Lohbrügge. Die alte Bleibe muss saniert werden, die neue kostet mehr als 3000 Euro im Monat. Doch das Dilemma ist noch größer.
Wohin mit all den Jungs? Schon seit 2003 betreibt die Arbeiterwohlfahrt den Jungentreff am Billebogen, der wöchentlich von 50 Stammnutzern besucht wird – alle zwischen acht und 14 Jahre alt. Eigentlich treffen sie sich an der Walter-Freitag-Straße 8, doch zu Corona-Zeiten konnten sie in den ehemaligen Edeka am Lohbrügger Markt ausweichen, der mehr Platz bietet, um Abstandsregeln bei der Jugendarbeit einzuhalten. Das ist zwar heute nicht mehr notwendig, doch es gibt kein Zurück: Im alten Treffpunkt muss die Saga/GWG einen Wasserschaden aufwendig beheben. Und das dauert, bis die Awo hier wieder mietfrei einziehen kann:
Das Problem ist ein defektes Heizungsrohr im Fußboden der Wohnung über dem Treff: „Eine Instandsetzung kann nur in unbewohntem Zustand der Wohnung durchgeführt werden. Daher müssen die Mieter temporär oder dauerhaft umquartiert werden“, erklärt Saga-Sprecher Gunnar Gläser die Zeitverzögerung.
Der Awo bereiten unterdessen die Kosten im ehemaligen Edeka große Schwierigkeiten, schilderte Filomena Beraldi nun dem Jugendhilfe-Ausschuss. Die Leiterin des Awo-Bereichs offene Kinder- und Jugendarbeit plagen Geldsorgen, da von der jährlichen Zuwendung über 104.891 Euro nicht nur das Personal zu bezahlen ist: „Im alten Edeka zahlen wir mehr als 3000 Euro bloß für Neben- und Betriebskosten, das halten wir nur noch bis Januar durch.“ Und Verhandlungen seien gescheitert: „Statt den Preis auch nur einen Millimeter zu senken, würde man die Fläche aus steuerlichen Gründen lieber leer stehen lassen, hieß es“, so die Arbeiterwohlfahrt.
Dringend neue Räume als Treffpunkt für Jungs gesucht
Nun wird also dringend nach einem Ersatz gesucht. Eine erste Anfrage im Haus des ehemaligen Bahlsen-Outlets Am Beckerkamp brachte leider keinen Treffer. Das bringt auch weitere Awo-Gäste in Bedrängnis, denn im ehemaligen Edeka treffen sich an drei Tagen zudem 50 junge, geflüchtete Männer zwischen 15 und 25 Jahren. Ihr „Jungentreff Plus“, finanziert aus dem Quartiersfonds, hat überdies seit 2021 noch eine Außenstelle: Etwa 20 Acht- bis 14-Jährige kommen in der Flüchtlingsunterkunft Am Bünt zusammen. Sie alle brauchen eine engmaschige Betreuung, um sich integrieren zu können.
Einerseits geht es also darum, gut 100 männliche Migranten nicht auf der Straße stehenzulassen. Andererseits, so fragten sich die Grünen im Ausschuss, sei eine geschlechtsspezifische Ausrichtung heutzutage vielleicht etwas altmodisch angesichts der Queer-Bewegung, die „seit drei bis vier Jahren einen großen Reichtum an Durchlässigkeit bringt“, so Heribert Krönker.
Homosexuelle haben Angst
Nun, man werde das Konzept wohl überdenken müssen, aber „wir kämpfen jetzt schon darum, dass alle im Haus akzeptiert werden und es ein geschützter Raum bleibt“, erklärt Mitarbeiterin Eike Möller: „Sowohl manche Muslime als auch die christliche Fraktion aus Schwarzafrika ist homophob bis zum Abwinken. Zwar haben sich zwei Afghanen als homosexuell geoutet, aber bei anderen wissen es noch nicht mal die eigenen Familienmitglieder“, so die Sozialarbeiterin. Man arbeite folglich auf einem „wirklich geringen Niveau“ für eine Integration in die deutsche Gesellschaft.
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Sowas braucht Zeit und Verlässlichkeit. „Und deshalb wünschen wir uns nicht nur für den langjährigen Jungentreff, sondern auch für die beiden Teilprojekte eine regelhafte Zuwendungsfinanzierung“, so Filomena Beraldi, die damit besser „nachhaltig planen und vorhalten“ könne.