichten wolle, mehrere Betriebe zu koordinieren. „Es gibt noch keine Ausschreibung für die Sandlieferungen“, so Christian Färber. „Wir werden die Lieferungen nun in kleinen Mengen ausschreiben. Aber erst dann, wenn sie wirklich gebraucht werden.“

Unabhängig davon läuft die Kommunikations- und Werbestrategie der IBA für Oberbillwerder auf Hochtouren. Marketing-Chefin Anke Hansing stellte den Politikern die Vielfalt der genutzten Kanäle vor. So werden Soziale Medien von Instagram über X bis Linkedin mit jeweils zielgruppenorientierten Inhalten gefüttert, biete die Homepage www.oberbillwerder-hamburg.de diverse Downloads, einen Erklärfilm, diverse Serien und Podcasts sowie den Weg zum regelmäßigen Newsletter. Hinzu kommen persönliche Informationen immer dienstags und donnerstags von 13.30 bis 17.30 Uhr bei der Haspa am Fleetplatz in Neuallermöhe-West. Der Infopoint soll als eines der ersten Bauwagen-Gebäude in Oberbillwerder selbst so schnell wie möglich eine zusätzliche Adresse bekommen.

IBA bietet viele Info-Kanäle zu Oberbillwerder – nirgends findet sich das Problem-Urteil zur Feldlerche

Warum trotz derart vieler Info-Kanäle bei der IBA Hamburg nirgends die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gegen die neuen Brutgebiete der Feldlerche zu finden sei, konnte Anke Hansing den Oberbillwerder-Kritikern von der CDU nicht direkt beantworten. Hier half Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann: „Die Bewertung des Urteils und seiner Folgen seitens der Hamburger Behörden läuft noch.“

Fragen warf auch die von Anke Hansing vorgestellte Auswertung einer repräsentativen Forsa-Umfrage zu Oberbillwerder aus dem August 2023 auf. Seinerzeit hatten 1003 Befragte im Alter zwischen 18 und 65 Jahren geantwortet, von denen 65 Prozent beim Blick auf den Zukunftsstadtteil viel Natur und Grün vor der Haustür wünschten, dagegen nur zehn Prozent Parkplätze. Besonders wichtig auch: Gastronomie, Läden und Ärzte (84 Prozent), gute Anbindung an Bus und Bahn (82 Prozent) und bezahlbare Mieten (73 Prozent).

Forsa-Umfrage: Auch Autobesitzer loben Oberbillwerders Markenkern als autoarmer Stadtteil

Mit Blick auf Oberbillwerders Markenkern als autoarmer Stadtteil, bei dem private Pkw nicht am Straßenrand, sondern ausschließlich in modernen Parkhäusern, den sogenannten Mobility-Hubs, abgestellt werden, hob Anke Hansing das Votum der Autobesitzer hervor: „Von den Befragten gaben 75 Prozent an, ein eigenes Auto zu haben, aber nur zwölf Prozent von ihnen wünschen sich einen Parkplatz vor der Haustür.“

Was Petra Petersen-Griem (SPD) als Votum für Alternativen zum Pkw verstand, sah FDP-Fraktionschefin Sonja Jacobsen ganz anders: „Wenn 75 Prozent der an Oberbillwerder interessierten Menschen ein Auto besitzen, liegen wir selbst mit dem hart erkämpften Stellplatzschlüssel von 0,6 je Wohnung noch deutlich zu niedrig“, erinnerte sie an das eigentliche Ziel der IBA, diese Kennziffer auf 0,3 zu drücken, also nicht mal ein Auto für jede dritte Wohnung. Auch CDU-Stadtentwicklungsexperte Sven Noetzel warnte vor zu wenig Stellplätzen: „Wir befinden uns hier am Hamburger Stadtrand. Da ist ein Auto wichtiger als mitten in der City – übrigens auch für die Besucher der künftigen Oberbillwerderaner.“

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Oberbillwerder: Bau wird bis etwa 2040 dauern

Bisher steht die abschließende Genehmigung für den Bau des Zukunftsstadtteils noch aus. Das Bebauungsplanverfahren befindet sich nach dem Ende der öffentlichen Auslegung vor sechs Wochen noch in der abschließenden Bearbeitung durch das Bezirksamt. Das letzte Wort wird die Bezirksversammlung haben, die voraussichtlich am 11. Juli in ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause (18 Uhr; Rathaus, Wentorfer Straße 38) darüber entscheiden wird, ob Oberbillwerder so gebaut werden kann, wie es jetzt geplant ist.

Dann werden in einer vermutlich intensiven Debatte alle Perspektiven und alle noch offenen Fragen zu Oberbillwerder auf den Tisch kommen. Einschließlich absehbarer Verzögerungen, wie etwa dem Naturschutz und dem fehlenden Sand. Nach bisheriger Planung sollen die ersten Menschen Ende 2029 nach Oberbillwerder ziehen, zunächst ins Bahnquartier an der S-Bahnstation Allermöhe. Insgesamt sind 6650 Wohnungen geplant. Der Bau des gesamten Stadtteils wird bis etwa 2040 dauern.