Hamburg. Tierarztrechnungen und Futterpreise steigen, Spendenbereitschaft fehlt: Wie Bürger den Looki-Tierschützern helfen können.
Nein zu sagen, das steht nicht unbedingt in der DNA von Vanessa Haloui, wenn es um Wildtiere geht. So überrascht es nicht, dass die Vorsitzende des Bergedorfer Tierschutzvereins Looki zuletzt von einer befreundeten Jägerin einen Babyfuchs in die Wildtierstation am Pollhof aufnahm – trotz Aufnahmestopp von privat. Denn die Lookisten plagen gegenwärtig große Finanzsorgen und Existenzängste. Vanessa Haloui: „Ich werde versuchen, Looki so lange wie möglich am Leben zu erhalten.“
Da sind zum einen davongaloppierende laufende Kosten, zum anderen derzeit fast keine Spendeneinnahmen. Wenn Looki nicht so gut und seit nunmehr zwölf Jahren mit der Veterinärin Dr. Mirja Kneidl-Fenske zusammenarbeiten würde, hätte es diesen Kredit gewiss nicht gegeben: Zurzeit belaufen sich die Verbindlichkeiten mit der Praxis aus der Osterrade 36 a auf 1200 Euro. Insgesamt, weil Looki auch noch andere Tierärzte benötigt, belaufen sich die Außenstände bei allen Praxen auf 2200 Euro. Denn unterschiedliche Wildtierarten benötigen unterschiedliche Spezialisten.
Looki-Tierschützer leiden unter den steigenden Preisen für Futter und Behandlung
Ein paar Beispiele für die Kostenexplosion bei Tierärzten: Für die Behandlung von Schnittverletzungen bei einem Igel werden mittlerweile 200 statt 80 Euro fällig. Da der Igel Wappen- und Symboltier des Vereins ist, erstaunt es nicht, dass darauf immer noch das Hauptaugenmerk bei Looki liegt. Für die halbjährliche Klauenpflege bei Schafen und Ziegen muss mittlerweile pro Tier 140 statt wie zuvor 60 Euro gezahlt werden. Auch bei Medikamenten schlägt der Preishammer zu: So kostet das Läusespray Nyda, um Igel zu behandeln, nicht mehr 6, sondern nunmehr 12 Euro pro Flasche.
Auch das Tierfutter hat preislich zugelegt. „Trotz vieler Gönner und unserer Verbindungen mussten wir auch stets Futter hinzukaufen. Im Moment allerdings könnten wir unsere Tiere nicht einen Monat lang durchgängig füttern, wenn nicht Mitglieder privat etwas dazugeben würden“, beschreibt Vanessa Haloui einen täglichen Kostenpunkt. Stroh und Heu werden massenweise von der Reitbrooker Mühle herangeschafft und vertilgt – der Ballen kostet nun nicht mehr 4,90 Euro, sondern aktuell 7,20 Euro.
Über Weihnachten blieb Spendenbereitschaft fast komplett weg
Den Bewohnern der „Stadt der Tiere“ soll es dennoch an nichts fehlen. Aktuell sind dort neben 190 Igeln 78 Tauben, 49 Hühner, 8 Schafe, 7 Wachteln, je 6 Laufenten und Waschbären, vier Eichhörnchen sowie 2 Fasane und Ziegen und eben jener Baby-Fuchs einquartiert. Dass zwischenzeitlich bis zu 500 Wildtiere hier leben, erfordert einen gewissen Finanzetat, wie das Jahr 2021 ausweist: Ungefähr 150.000 Euro hatten die Lookisten damals zu stemmen, davon 48.000 Euro Tierarztkosten, 7200 Euro für Futter, fast 10.000 Euro für die jährliche Pacht plus Versicherungen. Für 2023 wird diese Euro-Bilanz spürbar anwachsen.
Erschwerend kommt hinzu, dass momentan die Spendenbereitschaft, die sonst den im Jahre 2011 gegründeten Verein befeuert, extrem gering ist. Das sei auch schon rund um Weihnachten so gewesen. Normalerweise eine Zeit, in der Looki viele Sach- und Geldspenden erhalte: „Man merkt, dass die Leute kein Geld haben“, stellt Vanessa Haloui dazu fest. Zur Wahrheit gehört dabei auch, dass nicht nur Haloui eigenes Geld in die Station investierte, sondern auch andere Mitglieder finanziell eingestiegen sind. Das halte den Betrieb über Wasser – zumindest zeitweilig: „Wir hangeln uns von Tag zu Tag, denn wir sind ja auch alle ausnahmslos Ehrenämtler.“
Warum Vanessa Haloui jetzt auf große Community baut
In der Vergangenheit zeigte sich die gelernte Speditionskauffrau einfallsreich, was Geldaquise und somit die Realisierung von verschiedensten Vorhaben in der Station anging. So etwa wurden zuletzt ein Tiny House als Winterquartier für Tiere und eine Aufsicht durch Tronc-Mittel (22.859 Euro) finanziert, konnte der Verein durch einen Gewinn bei der Deutschen Postcodelotterie über 20.000 Euro ein Tierrettungsmobil mitfinanzieren, halfen auch mal mehr als zwei Dutzende Hauni-Azubis mehrere Tage mit, um ein Riesengewächshaus zu errichten. Für den Tagesbedarf liegt der Fall aber anders: „Wir können nichts für laufende Kosten wie Futter und Tierärzte beantragen, sondern nur für Projekte“, erklärt die 40-Jährige.
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Haloui hat eine Rettungsstrategie: Wenn nur 500 Bergedorfer jeden Monat einen Euro als Dauerauftrag für Looki entrichten würden, wäre der tierischen Sache am Pollhof schon enorm geholfen. Immerhin haben Bergedorfs Tierschützer bei Facebook etwa 40.000 Follower, was Haloui und ihre Mitstreiter optimistisch stimmt, dass der Aufruf funktionieren kann. „Eine Regelmäßigkeit der Spende würde momentan extrem helfen“, sagt die Bergedorferin. Wer helfen möchte, nutzt das Looki Spendenkonto bei der Hamburger Sparkasse, IBAN: DE 102 005 055 010 852 139 30 oder den Paypal-Button auf wildtierstation-bergedorf.de.
Flohmarkt am Pfingstmontag zugunsten der Tiere
Am Pfingstmontag, 29. Mai, soll auch ein Flohmarkt Gelder einbringen. Dort sollen ausdrücklich nicht nur Looki-Mitglieder ihren Krimskrams loswerden dürfen. Sämtliche Einnahmen gehen an Looki, um die Not zu lindern. Wer sich noch einen Standplatz sichern möchte, meldet sich schnell unter looki.tierrettung@googlemail.com an. Verkauft wird von 11 bis 16 Uhr, außerdem gibt es Kaffee und Kuchen.
Eines ist auch klar: Neben der Auswilderung mancher Tiere besteht laut Vanessa Haloui ansonsten kein Spielraum, weitere „Lieblinge“ abzugeben. Zum Teil ist die emotionale Bindung zu hoch („Meine Kamerun-Schafe werde ich nicht abgeben, das sind doch meine Babys“), zum anderen würde niemand beispielsweise invasive Arten wie Waschbären aufnehmen. Und als „Schlachtvieh“ möchte Vanessa Haloui keines ihrer Tiere loswerden: „Wir wollen hier auch nicht weg. Alles hier auf dieser Station ist hart erarbeitet und aufgebaut worden.“