Bergedorf. Bauspielplatz und Jugendzentrum mit Dachterrasse: Der Bau wird Millionen kosten. Aktuelle Einrichtungen müssen um Erhalt kämpfen.
Feuchte Keller, undichte Fenster, kaputte Heizungen: Während im Bergedorfer Bezirk nahezu jedes Jugendzentrum und jeder Mädchentreff energetisch saniert werden muss, die Pädagogen zugleich um mehr Kollegen kämpfen oder wenigstens um genügend Geld für Ferienprogramme, scheint sich an anderer Stelle ein Paradies aufzutun: Der künftige Stadtteil Oberbillwerder möge der Jugend viel Freude bereiten.
Spannend ist allein schon die Kostenschätzung für einen Bauspielplatz: Das Projekt samt angeschlossenem Jugendzentrum wird mit 5,094 Millionen Euro angegeben – was angesichts der fernen Umsetzung noch ein bisschen nach Kaffeesatzlesen klingt: „Wir haben uns mit der Sozialbehörde schon abgestimmt und einen letter of intent unterschrieben, also eine Absichtserklärung. Demnach betreibt das Bezirksamt die Planung, während die Behörde die zusätzlichen OKJA-Kosten in Oberbillwerder trägt“, sagt Sabine Steffen. Sie war 2014 im Alter von 55 Jahren als Sozial- und Jugenddezernentin angetreten und ahnt, dass sie das Projekt ihrer Zeit voraus absichern muss: Der Bauspielplatz wird frühestens im Jahr 2030 gebaut, das Jugendzentrum erst 2034.
Oberbillwerder: Bauspielplatz und Jugendzentrum mit Dachterrasse
Zuletzt hatte Fredrik Wolze aus der AG Soziales für Oberbillwerder die Planung vorgestellt: Im terrassenartig abgestuften „Mobilityhub 9“ soll der neue Jugendclub entstehen, in der Nähe von Gymnasium, Stadtteilschule und Aktivitätspark – „jedenfalls nicht in der Wohnbebauung“. Geplant seien ein barrierefreier Zugang im Erdgeschoss, dazu 300 Quadratmeter im ersten Stock sowie eine 400 Quadratmeter große Dachterrasse.
Mit Blick auf die Bevölkerungsprognose für den neuen Stadtteil, der zwischen 2027 und 2042 mit 7000 Wohnungen gebaut werde, sei eine Zielgruppe von rund 2000 Jugendlichen zwischen zwölf und 25 Jahren zu erwarten. „Je nach Haushaltslage“ sollen sie von mindestens zwei fest angestellten Pädagogen betreut werden.
Zweigeschossiges Spielhaus mit 200 Quadratmetern pro Etage
Auch die Lage des künftigen Bauspielplatzes ist schon recht konkret, in der „Experimentierzone“ zwischen Oberbillwerder und Neuallermöhe, „im urbanen Bahnquartier“, so Fredrik Wolze: „Da kann man dann auch mal Krach und Lagerfeuer machen. Der Platz wird westlich an einen öffentlichen Spielplatz angrenzen und östlich an eine Gewerbefläche. Da sind es noch locker 45 Meter bis zum Wohngebiet.“
Die anvisierte Fläche ist 2600 Quadratmeter groß, davon seien 1800 Quadratmeter nutzbar – bei ausreichend Abstand zum Bahndamm und Platz für Rettungswege. Hier also soll ein zweigeschossiges Spielhaus entstehen, mit 200 Quadratmetern pro Etage. Erwartet werden etwa 1000 Sechs- bis 13-Jährige aus Oberbillwerder, dazu 300 aus Neuallermöhe und Bergedorf-West. Sie alle werden auch den Grillplatz, die Bolzfläche und den Chill-Bereich nutzen dürfen.
„Das sind aber alles nur erste Überlegungen, eine Skizze. Noch hat das Bezirksamt das Grundstück nicht gekauft. Wir müssen erst einmal das Gelände und die Finanzierung sichern, das braucht sicher noch zwei Doppelhaushalte“, kündigt Jugenddezernentin Steffen an. Bis dahin wird sie noch hart zu kämpfen haben, um Bergedorfs alte Bestandsgebäude für die Jugendarbeit einigermaßen in Schuss zu halten.
Es sind immerhin sieben Häuser, in denen freie Träger arbeiten (etwa im Clippo und Juzena oder bei der Straßensozialarbeit in Neuallermöhe) und sechs Einrichtungen, die vom Bezirk betrieben werden. Dazu zählen drei Spielhäuser, die Jugendbude an der Lohbrügger Landstraße sowie der neue und damit recht sorgenfreie Jugendclub im Quartier.
Mehr Geld für offene Kinder- und Jugendarbeit erforderlich
Abgesehen von Träumen für Oberbillwerder bleibt sorgenvoller Diskussionsbedarf im Bezirk – wenn auch die jüngste Sitzung des Jugendhilfe-Ausschusses rekordverdächtig nach nur elf Minuten vorbei war. Mitten in den Herbstferien hatten sich online 20 Teilnehmer zusammengefunden, schließlich sollte es diesmal um viel Geld gehen: Knapp drei Millionen Euro dürfen verteilt werden – doch das reicht hinten und vorne nicht. „Es ist ein verdammt enges Korsett“, fasst dann auch Sitzungsleiter Dennis Gladiator (CDU) zusammen.
Und so musste das Gremium flugs abstimmen, damit das Bezirksamt fristgerecht mehr Geld für den Doppelhaushalt 2025/26 beantragen kann: insgesamt 1,059 Millionen Euro mehr für die offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) mit ihren Jugendclubs und den beiden Mädchentreffs. 173.000 Euro mehr braucht die Familienförderung, zu der das Mütterzentrum am Reetwerder ebenso gehört wie die Erziehungsberatung und beiden Kinder- und Familienhilfezentren. Außerdem sollen weitere 37.000 Euro in sozialraumorientierte Angebote fließen wie die F.aktiv-Beratung in Bergedorf-West und das MoBeLan-Projekt im Landgebiet.
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„Es fehlen Personalstellen, eine auskömmliche Finanzierung der Betriebskosten und ausreichend Sach- und Honorarmittel“, lässt das Bezirksamt die Hamburger Sozialbehörde wissen. Das ist aber noch längst nicht alles. Dazu ruft das Amt für Investitionen noch weit höhere Posten auf, weil Bergedorfs Jugendeinrichtungen seit langer Zeit verrotten: Mindestens 12,694 Millionen Euro werden gebraucht, allein 4 Millionen Euro für das (energetisch katastrophale) Pink Haus am Oberen Landweg und 2 Millionen Euro für das Spielhaus am Friedrich-Frank-Bogen. Dazu kommen 1,5 Millionen Euro für das fast 40 Jahre alte Gebäude des Jugendclubs Steinjuz in Neuallermöhe. In allen Fällen, betont das Amt, sei eine Co-Finanzierung mit Rise-Mitteln der Stadtteilentwicklung möglich.