Hamburg. Nach Entscheidung vom Hamburger Oberverwaltungsgericht: Umweltbehörde prüft mögliche Auswirkungen auf das Mega-Bauprojekt.
Wenn es nach den Planern von Oberbillwerder geht, sollten im Herbst die ersten Lkw anrollen, um Sand für den Baugrund des neuen Stadtteils anzuliefern. Ob der Zeitplan gehalten werden kann, ist nun allerdings mehr als fraglich. Zumindest müssten sich die Behörden sehr beeilen, damit der anvisierte Baustart noch in diesem Jahr gelingen kann. Ins Wanken gebracht hat das Mega-Bauprojekt nun ausgerechnet ein zierlicher kleiner Vogel.
Etwa 18 Zentimeter Länge misst die Feldlerche, die als erwachsenes Tier bis zu 55 Gramm leicht ist. Nachdem ihr Bestand in den vergangenen Jahrzehnten einen dramatischen Verlust erlitten hat, gilt sie in Deutschland als gefährdet. Als Lebensraum bevorzugt die Vogelart offene Agrarflächen oder Wiesen – wie eben das Areal, auf dem Oberbillwerder entstehen soll. Insgesamt 34 Nistplätze des gefährdeten Bodenbrüters würden laut Gutachten durch den Bau des Zukunftsstadtteils verloren gehen.
Behörde prüft mögliche Auswirkungen der OVG-Entscheidung
Die müssten also an anderer Stelle ausgeglichen werden: Drei Plätze sollten eigentlich in unmittelbarer Nähe einer Pappelreihe am Billwerder Billdeich, neun weitere auf der Elbinsel Hahnöfersand geschaffen werden. Beide Standorte fallen nun weg, weil zum einen das Fällen und Kappen der Pappeln vom Hamburger Oberverwaltungsgericht untersagt worden ist (wir berichteten) und zum anderen die Elbinsel zu weit entfernt ist. Denn die Feldlerche gilt als ortstreu, weshalb sie sich vermutlich in einem Umkreis von zwei Kilometern einen neuen Brutplatz suchen würde, nicht aber in 20 Kilometer Entfernung, erklärt Dr. Christian Gerbich, Gebietsbetreuer vom Hamburger Naturschutzbund (Nabu) für den Bezirk Bergedorf.
Bevor der Bebauungsplan für Oberbillwerder von der Bergedorfer Bezirksversammlung auf den Weg gebracht werden kann, muss die Bukea nun also nachbessern und mag zu dem Gerichtsentscheid nicht viel sagen. „Die Entscheidung des Hamburger Oberverwaltungsgerichts wird hinsichtlich möglicher Auswirkungen gegenwärtig geprüft. Da diesbezüglich behördenübergreifend Abstimmungen notwendig sind, können zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine Angaben erfolgen“, heißt es auf Nachfrage unserer Zeitung.
Experten meinen: Entscheidung hat Potenzial, den Baustart zu verzögern
Während sich die Behörde also mehr oder weniger in Schweigen hüllt, mutmaßen Experten, dass die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts das Potenzial habe, den Baustart des Mega-Projekts zumindest zu verzögern. Denn eine sogenannte vorgezogene Ausgleichsmaßnahme muss umgesetzt sein, bevor der Baustart erfolgen kann, weiß auch Dr. Christian Gerbich. Wenn also Flächen hergerichtet oder gar angekauft werden müssen, könnte das zeitlich eng werden bis zum Herbst. Zumal die Fällsaison für Bäume am 1. März offiziell beendet ist und erst ab Oktober die Säge wieder zum Einsatz kommen darf.
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Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts sei daher „sehr spannend“ und könne auch relevant für andere Verfahren sein, wie den Bau der A26-Ost, meint Christian Gerbich. Sollte allerdings bei Oberbillwerder letztlich das öffentliche Interesse überwiegen, könne der Naturschutz auch leer ausgehen, warnt der Nabu-Experte.