Bergedorf. Welche Herausforderungen gab es während der Pandemie? Um diese und weitere Fragen geht es in einer HAW-Studie. 15 Empfehlungen.

Der Schutz vor Gewalt in den Familien und ein warmes Essen wird häufig als besonders wichtig für die jungen Menschen genannt. Doch die Jugendclubs und Mädchentreffs waren während des Lockdowns komplett dicht oder konnten nur in kleinen Gruppen besucht werden. Die Erzieher versuchten, per Whatsapp oder Instagram Kontakt zu halten – was indes nicht gerade der Datenschutzrichtlinie entspricht. Außerdem mussten sie ständig die Rolle wechseln: Einerseits kontrollierende Regelhüter sein, andererseits eine vertrauensvolle und partnerschaftliche Beziehung schaffen – das geht nicht gut zusammen.

HAW-Studie: 15 Handlungsempfehlungen erarbeitet

Dies und weitere Sorgen wie die fehlende Anerkennung ihrer Arbeit vertrauten die Fachkräfte bei fünf Erhebungen seit Mai 2020 der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) an: Welche weiteren Herausforderungen traten in der Corona-Zeit auf und wie könnten sie künftig in der offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) bewerkstelligt werden? An den Interviews, Fragebögen und Fachdiskussionen beteiligten sich 97 Hamburger OKJA-Einrichtungen.

„Das ist für eine Studie eine beachtliche Quote von 41,5 Prozent“, freut sich Prof. Dr. Gunda Voigts, die gemeinsam mit Thurid Blohm aus den empirischen Ergebnissen insgesamt 15 Handlungsempfehlungen ableitet, die jetzt auch dem Bergedorfer Jugendhilfe-Ausschuss vorgetragen wurden.

„Die OKJA ist kein Lückenfüller für das Schulsystem“

„Corona hat der offenen Jugendarbeit arg zugesetzt. Bis heute wird die OKJA noch oft als Dienstleistungs- und Reparaturbetrieb missbraucht“, warnt Studienleiterin Dr. Gunda Voigts – und bezieht sich etwa auf die Schulen: Sorgen etwa mit den Hausaufgaben im Homeoffice seien sehr häufig in die Jugendeinrichtungen getragen worden. „Damit aber, so sagten es 86 Prozent der Befragten, ist dies kein offener Raum mehr, in dem sich die Jugendlichen frei entfalten, ihre Freizeit selbst einteilen können“, so Voigts: „Die OKJA ist nicht der Lückenfüller für das in der Pandemie ebenfalls überlastete Schulsystem, kein Dienstleister für Nachhilfeleistungen.“

Die OKJA wird bis heute noch oft als Dienstleistungs- und Reparaturbetrieb missbraucht“, warnt Studienleiterin Dr. Gunda Voigts – und bezieht sich etwa auf die Schulen: Sorgen etwa mit den Hausaufgaben im Homeoffice seien sehr häufig in die Jugendeinrichtungen getragen worden. „Damit aber, so sagten es 86 Prozent der Befragten, ist dies kein offener Raum mehr, in dem sich die Jugendlichen frei entfalten, ihre Freizeit selbst einteilen können“, so Voigts: „Die OKJA ist nicht der Lückenfüller für das in der Pandemie ebenfalls überlastete Schulsystem, kein Dienstleister für Nachhilfeleistungen.“

Andere Aufgaben als die Jugendsozialarbeit

Eine ähnlich „verstärkte Entgrenzung“ habe sich bei der Jugendsozialarbeit gezeigt: Ihre Aufgabe ist es, Hilfe bei sozialen Benachteiligungen zu bieten, zu Ämtern zu begleiten oder bei der Eingliederung in die Arbeitswelt: Nicht selten aber hätten dies die Mitarbeiter der Jugendeinrichtungen übernommen – ohne finanzielle oder personelle Aufstockungen. „Beides ist wichtig und muss ohne Einsparungen gesichert werden“, fordern die HAW-Forscher aus dem Department Soziale Arbeit.

Mitbestimmung in der Pandemie schwierig

Ein weiterer Punkt betrifft die verloren gegangene Partizipation, denn Jugendliche lieben es sehr, in kleinen demokratischen Prozessen zu lernen und im Hausrat etwa mitentscheiden zu dürfen, wohin der nächste Ausflug führt. Fehlende Planungssicherheit und die eingeschränkte Spontanität in der Pandemie hätten dieser Entwicklung arg zugesetzt.

Damit sich Bergedorfs Kinder und Jugendliche ernst genommen fühlen, mögen die neu angebotenen Sprechstunden der Bezirksamtsleiterin helfen, doch ein richtiges Jugendparlament gibt es im Bezirk noch immer nicht. „Das darf keine schöne Spieleinheit mit Scheinbeteiligung sein. Ein Jugendparlament braucht ein Antragsrecht und echte Handlungsspielräume“, betont Dr. Voigts, die ihre Empfehlungen nun auch dem Landes-Jugendhilfe-Ausschuss vorlegt, der sich mit den Bedarfen, Bedürfnissen und Belastungen junger Menschen beschäftigt – und nach Handlungsempfehlung der HAW bitte auch jene mehr berücksichtigen möge, die behindert sind. stri