Lohbrügge. Wenn DJ Jürgen (80) in Bergedorf auflegt, geht bei den Senioren auf dem Parkett die Post ab. Bald ändert sich aber einiges.
Kaum erklingen die erste Takte von Semino Rossis „.Wir sind im Herzen jung“, da gibt es bei den Anwesenden kein Halten mehr. Sofort finden sich vier, fünf, vielleicht sechs Paare auf dem Parkett im Lola-Kulturzentrum ein, lassen die Hüfte kreisen. Sie haben es vermisst, viel zu lange darauf warten müssen, jetzt muss die angestaute Energie in den Beinen auch mal raus. Der Tanztee der Awo Bergedorf – er ist schon einige Wochen aus der Corona-Starre zurück und startet bald in ein neues Zeitalter an neuer „Vergnügungsstätte“.
Und dieser Mann, dieser Vollblutmusiker wird dabei bleiben. Seine Erleichterung ist zu spüren, das Herzblut, mit dem er immer dienstags zwei beseelte Tanzstunden von 14 bis 16 Uhr in der Lola mit seiner Musikauswahl choreographiert: „Ich brauche das und habe so gelitten während Corona, mir meine eigenen Mixe teilweise im Keller zu Hause gebastelt“, sagt Jürgen Kuche, der Discjockey des Tanztees. Wer weiß, dass der 80-Jährige aus Hamburg-Sasel seit 63 Jahren auflegt und in der Zweitkarriere nach der Frührente als Postangestellter 35 Jahren als Profi-DJ arbeitete, kann den Schmerz nachvollziehen.
Tanztee – DJ Jürgen hat früher bei Kreuzfahrten aufgelegt
Kuche hat seit den 1980er-Jahren vor allem auf Kreuzfahrtschiffen für abendliche Unterhaltung gesorgt. Seine Musikauswahl gibt dem Tanztee der Awo das gewisse Etwas. „Melodische Titel wie beispielsweise von Julio Iglesias, Engelbert oder Barry White spiele ich am liebsten“, sagt DJ Jürgen, der in seinen Zwischenmoderationen auch stets zu Liederwünschen auffordert: „Seien Sie nicht schüchtern!“
Der Ablauf in der Lola ist liebgewonnen bei der Generation 65+: Zunächst gibt es Kaffee und ein amtliches Stück Kuchen, dann wird gemeinsam ein Lied gesungen – und dann darf losgetanzt werden.
Tanztee: Noch kommen weniger Besucher als vor der Corona-Pause
Stets dabei ist auch Renate Nasralla, die Leiterin des Bergedorfer Awo-Seniorentreffs und selbst ernannte „alte Rock’n’Rollerin“. Da passt es vorzüglich, dass DJ Jürgen auf seiner Wunschliste auch den Bill-Haley-Klassiker „See you later, Alligator“ notiert hat. Doch die Rückkehr des Tanztees hat sich offenbar noch nicht herumgesprochen. Denn zu Glanzzeiten, als bis zu 110, 120 Tanzfreudige kamen, reicht der Zuspruch nach dem Restart am 20. September noch nicht wieder. Damals kamen „nur“ 20 Personen, mittlerweile hat sich diese Zahl allerdings mehr als verdoppelt.
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Nasralla weiß genau, wie es weitergeht. Denn der Awo-Tanztee steht vor Orts- und Wochentagswechsel: Ab Montag, 12. Dezember, (14 bis 16 Uhr) wird im neuen Saal des Körber-Haus geschwoft. Weiterhin mit Jürgen Kuche und zwei Kollegen, dann aber eben immer montags. „Es war kein anderer Wochentag frei“, sieht Nasralla diese Änderung weniger kritisch als die Größe des künftigen Tanztee-Orts. Sie sei ein wenig „enttäuscht“, weil der Raum im Körber-Haus lediglich 70 Gästen Platz biete. „Wir freuen uns total auf unsere neue Heimat, hatten im Körber-Saal aber einfach mit mehr Platz gerechnet.“ Preislich soll jeder weiterhin für vier Euro an den bunten Nachmittagen teilhaben dürfen. Auch der Fahrdienst mit Hin- und Rücktransport für 2,50 Euro bleibt bestehen.
Am morgigen Dienstag wird aber noch in der Lola getanzt und dann dort bis zum 22. November, bevor der Ortswechsel erfolgt. Und wer steht bei diesen Terminen jeweils am DJ-Pult? Klar: Jürgen Kuche.