Lohbrügge. Bergedorfer Pädagogen kritisieren, dass der Bund das Budget eindampfen will. Warum sie jetzt besonders viel Arbeit haben.
Klara stempelt ihren Namen über ein Mandalabild, die 16-jährige Chayenne freut sich auf das Volleyballspiel mit ihren Freundinnen und der Sam (11) fordert seinen Kumpel bei „Vier gewinnt“ heraus: Bunt, laut, lustig ging es zu. Natürlich sollten die Kinder und Jugendlichen im Vordergrund stehen und reichlich Spaß haben am Weltkindertag. Deshalb hatten sich sechs Bergedorfer Jugendeinrichtungen abgesprochen und ihre Angebote am Mittwoch, 20. September, von 16 bis 20 Uhr einfach mal nach draußen verlegt: Sichtbar für alle auf dem Lohbrügger Markt.
Unter dem Motto „Jedes Kind braucht eine Zukunft!“ fordern Unicef Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk ein stärkeres politisches Engagement für eine bessere und gerechtere Zukunft junger Menschen. Mit den offenen Jugendtreffs im Bezirk Bergedorf bleiben sie mit ihren Ideen und Träumen, mit ihren Fähigkeiten und auch ihren Sorgen nicht allein.
JugendarbeitBergedorf kritisiert geplante Kürzungen des Budgets
Aber können die Betreuer auch künftig noch gut arbeiten? „Der Kabinettsentwurf zum Bundeshaushalt 2024 sieht Kürzungen in Höhe von 44,6 Millionen Euro für den Kinder- und Jugendplan des Bundes vor, das ist ein Minus von 18,6 Prozent“, wundert sich Stefan Baumann aus dem Clippo Lohbrügge, das täglich bis zu 50 Besucher zählt. „Angeblich gab es wegen der Corona-Pandemie und der Energiekrise so viele Mehrausgaben, dass jetzt bei der Jugend gespart werden muss“, ärgert sich der Sozialarbeiter über die Planungen, das Budget einzudampfen. „Aber wir werden nicht leise!“, verspricht er.
„Das ist nicht hinnehmbar“, kritisiert auch Eike Möller vom Lohbrügger Jungentreff Plus ebenso wie Vertreter des Awo-Jungentreffs, des Lohbrügger Mädchentreffs der Dollen Deerns, des Jugendzentrums KAP und des mobilen Mokija (ehemals Mobilo), des Kinderkulturhauses Lohbrügge (Kiku), des Lola-Kulturzentrums und des Clippo in Boberg, das in diesen Tagen abgerissen werden soll.
Lebenswelt außerhalb von Schule und Elternhaus
Die offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) biete Kindern und Jugendlichen eine Lern- und Erfahrungswelt, die sie sonst nicht finden: Offene, gestaltbare Räume, die neben Schule und Elternhaus eine wichtige Anlaufstelle sind für eine aktive Freizeitgestaltung. Und so „ganz nebenbei“ lernen sie hier unter Gleichaltrigen Vertrauen, Stärke und Solidarität zu erleben, Konflikte gewaltfrei zu lösen, dazu Mitgefühl zu erkennen und zu verstehen.
„Junge Menschen brauchen die volle Aufmerksamkeit der Politik“, fordern etwa Sandra Landgraf und Ugur Karakas, die wöchentlich bis zu 120 Jugendliche im Juz am Kurt-Adams-Platz begrüßen – und täglich erfahren, wie sehr Bergedorfs Kinder und Jugendliche unter der Pandemie gelitten haben, heute zudem vom Ukraine-Krieg und die Wirtschafts- und Energiekrise verunsichert sind. Die Pädagogen warnen: Der Alkohol- und Drogenkonsum sei gestiegen, auch der unkontrollierte und grenzenlose Medienkonsum. „Dazu gibt es fragwürdige Vorbilder auch und gerade durch die sozialen Medien und der vermehrte Umgang mit Gewaltvideos“, erzählt Stefan Baumann, der zunehmend Jugendliche mit Essstörungen trifft und „mit psychischen Problemen, die sich in selbstverletzendem Verhalten oder Suizidgedanken äußern“.
Weitere Aktionen und Kampagnen sind geplant
Damit die Rahmenzuweisungen im Haushalt erhöht werden, ist für November die bundesweite Kampagne „Tag der offenen Kinder- und Jugendarbeit“ geplant, mit weiteren öffentliche Aktionen, um mit Politik und Gesellschaft ins Gespräch zu kommen. In Bergedorf sollen es Podiumsdiskussionen mit Lokalpolitikern sein.
- Ehrenamt gesucht? Freiwilligen-Agentur Bergedorf vermittelt
- Abenteuer pur: Pfadfinder rüsten sich für Chile-Reise
- Grundschule Sander Damm: Eigentümer stellt Stadt Ultimatum
Übrigens wollen auch die Kitas und Jugendtreffs im Landgebiet noch den Weltkindertag feiern. Sie treffen sich am Mittwoch, 18. Oktober, zwischen 10 und 15.30 Uhr an der Grundschule Zollenspieker.