Bergedorf. Information im Körberhaus über Schattenseiten des Hamburger Ehrenbürgers gefordert. Was die anderen Parteien davon halten.

Ob beim Spatenstich, bei der Grundsteinlegung oder beim Besuch von Hamburgs Zweiter Bürgermeisterin Katharina Fegebank auf der Baustelle des Körberhauses: Unermüdlich hielten Vertreter aus der Bergedorfer Linken-Fraktion bei derartigen Anlässen diese für die Verantwortlichen ungemütlichen Schilder hoch. Darauf stand „Kurt A. Körber war NSDAP-Mitglied“ – und die Protestler stellten damit die Frage, wieso in Hamburg nach eben solchen keine Straßen, wohl aber Gebäude benannt werden dürfen.

Die Linken kritisieren dies und meinen, dass kurz vor der Einweihung des Prestigebaus im Herzen Bergedorfs „die dunkle Seite der Biografie“ des Namensgebers unbedingt Berücksichtigung im Gebäude finden müsste. Dementsprechend solle die Verwaltung einen Informationstext auch über die Schattenseite Körbers erstellen und diesen „an prominenter Stelle“ im neuen Körberhaus zeigen, wie es im Linken-Antrag heißt. Eine Forderung, die von der Bezirksversammlung abgewiesen wurde.

Für die Linke ist Körber eine Persona non grata

Für Bergedorfs Linke ist der Hamburger Ehrenbürger (1909–1992), Unternehmer und Gründer der Hauni-Werke in Bergedorf eine Persona non grata. Der Hauptvorwurf: Körber habe seine Mitgliedschaft in der NSDAP geleugnet und nie ein Wort des Bedauerns über den Einsatz von Zwangsarbeitern in der Maschinenfabrik der Dresdner Universelle, in der Körber als Technischer Leiter eine wichtige Rolle einnahm, geäußert.

Im Gegensatz dazu der Körber nach 1946: erfolgreicher Geschäftsmann, Gutmensch, Kulturmäzen. „Diese Janusköpfigkeit zu der Zeit vor 1946 müsste dargestellt werden“, fordert Robert Gruber, der den Antrag seiner Partei vorstellte. Dabei bedient sich Gruber mehrerer Quellen, etwa dem Online-Eintrag der Behörde für Schule und Berufsbildung „Die Dabeigewesenen“. Hier geht es um Täter, Profiteure, Mitläufer des Nazi-Regimes – und Gruber zitiert die Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung, Sabine Bamberger-Stemmann: „Verbrecherische Systeme funktionieren nur dann, wenn Menschen an ihnen mitwirken, wenn Menschen sich entscheiden, dabei nahe dran zu sein, davon zu profitieren oder gar mitzugestalten.“

Vorwurf: Körber habe Zwangsarbeit ignoriert

Weiter wird Körbers Rolle in seiner Zeit bei den Dresdener Universelle-Werke ab 1941 angeprangert. Dort sei mit fortschreitender Kriegsdauer der Einsatz vieler Zwangsarbeitern nicht zu ignorieren gewesen – Körber indes habe sich dazu nie kritisch positioniert. Besonders grausam sei mit 800 Frauen umgegangen worden, die aus dem KZ Ravensbrück in die Dresdner Fabrik verlegt wurden. Sie litten unter der Brutalität der SS-Aufseherinnen, kamen später beim Luftangriff am 13. Februar 1945 bei der Zerstörung des Werkes um – weil Körber sie nicht in Schutzräume unterbringen ließ, wie es die Historiker Josef Schmid und Frank Bajohr herausgearbeitet haben.

Warum hat er nie etwas dazu gesagt? Oder aktiv etwas dagegen getan? Robert Gruber verweist zum Beispiel auf Heinrich Dräger, Chef der Drägerwerke, der es offen ablehnte, KZ-Häftlinge bei der Produktion von Gasmasken einzusetzen und damit im NS-Regime einiges riskierte. Derartige Äußerungen oder Eingeständnisse „hätte ich mir von Herrn Körber auch gewünscht“, sagt Robert Gruber.

„Wortwahl unangemessen“

Die Linke war schon mit dem Antrag gescheitert, das Körber-Haus in „Neues Lichtwarkhaus“ umzubenennen. Nun also der nächste Versuch: „Wir stellen fest, dass Kurt A. Körber tief in die NS-Verbrechen verstrickt war“, stellen Gruber und Co. fest, „er gehörte zu denen, die profitiert sowie unkritisch funktioniert haben, somit mitverantwortlich waren für unendliches Leid.“

Über das Ziel hinausgeschossen – das ist die Meinung aller anderen Parteien. Schon die Wortwahl der „tiefen Verstrickung“ Körbers in NS-Verbrechen sei fragwürdig bis unangemessen, befinden Bezirksamtschefin Cornelia Schmidt-Hoffmann und auch Petra Petersen-Griem (SPD). Letztgenannte stellt rhetorische Fragen – und beantwortet diese: „Sollte es Informationen zur Biographie Kurt A. Körbers im Körber-Haus geben? Ja, wäre sinnvoll. Sollte die Bezirksversammlung hierzu konkrete Festlegungen treffen? Nein!“ Denn genau zu diesem dunklen Kapitel habe die Körber-Stiftung ja selbst Nachforschungen betrieben und veröffentlicht. Die Sozialdemokratin betont die gemeinschaftliche Verantwortlichkeit von Bezirksamt und Stiftung für das neue Haus. „Es wäre unangemessen, wenn wir dem Bezirksamt vorgeben würden, ob und in welcher Form der Hinweis auf die Körber-Biographie zu erfolgen habe“, meint Petersen-Griem.

Beschädigt den Namen Körbers im Nachhinein

Auch die CDU macht nicht mit: „Auch wir werden diesen Antrag ablehnen, weil man so den Namen Körbers im Nachhinein beschädigt“, urteilt Union-Mann Lars Dietrich. Bergedorfs AfD-Fraktionschef Reinhard Krohn verdächtigt den politschen Widersacher gar, sich in die Person Körber nach dessen Tod „verbissen“ zu haben: „Körber hat seine zweite Chance nach Ende des Zweiten Weltkriegs genutzt.“

Trotz der klaren Abstimmungspleite sind die Linken noch nicht am Ende. Denn eine Lesung von Doris Gercke und Rolf Becker am Donnerstag, 3. November, im Serrahn-Eins (Serrahnstraße 1) beschäftigt sich mit ihrem Thema: „Der Namensgeber des Körberhauses als NSDAP-Mitglied und Nutznießer von Zwangsarbeit“ (19 Uhr).