Bergedorf. Christdemokraten bemängeln schlechte Informationspolitik im Bezirk Bergedorf – und vermuten dafür ideologische Gründe.

Eigentlich machen die Asphaltier auf der seit Wochen teils gesperrten Bergedorfer Straße zwischen Körberhaus und Lohbrügges HEM-Tankstellen einen ausgezeichneten Job: Die Arbeiten können nun sogar „schneller beendet werden als gedacht“, kündigt die Verkehrspolizei jetzt den Abschluss der stauträchtigen Baustelle für Freitag, 2. Juni, um 17 Uhr an. Doch davon ahnen weder die Autofahrer etwas, noch die Anlieger wie Tankstellen oder Autohäuser: Kein Schild und auch kein Infoschreiben bringt sie auf den aktuellen Stand.

Die Großbaustelle auf der Bergedorfer Straße ist dabei kein Einzelfall. Deshalb hat das Thema jetzt die Politik erreicht: Per Antrag in der Bezirksversammlung fordert die CDU, alle betroffenen Bürger besser zu informieren – und auch im Vorfeld der Maßnahmen schon verlässlich an den Planungen zu beteiligen: „Das zu unterlassen spricht nach meiner Ansicht gegen jede fachliche Vernunft“, sagt CDU-Verkehrsexperte Jörg Froh.

CDU kritisiert: Bürgerbeteiligung vor Straßenbau unerwünscht

Die Christdemokraten monieren, dass heute viele Bürger im Verlauf solcher Projekte oder auch erst nach deren Beendigung regelmäßig mit grundlegender Kritik bei den Lokalpolitikern aufschlagen. „Das sind vielfach berechtigte Einwände, die dann aber nicht mehr berücksichtigt werden können“, sagt Froh, der sich auch mehr Informationen am Fahrbahnrand zur exakten Dauer der jeweiligen Behinderung wünscht, um eine bessere Akzeptanz zu erreichen.

Aus Sicht der CDU schwingt bei aktuellen Umbauten wie etwa dem gerade entstehenden Nettelnburger Kreisel oder dem für Juli anvisierten Rückbau des Binnenfeldredders vor dem Lohbrügger Schulzentrum zu einer Art Fahrradstraße eine gehörige Portion Ideologie mit. Und die wolle vielleicht gar keine Beteiligung der Bürger. „Die Planungen wurden nur in den politischen Fachausschüssen beraten und dann überwiegend von der Bergedorfer Koalition aus SPD, Grünen und FDP beschlossen. Das hat vor deren Gründung Anfang 2020 schon einmal besser funktioniert“, argumentierte Froh in der jüngsten Bezirksversammlung.

Grüne: „Zweck von Verkehrsflächen ist Mobilität – nichts das Anwohner-Interesse“

Grünen-Fraktionschefin Lenka Brodbeck hält dagegen: „Eine Bürgerbeteiligung kann in diesen Fällen kein demokratisch legitimiertes Verfahren ersetzen.“ Zudem sei „der primäre Zweck von Verkehrsflächen, Mobilität zu ermöglichen, die Menschen von A nach B bringt“. Dazu gehörten weder Flächen für geparkte Autos noch die Berücksichtigung der Qualität von Vorgärten.

„Bei der Gestaltung des Straßenraums sind nicht nur die Interessen der Anwohner berührt, sondern vor allem die Belange der Menschen, die diese Straße aktuell oder zukünftig als Verkehrsweg nutzen“, betont Brodbeck. „Dem müsste ein Beteiligungsverfahren Rechnung tragen.“

Ob es eine Novelle des aktuellen Vorgehens geben und wie die aussehen könnte, wollen Bergedorfs Politiker nun im Verkehrsausschuss der Bezirksversammlung diskutieren, zusammen mit Fachleuten von Polizei und Verwaltung. Robert Gruber von den Linken wünscht sich dabei auch das Einbeziehen der Radfahrer-Lobby vom ADFC. Die nächste öffentliche Sitzung des Verkehrsausschusses ist am Montag, 12. Juni, um 18 Uhr im Bergedorfer Rathaus, Wentorfer Straße 38.

Dort dürfte das Thema angesichts des nächsten Straßenbauprojekts eine besondere Brisanz gewinnen: Für August ist der Start des Umbaus des Oberen Landwegs unter der Eisenbahnbrücke geplant. Weil sich dort künftig auch der Radschnellweg zwischen Hamburg und Geesthachts durchzwängt, müssen die Autofahrer zwei ihrer derzeit noch vier Spuren abgeben. Ob das den Politikern selbst einvernehmlich gelingen wird, bleibt abzuwarten. Eine Bürgerbeteiligung ist bisher nicht vorgesehen.