Allermöhe. Große Hilfsbereitschaft nach dem Tod eines Familienvaters im See Hinterm Horn. Erneuter Badeunfall zeigt, wie gefährlich das Baden ist.
Sonnenschein und Temperaturen von mehr als 25 Grad locken derzeit viele Menschen an die Badeseen in Hamburg. Doch offenbar unterschätzen einige die Gefahren. Innerhalb von nur acht Tagen sind zwei Männer ertrunken. Am Sonntag ist ein 29-Jähriger im Eichbaumsee untergegangen. Taucher konnten wenig später nur noch den leblosen Körber aus dem Wasser ziehen.
Am Sonntag zuvor, 11. Juni, war im See Hinterm Horn ein 34-Jähriger ums Leben gekommen. Der junge Familienvater aus Bergedorf war vor den Augen seiner Frau (34) und seiner beiden kleinen Söhnen (1, 3) plötzlich von der Wasseroberfläche verschwunden. Retter zogen Arun J. aus dem Wasser. Minutenlang kämpfte der per Hubschrauber eingeflogene Notarzt dort um sein Leben.
Badeunfall in Allermöhe: 50.000 Euro für ertrunkenen Familienvater gesammelt
Doch die Wiederbelebung blieb erfolglos. Der 34-Jährige wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo nur noch sein Tod festgestellt werden konnte. Um die Familie des aus dem südindischen Tamil Nadu stammenden Maschinenbauers finanziell zu unterstützen, ist eine Spendenkampagne gestartet worden.
Mehr als 1500 Menschen haben bereits gespendet, berichtet Lydia Kröger, Sprecherin der nach ihrer Auskunft weltgrößten Crowdfunding-Plattform GoFundMe. Mehr als 50.000 Euro sind auf dem Spendenkonto eingegangen. „Doch auch weitere Spenden sind willkommen, denn die junge Witwe ist nun ganz allein in einem fremden Land und muss die beiden Kinder von nun an allein großziehen“, sagt Lydia Kröger. Wer die Familie von Arun J. unterstützen möchte, findet die Spendenkampagne bei GoFundMe im Internet unter gf.me/v/c/5ft6/tpk6f-fund-for-the-family.
29 Jahre alter Mann ertrinkt im Eichbaumsee, sein Begleiter wird gerettet
Über den zweiten Badetoten ist bekannt, dass er aus Nigeria stammte und offenbar Nichtschwimmer war. Der 29-Jährige mit Wohnsitz in Allermöhe hatte sich nach Auskunft von Thilo Marxsen, Sprecher der Polizei Hamburg, am vergangenen Sonntag mit mehreren Bekannten am Seeufer aufgehalten und gebadet. Der 29-Jährige und einer seiner Bekannten seien plötzlich in dem See in Not geraten, hätten hilfesuchend gestikuliert. Der Begleiter des Allermöhers konnte von anderen Badegästen gerettet werden. Doch der 29-Jährige sei – nur wenige Meter vom rettenden Ufer entfernt – untergegangen und außer Sicht geraten.
Taucher der Feuerwehr fanden den Leichnam um 18.27 Uhr, etwa eindreiviertel Stunde nach Eingang des Notrufs, am Rand einer Abbruchkante in etwa fünf Meter Tiefe verfangen in dichtem Seegras. Ein Notarzt konnte am Ufer nur noch den Tod des Mannes feststellen. Der Leichnam kam ins Institut für Rechtsmedizin in Eppendorf. „Ein Kriseninterventionsteam des Deutschen Roten Kreuzes war vor Ort, betreute die Augenzeugen“, sagt Marxsen. Insgesamt 45 Einsatzkräfte beteiligten sich an der Suchaktion, bei der auch Sonargeräte eingesetzt wurden.
Eichbaumsee war dieses Jahr erstmals seit Langem zum Baden freigegeben
Eigentlich hatten die Männer im Wasser nichts zu suchen: Das Bezirksamt Bergedorf hatte den Eichbaumsee am Dienstag, 13. Juni, wegen akuter Gefährdung gesperrt. Grund für die Sperrung ist ein nachgewiesener Befall mit Blaualgen, die Pflanze kann giftige Stoffe bilden. Der Wert lag über der Alarmstufe, die ein Badeverbot nötig macht, teilte das Bezirksamt mit. Schilder am Ufer weisen auf die Sperrung des Sees hin.
Im Frühjahr war der See erstmals nach 15 Jahren dauerhafter Sperrung wieder zum Baden freigegeben worden. Inzwischen lasse sich das Risiko, das beim Baden für alle Schwimmer durch die grünen Blaualgen entstehe, besser einschätzen, hieß es damals von der Umweltbehörde. Schließlich würden die Grenzwerte, die ein Badeverbot zur Folge haben, nicht dauerhaft überschritten: Während im Sommer 2021 bereits im Juni der Alarmwert erreicht war, wäre in 2022 bis Ende August eine Badesaison möglich gewesen. Sobald die Blaualgenkonzentration wieder sinkt und den Grenzwert unterschreitet, soll der See wieder für den Badebetrieb freigegeben werden.
In vielen Baggerseen gibt es nahe dem Ufer gefährliche Abbruchkanten
Doch neben Blaualgen lauern in den Badeseen auch noch andere Gefahren. „Diese werden leider häufig unterschätzt und die eigenen Möglichkeiten überschätzt“, sagt Arne Schicke, Vorsitzender der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Bergedorf. Wenn der Körper aufgeheizt ist und womöglich zu wenig getrunken wurde, kann es im kalten Wasser zu einem plötzlichen Versagen des Kreislaufs kommen. Deshalb sollten die Baderegeln stets beachtet werden, betont Schicke: „Wer ins Wasser geht, sollte nicht übermütig reinlaufen oder reinspringen, sondern erst einmal die Gliedmaßen anfeuchten.“
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In vielen Badeseen – etwa See Hinterm Horn, Eichbaumsee und Hohendeicher See – gebe es gefährliche Abbruchkanten, gehe es am Ufer seicht in den See hinein und werde dann abrupt tief, sagt der Bergedorfer DLRG-Mann: „Das ist anders als an der Ostsee, wo es über 50 Meter allmählich tiefer wird.“ Bewuchs reduziert die Sicht und erschwert das Schwimmen unter Wasser. Die Frage, warum besonders häufig Männer tödlich in Badegewässern verunglücken, kann Schicke auch nicht beantworten: „Vielleicht sind Frauen generell etwas vorsichtiger.“
Tödliche Badeunfälle: Oft sind Männer mit Migrationshintergrund die Opfer
Kay Maaß, Leiter Einsatz der DLRG Hamburg, dazu: „In Hamburg gibt es jedes Jahr einen hohen Anteil an vermutlichen Nichtschwimmern und/oder Menschen mit Migrationshintergrund, die verunglücken. Die meisten von ihnen sind Männer, vielleicht, weil mehr Männer als Frauen migrieren.“ Es gehe oft um einen „kulturellen Hintergrund“, weiß Maaß: „Frauen bleiben oft am Strand bei den Kindern, während der Mann badet. Frauen tragen oftmals gar keine Badekleidung, sondern ihre Straßenkleidung.“
Bei den tödlichen Badeunfällen der jüngeren Vergangenheit habe es sich laut Maaß vor allem um Männer mit Migrationshintergrund gehandelt. Oft sei es auch ein Problem, dass es keine Ortskenntnisse gebe, etwa von gefährlichen Abbruchkanten oder Strömungen in der Elbe.