Hamburg. Überraschungen beim Guide Michelin: 16 Sterne gibt es jetzt in Hamburg. Welche Restaurants gewinnen – und warum andere verlieren.
- Der „Guide Michelin“ hat die neuen Sterne für 2023 bekannt gegeben
- Hamburgs Spitzengastronomie wurde mit der Auszeichnung bedacht
- 16 Sterne bedeuten für Hamburg einen mehr als im vorigen Jahr
- Zwei Restaurants haben nun einen Stern mehr, ein Haus musste einen abgeben
In der Hamburger Spitzengastronomie sind in diesem Jahr neue Michelin-Sterne aufgegangen – und ein Stern ist verglüht. Am Dienstagabend wurden die diesjährigen Auszeichnungen im „Guide Michelin 2023“ bekannt gegeben. Insgesamt leuchten über der Hansestadt nun 16 Sterne – einer mehr als im vorigen Jahr. Zwei Hamburger Restaurants konnten hinzugewinnen – ein Gastronomiebetrieb musste hingegen einen Stern abgeben.
Spektakulärer Aufsteiger ist das Restaurant Lakeside im Luxushotel The Fontenay an der Außenalster. Hier führt Julian Stowasser am Herd Regie. Er verdiente sich jetzt einen zweiten Stern hinzu. Hotelbesitzer Klaus-Michael Kühne, der sein Haus zum „besten Deutschlands“ machten wollte, wird es freuen. „Jeden Tag noch ein bisschen besser werden“ – dieses Ziel hatte sich Küchenchef Stowasser im vergangenen Jahr selbst gegeben. Das hat sich nun ausgezahlt.
Drei Michelin-Sterne in der HafenCity verteidigt
Unter dem Strich kann die Hansestadt somit ab jetzt mit einem Drei-Sterne- und nunmehr vier Zwei-Sterne-Restaurants aufwarten. Küchenchef Kevin Fehling hat mit seinem Restaurant The Table in der HafenCity seine drei Sterne erneut verteidigt. Er ist damit eines von insgesamt zehn Drei-Sterne-Restaurants im aktuellen deutschen „Guide Michelin“.
Auch das Bianc am Sandtorkai und das Haerlin unter der Regie von Küchenchef Christoph Rüffer im Hotel Vier Jahreszeiten dürfen sich weiterhin mit zwei Sternen schmücken. Sein hohes Niveau halten konnte auch Thomas Imbusch vom 100/200 Kitchen am Brandshofer Deich, das im vergangenen Jahr den zweiten Stern dazugewonnen hatte.
Imbusch hatte das Restaurant vor vier Jahren in Rothenburgsort eröffnet. Er bietet ein Menü, das bei der Tisch-Reservierung auch schon bezahlt werden muss. Verarbeitet wird in der Regel das ganze Tier. Der Name leitet sich ab von der Philosophie des Kochs, der auch schon in den Diensten von Tim Mälzer stand: „Bei 100 Grad kocht das Wasser, bei 200 Grad läuft der Ofen.“
Zweiter Aufsteiger des Jahres kocht auf St. Pauli
Zweiter Aufsteiger am Hamburger Gourmet-Himmel ist Fabio Haebel, der in seinem Restaurant Haebel an der Paul-Roosen-Straße neu einen Michelin-Stern errang. Haebel, im Dreiländereck zwischen Elsass, Basel und Freiburg aufgewachsen, entwickelte das Konzept des Restaurants auf St. Pauli konsequent weiter zum Fine Dining – und kann nun den Lohn ernten. Das Restaurant wirbt mit der „offensten Küche der Stadt“ und „nachhaltigem Genuss auf höchstem Niveau“. Dafür hatte es im Vorjahr bereits einen grünen Michelin-Stern gegeben.
Warum ein Restaurant in Hamburg seinen Michelin-Stern verliert
Einen Stern verloren hat hingegen das Petit Amour in Ottensen. Doch das liegt keineswegs daran, dass sich die Küche verschlechtert hätte, sondern an einer ganz schlichten Ursache: Küchenchef Boris Kasprik gab sein Restaurant nach acht Jahren zum Jahreswechsel 2022/23 auf. Der Grund: zu viel Arbeit.
„Ich war Geschäftsführer, Küchenchef und Restaurantleiter in einem, habe quasi drei Vollzeitjobs gemacht. Habe immer wieder 90 Stunden in der Woche gearbeitet, an vielen familiären und privaten Momenten nicht teilnehmen können“, sagte Kasprik damals dem Abendblatt.
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Mit beständig guter Qualität konnten diese Hamburger Restaurants ihren Stern verteidigen: das Landhaus Scherrer an der Elbchaussee (Heinz O. Wehmann) und das Piment in Eppendorf (Wahabi Nouri). Ebenfalls erneut mit einem Stern ausgezeichnet wurden das Jellyfish an der Weidenallee (Stefan Fäth) und das Zeik von Maurizio Oster in Winterhude. Vor vier Jahren hatte Oster das Zeik an der Sierichstraße übernommen und kann 32 Gäste bewirten. Der Koch war vor der Selbstständigkeit als Küchenchef im Vlet an der Alster tätig.
Michelin-Inspektoren begeistert vom Mut der Küchenchefs
Insgesamt, so hieß es am Dienstagabend bei der Vorstellung des neuen „Guide Michelins“, scheine es für die deutsche Gastronomie nur eine Richtung zu geben: nach oben. Trotz einer wirtschaftlich schwierigen Zeit und Fachkräftemangels gebe es eine Rekordzahl von insgesamt 334 Sternerestaurants, darunter deutschlandweit ein neues Drei-Sterne-Restaurant, acht neue Zwei-Sterne-Restaurants und 34 Restaurants mit einem Stern.
„Trotz aller Herausforderungen belegt der ,Guide Michelin´ auch 2023 eine bemerkenswerte Beständigkeit in der Qualität der deutschen Gastronomie“, sagte Gwendal Poullennec, internationaler Direktor des Guide Michelin. Die Inspektorinnen und Inspektoren seien „vom Engagement, vom Mut und von der Flexibilität“ der Gastronomen begeistert gewesen, die so mancher Krise getrotzt hätten.
Viele machten sich für Nachhaltigkeit stark und setzten in ihrer Küche auf Regionalität und Saisonalität. Diese Leistung würdigt der Guide Michelin mit dem „Grünen Stern“. Den konnten in Hamburg neben dem Haebel erneut das 100/200 Kitchen, das HACO (Björn Juhnke), das Landhaus Scherrer, Wolfs Junge und das Zeik verteidigen.
Das sind die ausgezeichneten Restaurants in Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein kann weiterhin mit drei Zwei-Sterne-Restaurants aufwarten. Im „Guide Michelin 2023“ können die Meierei Dirk Luther in Glücksburg bei Flensburg, der Söl’ring Hof in Rantum auf Sylt und das Courtier in Wangels im Kreis Ostholstein die begehrte Auszeichnung erneut verteidigen.
Einen Michelin-Stern gibt es für acht Restaurants in Schleswig-Holstein: „Das Grace“ in Flensburg kann die im Jahr zuvor errungene Auszeichnung verteidigen. Sterneküche bieten auch das Wullenwever in Lübeck, das Alt Wyk auf Föhr, das KAI3 in Hörnum auf Sylt, das Bodendorfs in Tinnum auf Sylt, das „Restaurant 1797“ in Panker im Kreis Plön, das DiVa in Scharbeutz sowie die Orangerie in Timmendorfer Strand.
Zwei zuvor ausgezeichnete Restaurants gehen dieses Mal leer aus. Dazu zählt das Ahlmanns im Romantik-Hotel Kieler Kaufmann in der Landeshauptstadt sowie das Balthazar in Timmendorfer Strand. Bei Letzterem liegt der Grund darin, dass es mittlerweile geschlossen ist.
Französischer Reifenhersteller steckt hinter dem Guide Michelin
Hinter dem renommierten roten Restaurantführer, der in mehr als zwei Dutzend Ländern erscheint, steht der gleichnamige französische Reifenhersteller. In Deutschland erschien der erste „Guide Michelin“ 1910, damals aber noch „den Herren Automobilisten“ gewidmet und vor allem mit Straßenrouten versehen. Die ersten Michelin-Sterne in Deutschland wurden 1966 verliehen.
Auf der Suche nach den besten Adressen fürs Essen sind erfahrene, internationale Tester anonym im Einsatz. Der Vergabe der begehrten Sterne liegt ein einheitliches Bewertungssystem zugrunde. Als Kriterien gelten unter anderem die Qualität der Produkte, eine persönliche Note, das Preis-Leistungs-Verhältnis sowie eine auf Dauer gleichbleibende Qualität.
Neben dem „Guide Michelin“ erscheint auch der Restaurantführer „Gault&Millau“ regelmäßig als wichtiger internationaler Gourmet-Ratgeber. Er vergibt 0 bis 20 Punkte für die Restaurants.