Bergedorf. Drama am See Hinterm Horn zeigt: Bergedorf hat fünf Badeseen – aber kaum Rettungsschwimmer. Hoffnung für Allermöher See.

Kein Rettungsschwimmer war am See Hinterm Horn, als Sonntagnachmittag die Tragödie ihren Lauf nahm: Um 17.30 Uhr verschwand der junge Familienvater aus Bergedorf vor den Augen seiner Frau (34) und seinen beiden kleinen Söhnen plötzlich von der Wasseroberfläche.

Minuten später erfolgte der Großalarm, doch Taucher der Feuerwehr konnten den 34-Jährigen um 18.17 Uhr nur noch tot bergen. Sie fanden ihn rund 25 Meter vom Strand entfernt in drei Metern Tiefe. Die Reanimation am Ufer blieb erfolglos. Seine Familie wurde vom Kriseninterventionsteam des DRK betreut.

Ertrunkener soll erst vor einem Jahr Schwimmen gelernt haben

Als Grund für das Ertrinken geht die Polizei von Unerfahrenheit aus. Der 34-Jährige soll erst vor einem Jahr Schwimmen gelernt haben. Montag war unklar, ob die Rechtsmedizin noch eine Obduktion vornehmen wird.

Vielleicht hätte eine Badeaufsicht das Unglück verhindern können. Doch die gibt es am See Hinterm Horn nicht, obwohl hier im Sommer bei gutem Wetter Hunderte den kleinen Strand bevölkern. Ohnehin wird fast kein Gewässer im Bezirk Bergedorf von Rettungsschwimmern überwacht. Einzig der Hohendeicher See am Oortkaten hat eine DLRG-Station, die an den Wochenenden regelmäßig besetzt ist.

DLRG kann kaum seine Rettungsstation am Hohendeicher See besetzen

„Wir würden gern mehr machen, sind aber chronisch unterbesetzt. Mehr als den Hohendeicher See und sporadische Einsätze bei Wettkämpfen auf der Regattastrecke auf der Dove-Elbe sind nicht drin“, sagt Arne Schicke, Vorsitzender des DLRG-Bezirks Bergedorf.

Sein Einsatzleiter Markus Klampe nennt Zahlen: „Wir haben heute 26 aktive Rettungsschwimmer und brauchen pro Wochenende sechs bis acht für den Hohendeicher See. Das bedeutet für jeden mindestens ein Wochenende Dienst pro Monat, von Freitag, 18 Uhr, bis Sonntag, 18 Uhr. Und das ehrenamtlich. Sowas ist schon eine erhebliche Belastung.“

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Auch DLRG-Nachwuchs macht nur selten Rettungsschwimmer-Schein

Hinzu kommt ein riesiges Nachwuchsproblem: Es gebe nur selten Erwachsene, die zur DLRG dazustoßen, geschweige denn als ausgebildete Rettungsschwimmer. „Also setzen wir auf unser Kinder- und Jugendtraining im Bille-Bad“, sagt Arne Schicke. „Das ist zwar gut besucht, aber nur sehr wenige machen am Ende die Rettungsschwimmer-Scheine. Und selbst die bleiben gewöhnlich nicht lange, weil sie Hamburg wegen ihres Studiums oder ihrer Ausbildung verlassen.“

Ob es am beliebten Allermöher See im Park zwischen Neuallermöhe-Ost und -West mit Tausenden Badegästen bei gutem Wetter in diesem Jahr wieder Rettungsschwimmer geben wird, ist noch immer offen. Nachdem sich der Verein Sicheres Wasser (SiWa) in Auflösung befindet, führt das Bezirksamt immerhin Gespräche mit der Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes.

DRK-Wasserwacht als Nachfolger von SiWa am Allermöher See im Gespräch

„Aktuell wird an einem Konzept gearbeitet. Sobald dies vorliegt, kann die Aufsicht beginnen“, schrieb das Bezirksamt am Montag auf Nachfrage unserer Redaktion. Angepeilt sei ein Start möglichst noch im Juni. Die Ausrüstung werde dann von SiWa an die Wasserwacht übergeben.

Insgesamt sind im Bezirk fünf Seen als Badegewässer freigegeben. Basis dafür ist vor allem die Wasserqualität – nicht eine gesicherte Badeaufsicht. So sind der Boberger See im Naturschutzgebiet, der gerade wieder freigegebene Eichbaumsee und auch der See Hinterm Horn zwar überaus beliebte Gewässer, hatten aber noch nie feste Rettungsstationen.

Bezirksamt nach Unfall arbeitet an Verbesserung der Badeaufsicht

„Wir haben nach dem tödlichen Unfall vom Sonntag wieder den Dialog mit der zuständigen Behörde aufgenommen, um das Ziel einer verbesserten Aufsichtssituation an allen Badeseen zu erreichen“, sagt Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann. „Eine zuverlässige Aufsicht ist aber leider nicht allein eine Frage der finanziellen Mittel. Wir benötigen dafür eine ausreichende Zahl ehrenamtlicher Rettungsschwimmer. Das ist das größere Problem.“

Auch die Bergedorfer DLRG wirbt weiter. Als nächstes am Sonnabend, 24. Juni, mit einem eigenen Stand beim Bergedorfer Hafenfest am Serrahn. „Das kostet uns zwar zusätzliche Stunden, aber Nichtstun hilft eben auch nicht“, sagt Markus Klampe. „Tatsache ist, dass wir Bedarf für 20 neue Rettungsschwimmer haben.“ Der Bezirksverband ist über seine Geschäftsstelle im Vereinsheim am Ladenbeker Furtweg 120 immer donnerstags von 18 bis 20 Uhr erreichbar, zudem am Telefon unter 040/738 87 38 und per E-Mail an einsatz@bergedorf.dlrg.de.