Hamburg. Im Zukunftsprojekt „Innenstadt Bergedorf 2035“ entwickelt die Steg Hamburg überraschende Ideen. Auch der Reetwerder soll sich ändern.
Ausgerechnet einen riesigen Parkplatz will Stadtplanerin Andrea Soyka zu „Lohbrügges neuem Lieblingsort“ machen. So nennt die Expertin der Steg Hamburg den Sander Markt, den bisher täglich Hunderte dicht an dicht abgestellte Pkw zum Hinterhof der Fußgängerzone Alte Holstenstraße machen.
Welches Potenzial diese Fläche für die Lohbrügger hätte, machte Andrea Soyka am Dienstag in einer Sondersitzung des Stadtentwicklungsausschusses den erstaunten Bezirkspolitikern deutlich. Der Sander Markt avancierte dabei zum Star des Zukunftsprojekts „Innenstadt Bergedorf 2035“, das sie dem Gremium der Bezirksversammlung zusammen mit ihrem Kollegen Jan Krimson nach zweijähriger Vorbereitung präsentierte.
Sander Markt wird zum Lieblingsort mit Kletterwand an neuem Parkhaus
Konkret würde Soyka auf der gut 200 Meter langen und 50 Meter breiten Fläche, die sich als Halbrund bis zum östlichen Ludwig-Rosenberg-Ring erstreckt, gern verschiedene begrünte Treffpunkte und eine kreative Bebauung platzieren. Dazu gehört auf Höhe der Einmündung vom Harders Kamps, der die Verbindung zur Fußgängerzone ist, ein Mobility-Hub. Dieses moderne Parkhaus bietet mit 35 Metern Höhe sogar mehr Parkplätze als der Sander Markt heute – und gleichzeitig viel Platz für Geschäfte, Werkstätten oder Treffs in seinem autofreien Erdgeschoss.
Die Fassade nach Süden würde Andrea Soyka gern als riesige Kletterwand gestalten. Denn hier schließt sich in ihren Plänen künftig eine Grünanlage an, die Treffpunkt für alle Lohbrügger werden könnte: „Das Gefälle des Geländes könnte drei Teile entstehen lassen, die jeweils mit Versprüngen von rund eineinhalb bis zwei Metern getrennt wären“, sagt Soyka, die nördlich vom Mobility-Hub zudem Platz für ein neues Wohn- und Geschäftshaus sieht.
„Noch viele versteckte oder verdeckte Orte zwischen Mohnhof und Lohbrügger Markt“
Mit diesem Projekt, das bisher noch ein Planspiel der Experten der Steg ist, warben sie im Stadtentwicklungsausschuss für die Bereitschaft, die Bergedorf/Lohbrügger City für die Zukunft weiterzudenken: „Es gibt zwischen Mohnhof und Lohbrügger Markt eine ganze Reihe versteckter oder durch andere Nutzungen verdeckter Orte, die riesiges Potenzial haben“, so Andrea Soyka.
Das Konzept „Innenstadt Bergedorf 2035“ gibt dafür generelle Leitlinien vor und blickt auf insgesamt vier „Lupenräume“ wie den Sander Markt, für die konkrete Handlungsoptionen aufgezeigt werden. Die übergeordneten Vorgaben sollen dafür sorgen, dass die kleinstädtische Identität im Bergedorfer Kern erhalten bleibt, gleichzeitig aber Neues im Bereich Wohnen, Begegnung und Mobilität erprobt wird – und dass konkrete Örtlichkeiten fit für die Zukunft gemacht werden. Etwa indem mancher Platz für Fußgänger zurückerobert wird.
Reetwerder: Weniger parkende Autos für mehr Charme
Das gilt unter anderem für die malerische Gründerzeitstraße Reetwerder. Von der Alten Holstenstraße gleich neben der Bahnbrücke abzweigend, gibt es hier traditionell schon eine einzigartige Nutzung der kleinen Läden durch alternative Geschäftsideen, Gastronomie oder Institutionen wie das Kultur- & Geschichtskontor. Allerdings kann sich dieser Charme wegen etlicher parkender Autos nur bedingt entwickeln. „Es braucht mehr Menschen auf der Straße, etwa in Cafés, kleinen Grünbereichen oder an Spielgeräten für Kinder“, sagt Andrea Soyka.
Ein weiterer Fokusraum der Untersuchung ist die rückwärtige Seite der Fußgängerzone Sachsentor zwischen dem bereits abgerissenen ehemaligen Karstadt-Haus am Bergedorfer Markt, der Straße Hinterm Graben und der ersten Stichstraße zurück zur Fußgängerzone. Hier würden die Stadtentwickler gern die Hinterhöfe für die Öffentlichkeit erobern, den alten Speicher der Weinhandlung von Have zur Gastronomie umwandeln und gleich nebenan einen Quartiersplatz schaffen. „Das wäre dann auf der Straße Hinterm Graben, die dafür breite Fußwege und neues Grün bekommt und nur noch als Einbahnstraße zu befahren wäre“, sagt Andrea Soyka.
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Wann und ob das alles in dieser Form tatsächlich umgesetzt wird, ist noch offen. „Es geht darum, eine strategische und vor allem umsetzungsorientierte Strategie für die kommenden Jahre bis 2035 zu formulieren“, sagt Bergedorfs Stadtplanungschef Oliver Panz, der so allen laufenden und künftigen Projekten den Schliff einer zukunftsfähigen Bergedorfer Innenstadt geben will. Für die Umsetzung wäre viel Geld vorhanden: Bis Ende 2029 ist die gesamte City Fördergebiet des Bundesprogramms der Regionalen integrierten Stadtentwicklung (Rise) im Segment „Lebendiges Zentrum“.