Bergedorf. Schlechter Zustand des Hasseturms ist schon länger bekannt. Aber es gibt eine Perspektive für das unter Denkmalschutz stehende Gebäude.
Risse im Mauerwerk, bröckelnde Ziegelsteine – und der Farbanstrich blättert von den Fensterrahmen: Der Hasseturm samt Hasse-Haus im Bergedorfer Zentrum sindmarode. Die Feuchtigkeit setzt dem Mauerwerk zu. Eigentümer des denkmalgeschützten Fachwerkhauses ist die Kirchengemeinde St. Petri und Pauli. Die scheint mit den Sanierungsarbeiten aber nicht mehr hinterherzukommen und möchte die Immobile jetzt abgeben. „Im Kirchengemeinderat gibt es die Überlegung, das Hasse-Haus aus dem Eigentum der Gemeinde in andere Hände zu geben“, sagt Pastor Andreas Baldenius.
Um das Jahr 1630 wurde das Gebäude als Organistenhaus der Kirche St. Petri und Pauli erbaut. Zwei Jahrhunderte später folgte im Jahr 1836 dann der Anbau des damals als hochmodern empfundenen Rundturms mit Flachdach. Namensgeber der Bauwerke war der berühmte Komponist Johann Adolf Hasse. Er wurde 1699 in dem Haus geboren. Bis heute ist die Immobile im Besitz der Kirche. Seit zehn Jahren betreibt aber das Bezirksamt im Hasseturm die Bergedorfer Tourist-Information. Und im ersten Stockwerk führt die Hasse-Gesellschaft Bergedorf seit 1991 ihr Archiv mit Werken und Handschriften dieses wichtigsten Komponisten des Spätbarock, bei dem sogar der junge Wolfgang Amadeus Mozart für einige Wochen Schüler war.
Der Zustand des Hasseturms ist schlecht: Sanierungsmaßnahmen werden gefordert
Ein Zimmer im Erdgeschoss dient bislang der Regionalpastorin Angelika Schmidt als Büro. In wenigen Monaten wird sie ihren Arbeitsplatz im Hasseturm allerdings aufgeben. Dann nutze die Kirchengemeinde das historische Hasse-Haus samt Turm gar nicht mehr selbst, argumentiert Pastor Baldenius für den Verkauf. Denn trotzdem belasteten die kostspieligen Instandhaltungsmaßnahmen den knappen Gemeindeetat. Und angesichts des aktuellen Zustandes der Immobile müssten Sanierungsarbeiten zeitnah anlaufen.
Selbst für vorbeigehende Passanten ist der marode Zustand des Gebäudes schnell zu entdecken. Ende Februar reichte deshalb die CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung eine Anfrage zum Turm ein. „Der Hasseturm ist vom äußeren Anschein her in einem erbärmlichen Zustand“, schreiben die Abgeordneten. Sie befürchten, dass das Holz anfängt zu faulen.
Die Antwort des Bezirksamtes folgte am vergangenen Donnerstag, 7. März: Das Amt weiß demnach schon seit November 2020 von den Schäden. Gespräche zwischen Bezirksamt, Kirchengemeinde und Denkmalschutzamt hat es laut Antwort auch bereits gegeben. Ein Gutachten über den tatsächlichen Umfang der Schäden und die Kosten einer Sanierung sei aber noch nicht erstellt worden. Die CDU-Fraktion sieht Handlungsbedarf und drängt in ihrer Anfrage auf eine „dringend notwendige Sanierung“.
Maroder Hasseturm: Kirche will nicht mehr Eigentümer sein
Den Mitgliedern des Gemeinderates von St. Petri und Pauli ist der Zustand des Hasseturms bewusst. Sie wollen das denkmalgeschützte Gebäude ebenfalls erhalten – aber erstmals seit über 100 Jahren aus dem Besitz der Kirche geben. „Eine weitere Nutzung des Hauses, die seiner kulturhistorischen und städtebaulichen Bedeutung gerecht werden, ist für uns besonders wichtig“, sagt Matthias Tiemann zu den Veräußerungsplänen. Er wurde von dem Kirchengemeinderat beauftragt, um sich um den künftigen Verbleib des Hasseturms zu kümmern.
Auch interessant
- Bergedorfs alte Feuerwache ist nicht mehr länger „oben ohne“
- Leberwurst und Co.: Wild-Spezialitäten direkt vom Jäger
- Monkey Island: Neuer Indoorspielplatz mit vielen Attraktionen
Konkret möchten die Mitglieder des Gemeinderates das Gebäude an eine Institution oder einen Eigentümer geben, die sich weiterhin für den Erhalt engagieren, unterstreicht Pastor Baldenius. Ob sich Interessierte für die Immobile finden und was das Hasse-Haus zukünftig beherbergen wird, bleibt erst einmal offen. Indes dürften die Tourist-Information ebenso wie das Hasse-Archiv erst mal Mieter bleiben.
Dass die 400 Jahre alte Immobilie samt fast 200 Jahre altem Turm – immerhin markanter Bestandteil des Bergedorfer Innenstadt-Ensembles mit Kirche, Schloss und Hafen – trotz der Verkaufsabsichten erhalten bleibt, steht für Andreas Baldenius außer Frage. Auch weil es jetzt bis zu 50 Prozent Zuschüsse aus dem Rahmenprogramm integrierte Stadtteilentwicklung (Rise) gibt: „Das Grundstück des Hasse-Hauses ist Teil des Entwicklungsgebiets ‚Bergedorfer Zentrum‘, das unter der Überschrift ,Lebendige Stadtzentren‘ steht.“