Hamburg. Tumultartige Szenen bei Auftritt des Bürgermeisters in Lohbrügge: Ein Mann stürmt auf die Bühne. Personenschützer greifen ein.
- Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher spricht in Bergedorf
- Dabei geht der SPD-Politiker auch die „Letzte Generation“ an
- Es kommt zu Zwischenrufen von Klimaaktivisten sowie Reichsbürgern
- Ein Mann betritt die Bühne und geht wild gestikulierend auf Tschentscher zu
- Personenschützer greifen ein, die Polizei nimmt den Mann fest
Sollte Bürgermeister Peter Tschentscher das Ziel eines Angriffs werden? Ein paar Minuten früher als geplant ist der Auftritt von Hamburgs Regierungschef am Montagabend im Saal des Lola Kulturzentrums abgebrochen worden. Vor mehr als 200 Gästen wurde der Vortrag des 57-jährigen SPD-Politikers mehrfach von Zwischenrufen von Klimaaktivisten und mutmaßlichen Reichsbürgern gestört.
Gegen Ende tauchte dann plötzlich ein älterer Mann auf der Bühne zwischen Tschentscher und der hochschwangeren Moderatorin Katja Kramer (Bergedorfer SPD-Fraktionsvorsitzende) auf. Der 69-Jährige sei sehr aufgebracht gewesen und plötzlich auf die Bühne gekommen. Er sei wild gestikulierend auf den Bürgermeister zugegangen, sagte eine Polizeisprecherin am Dienstag.
Letzte Generation: Mann will auf Tschentscher losgehen
Einer mehrfachen Aufforderung, die Bühne wieder zu verlassen, folgte der Mann nicht, der nach eigenen Angaben 25 Jahre in der Psychiatrie beschäftigt war. Personenschützer schoben den 69-Jährigen rigoros von der Bühne. Polizisten nahmen ihn fest. Dabei habe er sich gewehrt und getreten. Zu weiteren Tumulten kam es auch im Vorraum, als sich die Ehefrau des Festgenommenen einmischte. Die Polizei leitete gegen den 69-Jährigen Ermittlungen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ein.
Zuvor hatte Tschentscher bei seinem dritten Auftritt der Reihe „Peter Tschentscher live“ ausgiebig über die politischen Erfolge des Hamburger Senats seit dem Jahr 2011 referiert, gesondert unter anderem die Themen Stadtentwicklung, Wohnungsbau, Radwegebau, Hamburg-Takt bei öffentlichen Verkehrsmitteln bis hin zur Kriminalitätsstatistik erörtert.
Tschentscher möchte nicht mit „Letzter Generation“ diskutieren
Ungefähr nach einer halben Stunde begannen die Störungen durch Zwischenrufe aus dem Plenum. Zunächst offenbar von Anhängern aus der Klimaaktivisten-Szene, die Tschentscher wegen seiner Straßenbauprojekte kritisierten. Und noch mehr: Ein Vater, der 900 Kilometer aus Memmingen angereist sei, erhob zwischenzeitlich den direkten Vorwurf an Tschentscher, seine Tochter sei „unter folterähnlichen Methoden“ 30 Stunden in U-Haft ohne Essen gehalten worden. Es meldeten sich zudem von den hinteren Sitzreihen Zuschauer, die laut SPD der Reichsbürger-Szene zuzurechnen sind.
Klimaaktivisten entrollten derweilen im hinteren Bereich des Saals ein Transparent mit dem Slogan „Letzte Generation vor den Kipppunkten“. Doch auf Diskussionen mit der „Letzten Generation“ ließ sich Hamburgs Regierungschef nicht ein. „Mit mir nicht! So kann man in einer Demokratie nicht miteinander umgehen. Das, was Sie tun, nervt viele Leute und es schadet dem Klima, wenn durch das Festkleben auf Hamburger Fahrbahnen wie den Elbbrücken Staus bis nach Hannover produziert werden.“
Tschentscher verärgert Publikum mit Rüge für Aktivisten
Es war eine Aussage, die viele Gäste offenbar aufgeregt hat und es war auch der Moment, als der 69-Jährige die Bühne berat. Nach eignen Aussagen wollte er nur zwischen Tschentscher und den aufgebrachten Gästen im Publikum schlichten.
Ein SPD-Sprecher sagte, der Bürgerdialog sei anschließend fortgesetzt worden – allerdings nicht mehr in großer Runde. Tschentscher nahm sich noch eine weitere Stunde Zeit und sprach in Einzelgesprächen mit Bürgern. Fazit eines Sprechers des Bürgermeisters: „So viel Unruhe wie in Bergedorf hatten wir bei den vorigen Stationen in Eidelstedt und Barmbek nicht.“
Letzte Generation: Auch SPD-Landeschefin positioniert sich
Hintergrund der aufgebrachten Stimmung dürfte eine Blockadeaktion an den Elbbrücken am 25. März gewesen sein, bei der die Polizei zwei Klimaaktivisten in Gewahrsam genommen hatte. Das Landgericht ordnete am 29. März ihre Freilassung an. Zwei andere Aktivisten, die am 28. März an einer Blockadeaktion im Hafen teilgenommen hatten, sollten nach einer Entscheidung des Amtsgerichts bis Gründonnerstag in Gewahrsam bleiben. Dazu zählt offenbar auch die Tochter, des Mannes aus Memmingen. In einer Stellungnahme der „Letzten Generation“, heißt es dass die 20-Jährige am Dienstag entlassen wurde.
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Die Polizei ermittelt ferner gegen zwei Männer im Alter von 19 und 24 Jahren, die am vergangenen Donnerstag vor dem Besuch von König Charles III. und Camilla orange Farbe ans Rathaus gesprüht hatten. SPD-Landeschefin Melanie Leonhard bekräftigte die Dialogbereitschaft ihrer Partei. Es dürfe dabei auch kontrovers zugehen. „Jeder Versuch der gezielten Störung von Veranstaltungen und die Nötigung gewählter Vertreter sind jedoch keine Grundlage für einen respektvollen Umgang miteinander. Aggressives Verhalten ist nicht zu akzeptieren“, erklärte Leonhard.