Bergedorf. Noch vor drei Monaten sollte der Standort verlegt werden, nun herrscht wieder demonstrative Einigkeit. Fabrik der Zukunft kann kommen.

Der Schock, den die Abwanderungspläne der Hauni im September bei den Mitarbeitern ausgelöst hatten, ist heute, drei Monate später, zur Initialzündung für ein enges Miteinander von Betriebsrat und Geschäftsführung geworden. „Unsere Kampagne ,Hauni gehört nach Bergedorf’ war nicht nur erfolgreich“, sagt Betriebsratschef Uwe Zebrowski (58), „sie ist sogar zu einem so breiten Bündnis zwischen Belegschaft, Politik und Tausenden von Menschen im Hamburger Osten geworden, dass es neben unserer nun an der A 25 entstehenden Fabrik der Zukunft sogar die künftige Entwicklung Bergedorfs tragen kann.“

Genau das hat auch Jürgen Spykman (58) beeindruckt: „Mir war Ehrlichkeit gegenüber unseren Mitarbeitern von Anfang an wichtig, auch wenn mir das Verkünden unseres Abschieds Richtung Harburg oder Stapelfeld auf der Betriebsversammlung am 16. September schwer gefallen ist. Aber ich hätte nie geglaubt, dass es solche Auswirkungen haben würde“, sagt der Geschäftsführer der Hauni, die seit September Körber Technologies GmbH heißt.

Hauni spricht von "großem Engagement" des Bezirksamts

Tatsächlich scheint genau das der Auslöser für die Kehrtwende zu sein, die Spykman nun am vergangenen Montag verkündet hat: Bergedorf kam nicht nur zurück ins Rennen, es hatte den Wettbewerb sofort gewonnen. „In den vergangenen Wochen konnten wir mit Bezirk, Senat und Hamburg Invest, dem Vermarkter unseres künftigen Standorts im Innovationspark an der A 25, sehr konstruktive Gespräche führen, die vieles möglich gemacht haben, was bisher nicht gelang“, sagt Jürgen Spykman.

Vor allem ging es um den Termin, an dem die Hauni mit den Bauarbeiten beginnen kann. Als die dafür erforderliche Vorweggenehmigungsreife jetzt verbindlich auf Ende 2023 festgelegt wurde, gab der Hauni-Geschäftsführer grünes Licht: „Um das zu schaffen, legt sich die Stadt personell sehr ins Zeug, was maßgeblich auch am großen Engagement von Bergedorfs Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann liegt. Im Gegenzug sind wir bereit, die bisher für 2025 anvisierte Fertigstellung unserer Fabrik der Zukunft auf Ende 2026 zu verschieben.“

Fabrik der Zukunft führt die Standorte Bergedorf und Schwarzenbek zusammen

Mit welchen Kosten der Körber-Konzern rechnet, der das auf deutlich über 100 Millionen Euro geschätzte Projekt seines wichtigsten Unternehmens finanzieren wird, ließ Jürgen Spykman am Freitag offen. Es werde allerdings „ein in allen Bereichen hochmoderner, rund sieben Hektar großer Komplex, in dem wir als Körber Technologies GmbH unsere beiden Standorte Bergedorf und Schwarzenbek mit der gesamten Forschung, Entwicklung und Produktion zusammenführen“.

„Hauni gehört nach Bergedorf“: Mitarbeiter haben für ihren Standort gestritten. 
„Hauni gehört nach Bergedorf“: Mitarbeiter haben für ihren Standort gestritten.  © BGZ/Rückert | Christina Rückert

Es sollen knapp 2000 Mitarbeiter werden, also die gesamte heutige Belegschaft. Alle Fertigungsbereiche von den traditionellen Zigarettenmaschinen bis zu den Papierstrohhalmen als jüngstes Produkt werden hier in ihren Abläufen optimiert, wo es geht digitalisiert und nicht zuletzt so flexibel ausgelegt, dass jederzeit auf neue Produkte oder eine veränderte Nachfrage reagiert werden kann. Zudem sind auf dem heute mit neun Hektar geplanten Areal jenseits der umzusiedelnden Kleingärten am Curslacker Neuen Deich bereits rund zwei Hektar als Erweiterungsflächen eingeplant.

Körber geht es um die langfristige Sicherung des Produktionsstandortes Deutschland

Mit dem Projekt hat sich der Körber-Konzern nicht nur für Bergedorf entschieden, sondern will auch ein Signal ans ganze Land senden, wie Jürgen Spykman unterstreicht: „Wir planen hier nicht nur für Verwaltung, Forschung und Entwicklung, sondern siedeln hier bewusst auch unsere gesamte Produktion an. Es geht um die langfristige Sicherung des Standorts Deutschland.“

Gleichzeitig hat der Manager die Hauni-Mitarbeiter im Blick: „Wir brauchen ihre Kompetenzen und wollen alle mitnehmen.“ Auch das traditionell umfangreiche Engagement des Unternehmens in der Ausbildung solle fortgesetzt werden.

Hauni: Belegschaft und Lokalpolitik sind nachaltig befriedet

Eine enge Beziehung zu den Mitarbeitern, die nach dem Aus für die Abwanderungspläne nun auch wieder auf Gegenseitigkeit beruht. Mehr noch: „Auf der Betriebsversammlung am vergangenen Montag gab es tosenden Applaus“, beschreibt Uwe Zebrowski. „Der Kampf um den Verbleib in Bergedorf hat uns alle in den vergangenen drei Monaten eng zusammengeschweißt. Dass er zu einem erfolgreichen Ende geführt wurde, hat den Mitarbeitern aber nicht nur ihre teils sehr großen Ängste genommen. Vielmehr ist es gelungen, die Herzen der Belegschaft mitzunehmen in die Fabrik der Zukunft.“