Bergedorf. Mitarbeiter sind völlig überarbeitet: Politik fordert deutlich mehr Geld für Sozialpädagogik im Bezirk Bergedorf. Es gibt Hoffnung.
Inhaltlich gibt es keine zwei Meinungen: Die offene Kinder- und Jugendarbeit im Bezirk Bergedorf braucht mehr Geld. Dieser Satz wird zwar seit Jahren gebetsmühlenartig im Jugendhilfeausschuss wiederholt, diesmal jedoch ist die dringliche Forderung lodernd: Die Rahmenzuweisungen mögen „um wenigstens 50 Prozent erhöht werden“, fordern die Pädagogen und Sozialarbeiter, die etwa in Bergedorfs Jugendclubs arbeiten, bei Sprungbrett, im Haus Warwisch oder in den beiden Mädchentreffs.
Auch die Familienförderung, so ein Antrag der Ausschussmitglieder, müsse deutlich besser finanziert werden. Da sei es nicht damit getan, alljährlich bloß die Tarifsteigerungen im Haushalt aufzufangen, auch „neue Planstellen müssen her“.
Mehr psychische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen
Die Mitarbeiter mögen erschöpft sein, aber noch lange nicht abgestumpft – und setzen sich mit großem Eifer für Bergedorfs Kinder und Jugendliche ein, die immer mehr Hilfen brauchen: Allein durch Corona sei eine krasse Zunahme an psychosozialer Beratung gefragt. Dazu kommen die vielen Geflüchteten, die auch in Unterkünften und Hotels betreut werden. Nicht zuletzt sei Hunger ein großes Thema, denn viele Familien sind knapp bei Kasse angesichts der Inflation und gestiegener Lebensmittelkosten.
Was alles ist noch leistbar? „Fast nebenbei“ müssen die Pädagogen noch veränderte Gesetzesbestimmungen beachten, die etwa die Inklusion und Barrierefreiheit betreffen sowie die demokratische Mitbestimmung. Zusätzliche Anforderungen ergeben sich ebenso aus der Digitalisierung und der „Bettelei“: Weil das Geld nicht reicht, müssen immer wieder Sondertöpfe und Stiftungen angefragt werden, um etwa ein Ferienprogramm auf die Beine stellen zu können.
„Der Status Quo reicht nicht mehr aus“
All diese gestiegene Arbeitsbelastungen erhöhen den Bedarf an Supervision und Fortbildung – doch dafür hat niemand Zeit: Es fehlt allerorts an Personal, zugleich sei der Fachkräftemangel immens. „Der Status Quo an Personal, Öffnungszeiten und Qualität reicht nicht aus für das, was jetzt fachlich notwendig ist. Wir haben eine dramatische Verschlechterung und müssen ein deutliches Signal an die Stadt senden“, pflichtet Cornelia Frieß (Die Linke) den Pädagogen bei. Auch die CDU-Fraktion ist mit im Boot: Man sei „jetzt schon am Limit, und die Neubaugebiete kommen ja noch dazu“, so Janet Külper-Stehr.
Ebenso schließt sich die Koalition den Forderungen an, mag sich jedoch nicht an der Zahl 50 Prozent orientieren, so Petra Petersen-Griem (SPD): „Das ist bei der finanziellen Lage nicht durchsetzbar, aber wir müssen diese wertvolle Arbeit auf bessere Füße stellen.“ Man brauche valide und belastbare Zahlen, „um nicht abgeschmettert zu werden“, ergänzt Heribert Krönker (Grüne). Schließlich einigte man sich im Petitum darauf, dass die Zuweisungen „dauerhaft strukturell deutlich zu erhöhen“ seien und auskömmlich zu gestalten.
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Immerhin konnte der Bezirk bei der Sozialbehörde bereits 160.000 Euro einwerben, um eine Jugendhilfe-Planung auf den Weg zu bringen, die sämtliche Bedarfe aufzeigt. „Zum Jahresbeginn startet ein neuer Mitarbeiter, der zwei Jahre lang all die Argumente erarbeiten wird, die wir brauchen“, kündigt Detlef Trute an, der das Fachamt Sozialraummanagement leitet.