Bergedorf/Geesthacht. Klimaflexible Arten sollen im Schutz alter Bäume aufwachsen, um dem Klimawandel zu trotzen. Der Revierförster hat dennoch große Sorgen.

Es wird viel geredet über den klimafreundlichen Umbau von Häusern. Doch der Umbau der Wälder hin zu klimaresistenteren Arten ist mindestens genauso akut – und wird derzeit in den Bergedorfer Forsten vorangetrieben. Das Team um Revierförster Tim Laumanns versucht seit 2022 auf einer kleineren Fläche einen „neuen“ Wald zu etablieren. Junge, resistentere Bäume sollen dort unter dem Schutz der alten heranwachsen. Erstmals hat Hamburg dafür Mittel gegeben. Umgesetzt wird dies im ebenfalls zu Hamburgs Wäldern gehörendenHasenthal beim Rückhaltebecken Geesthacht.

Was dort auf 0,9 Hektar Fläche geschieht, erklärte jetzt Revierförster Tim Laumann dem Bergedorfer Umweltausschuss. Und verknüpfte dies mit einem dramatischen Appell. Denn eigentlich, so Laumanns, müsste Hamburg viel mehr Geld in die Hand nehmen, um in geeigneten Wäldern solche Umbauten hin zu klimaresistenteren Arten vorzunehmen. Der Klimawandel drohe, die Wälder zu überrollen, sagt er, doch: „Es gibt regulär keine Mittel für den Waldumbau.“ Geld bekommt derzeit nur, „wer in der Behörde fragt und hartnäckig bleibt“.

Klimawandel: Mit klimaflexiblen Arten sollen Bergedorfs Wälder gerettet werden

Dabei ist die Aufgabe gigantisch. Denn viele Baumarten in den hiesigen Wäldern können dem Klimawandel langfristig nicht standhalten. Vor allem dort, wo wie in Geesthacht auf abgeholzten Flächen in der Nachkriegszeit die vermeintlich widerstandsfähigen Kiefern und Fichten gepflanzt wurden, ist nun die Not groß. Die Kiefern, das zeigt sich heute, verzeihen schon einen einzigen heißen Sommer nicht und sterben „unvermittelt ab“, so Laumanns. Auch andere Arten wie die Birken reagieren empfindlich auf das zunehmend trockenere und heißere Klima in Norddeutschland. „Auch sie schwächelt nicht, sondern stirbt einfach unvermittelt ab.“

Versucht wird nun, neuen Bäumen einen geschützten Raum zum Aufwachsen zu geben. „Wir etablieren einen klimaflexiblen Wald unter dem Schutz des alten Waldes – und zwar bevor dieser durch den Klimawandel ausfällt“, so Laumanns über den „proaktiven“ Versuch der Bergedorfer. Denn wenn die alten Bäume erst abgestorben sind, ist es oft zu spät: Auf wüsten Flächen gedeiht so schnell nichts.

Flexible Arten wie Esskastanie, Kirsche oder Hainbuche sollen die Zukunft sein

Um einen funktionierenden neuen Wald zu schaffen, werden klimaflexible Arten wie Esskastanie, Kirsche oder Hainbuche gepflanzt. Doch die Auswahl neuer Baumsorten ist gar nicht mal so einfach. Denn beispielsweise das Saatgut einer hitzegewöhnten Buche aus dem Mittelmeerraum einfach nach Norddeutschland zu verpflanzen, kann schrecklich schief gehen. „Die verträgt dann zwar Trockenheit, aber keinen späten Frost im Frühjahr“, nannte Laumanns eines der Probleme. Und solche Tests verbieten sich in der derzeitigen Lage auch – denn wenn das Experiment in 30 oder 50 Jahren scheitern sollte, fallen ganze Wälder aus.

Der Waldumbau in Geesthacht soll aber gelingen und wird deshalb mit Sorgfalt begleitet: Das Gebiet um die jungen Pflanzen ist zunächst umzäunt, um sie beispielsweise vor Wild zu schützen. Die alten Bäume wurden etwas gelichtet, damit genug Licht nach unten dringt. Zudem werden die jungen Bäumchen gut gepflegt, damit sich nicht etwa ein wuchernder Brombeerstrauch über sie legt. Das Ziel ist, dass dieser junge Wald später zu einer „Saatgutinsel“ wird. Von diesen Inseln aus kann der neue Wald wachsen, wenn die alten Bäume sterben. Solche Saatgutinseln bräuchte es deshalb noch viel mehr und an weiteren Standorten, meint Laumanns. Doch die Kosten sind immens: Allein 30.000 Euro kostet der Umbau auf der kleinen Fläche in Geesthacht.

Im Bergedorfer Gehölz ist der Umbau deutlich schwieriger

Und nicht alle Wälder eignen sich. Das mehr als 500 Jahre alte Bergedorfer Gehölz etwa hat laut Tim Laumanns eine ganz andere Struktur. Hier stehen vorwiegend alte und mächtige Buchen, die zu viel Schatten für junge Bäumchen werfen. „Die Buche duldet unter sich nichts“, so der Förster. Die Bäume säen sich allerdings selber aus. Doch ob sich die jungen Buchen bereits genetisch den neuen Klimabedingungen angepasst haben, ist wissenschaftlich umstritten. Deshalb werden auch im Bergedorfer Gehölz auf kleineren kahlen Flächen, die etwa durch Stürme entstanden sind, klimaflexible Bäumchen gesetzt.

Der Revierförster zeichnete ein dramatisches Bild der Situation. „Wenn Sie durchs Bergedorfer Gehölz wandern, werden Sie ihn wahrscheinlich als einen wunderschönen Altwaldstandort wahrnehmen, der grün ist, in dem die Vögel zwitschern und der richtig gut aussieht“, so Laumanns. Doch das Bild trüge: „Das ist so nicht.“ Wie im deutschen Süden, wo die Buche bereits hektarweise ausfalle, werde sie auch in Bergedorf noch „Schwierigkeiten machen“. Genauso sei es mit der Erle, der Esche und anderen Arten. Auch wenn manche Probleme vielleicht erst in 50 Jahren akut werden. „Für den Wald ist dieser Zeitraum nur ein Fingerschnippen.“