Hamburg. Zahlen von Veranstalter Fridays For Future und Polizei variieren. Außerdem Protest-Absage von Hauptact Lina und „L‘amour tourjours“-Neuauflage.
Eine Woche vor der Europawahl, für die noch Wahlhelfer gesucht werden, und den in Hamburg gleichzeitig stattfindenden Bezirkswahlen laufen die Bemühungen der Parteien auf Hochtouren. Neben Plakat- und Bürgeraktionen fand am Freitag anlässlich der Wahlen europaweit – auch auf St. Pauli – ein großangelegter Klimastreik statt.
Die Protestaktion, die insbesondere junge Wählerinnen und Wähler ansprechen sollte und von Fridays for Future organisiert wurde, sollte auch prominente Unterstützung erfahren. Kurz vor dem geplanten Auftritt von Sängerin Lina sagte diese ihr Konzert dann aber aus Protest ab. Was sonst noch passierte.
Klimastreik 2024 in Hamburg: Teilnehmer-Zahlen variieren bei FFF und Polizei
Trotz des starken Regens war die Stimmung am Freitag bei der Klimademo von Fridays for Future von Anfang an entspannt. Eingepackt in Regenjacken, oder geschützt unter Regenschirmen, lauschten die Teilnehmenden dem Programm.
Angekündigt für die Demonstration waren 15.000 Teilnehmer. Auf Abendblatt-Anfrage hieß es vom Veranstalter, dass 4.700 Teilnehmer vor Ort gewesen waren. Die Polizei Hamburg legte auf Nachfrage jedoch ganz andere Zahlen vor. Hier war nur von 1.800 Menschen die Rede.
Europawahl 2024 bei Klimastreik in Hamburg thematisch im Fokus
Im Fokus der Reden Demonstration stand vor allem die Europawahl 2024. „Wir leben in einer Demokratie, die es zu verteidigen gilt“, appellierte eine Fridays for Future Aktivistin vor allem an die jungen Wählerinnen und Wähler. „Mit dem Gang zur Wahlurne ist es nicht getan“, ergänzte eine andere Rednerin der Bewegung. Auch der Besuch von Demonstrationen, egal bei welchem Wetter, sei wichtig. Autor und Aktivist Sebastian, mit dem Künstlernamen Sebastian23, nutzte seine Redezeit ebenfalls für einen politischen Aufruf. Er dichtete das aus dem Sylt Skandal bekannte Lied „L’amour toujours“ um und machte am Freitag „Nazis raus, Nazis raus. Deutschland bleibt multi. Alle Nazis raus“ daraus.
Nach der Absage des musikalischen Hauptacts Lina hatte Fridays for Future Hamburg sich in einem Statement geäußert: „Wir respektieren und bedauern die Entscheidung.“ In den letzten Monaten habe man sich immer wieder deutlich gegen Ausgrenzungen und Antisemitismus positioniert. Insgesamt, so das Statement, stände die Gesellschaft und der aktuelle politische Diskurs unter einer großen Anspannung. „Kein Klimastreik könnte dem Anspruch gerecht werden, diese angespannte Ausgangslage aufzulösen“, so eine Pressesprecherin von Fridays for Future Hamburg.
Klimastreik in Hamburg: Demo-Route und Teilnehmerzahl für Freitag
Treffpunkt für die Demonstration war am Freitag um 14 Uhr die Glacischaussee, auf der am Sonnabend noch der Hamburger Schlagermove gefeiert wurde. Informationen der Polizei Hamburg zufolge sollte der Aufzug von hier in Richtung Johannes-Brahms-Platz über den Stephansplatz zum Valentinskamp und über den Holstenwall zurück zur Glacischaussee laufen.
Protest gegen Fridays for Future: „Bibi und Tina“-Star sagt ab
Unterstützung sollte die Bewegung in Hamburg ursprünglich durch einen Auftritt der Künstlerin Lina erfahren. Die Sängerin gewann 2013 bei dem KiKA-Wettbewerb „Dein Song“ und wurde zur „Nachwuchssongwriterin des Jahres“ gekürt. Ein Jahr später erschien dann der erste von insgesamt vier „Bibi und Tina“-Realverfilmungen mit Lina Larissa Strahl, so ihr voller Name, in der Hauptrolle. Zuletzt war sie bei „Let‘s Dance“ zu sehen.
Wegen des Umgangs der Klimabewegung mit Antisemitismus hat die Sängerin aber ihren Auftritt bei der Hamburger Fridays-for-Future-Demonstration am Freitag kurzfristig abgesagt. „Ich möchte damit meinen Protest zum Ausdruck bringen, dass sich Fridays For Future Hamburg nicht ausreichend von Antisemitismus distanziert und keine Vorkehrungen trifft, dass antisemitische Inhalte regelmäßig und in großem Umfang auf den von ihnen organisierten Demonstrationen zur Schau gestellt werden“, teilte die Sängerin und Schauspielerin Lina Larissa Strahl auf ihrem Instagram-Account mit. Insbesondere Greta Thunberg und ihr Umfeld verbreiteten seit Monaten antisemitische Klischees und Hass gegen Israelis auf der ganzen Welt.
„Dies kann und will ich nicht ignorieren.“ Die Demonstrationen sollten ein Raum für ein respektvolles Miteinander sein, ohne für Hass und Diskriminierung gegen Jüdinnen und Juden instrumentalisiert zu werden, betonte die 26-Jährige.
Demo vor Europawahl – Fridays for Future will Zeichen setzen
Vom Veranstalter hieß es vorab: „In ganz Europa gehen junge Menschen im Vorfeld der Europawahlen auf die Straße, um auf die Dringlichkeit der Klimakrise hinzuweisen und weitere Klimaschutz-Maßnahmen auf der europäischen Ebene zu verlangen.“
Die Klimabewegung hatte Anfang der Woche ihre Forderungen an die neue Kommission und das künftige EU-Parlament veröffentlicht. Darin geht es nicht nur um den Kohleausstieg, sondern auch um die Verdoppelung der Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen bis 2030. Nur so könne das „unzureichende EU-Klimaziel für 2030“ überhaupt eingehalten werden.
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Nachdem Fridays for Future als Teil eines breiten Bündnisses zur Demo gegen Rechtsextremismus am 7. Juni aufgerufen hatte, soll mit dem Klimastreik jetzt erneut auch „ein klares Zeichen gegen den Rechtsruck“ gesetzt werden.
Gegen 18 Uhr wurde die Demonstration beendet.