Hamburg. Im restaurierten ehemaligen Gotteshaus in Langenhorn gibt es feine italienische Küche – hier isst das Auge mit.
Wie sehr sich das Villari versteckt, ist beinahe unverschämt. Das Restaurant im äußersten Norden Hamburgs bietet zwar die vielleicht eindrucksvollste Kulinarikkulisse der Stadt. Dennoch ist der Italiener ein Geheimtipp – weil gut getarnt. Auf den ersten Blick mutet das Backsteingebäude, in dem das Villari seine Gasträume hat, nämlich als das an, was es zu früheren Zeiten einmal war: eine Kapelle. Auf das gastliche Innenleben weist allein ein zurückhaltender Schriftzug am Glas der Eingangstür hin.
Dieses Sich-versteckt-Halten zeugt von Bescheidenheit. Nun, und ein wenig Aushängeschild ist es vielleicht auch. Immobilieninvestor Mike Stelly umschreibt die Lokalität jedenfalls als „Flüsterkneipe“. In puncto Kriminalität und Exzess steht das Villari den Speakeasys der 1920er-Jahre glücklicherweise nach und eine Kneipe ist es sowieso nicht. Doch Mundpropaganda kann gewiss als Teil des Konzepts gelten. Der Verzicht auf aufdringliche Reklame ist eine bewusste Entscheidung. Wem es gefällt, der kommt wieder – und empfiehlt das Lokal bestenfalls weiter.
Gehimtipp Villari: Gastro-Tempel – Speisen wie in einer Kathedrale
Damit die Gäste ins Staunen geraten, muss hier noch nicht einmal der Aperitif auf der weißen Tischdecke stehen. Dafür reicht schon der erste Schritt in das Gebäude, mit dem der Blick ganz automatisch entlang der mit Stuck abgesetzten Wände und blitzeblanken Bleiglasfenster nach oben wandert, an die mehr als zehn Meter hohen Decken, goldverziert und holzvertäfelt. „Mit dem Objekt hat man etwas, was man nicht duplizieren kann. Das gibt es nicht noch einmal. Für Hamburg ist das schon einzigartig“, sagt Stelly. Die ehemalige Kapelle, in der sich das Restaurant heute befindet, wurde 1902 und ursprünglich für das Krankenhaus in Langenhorn, heute Asklepios Klinik Nord, erbaut.
Das Gebäude wurde 2014 quasi per Zufall an den Investor herangetragen. Als Ruine, wie er berichtet: „Die junge Generation würde den damaligen Zustand vielleicht als ,Mordor 1.0‘ beschreiben.“ Unbeachtet, unbenutzt und unsaniert, „eigentlich dem Untergang geweiht“, habe der Bau in Langenhorn herumgestanden. Stelly ließ sich nicht davon abschrecken, dass das heute elegante Lokal damals wie ein Lost Place anmutete – samt feuchten Wänden, Moosbewuchs und eingeschlagenen Fenstern. „Das kennt doch jeder: Man schaut sich etwas an und verliebt sich sofort. Ich habe das Villari aus einer Passion heraus fertiggestellt.“
Das Villari: Mit Behörden und Ämtern gab es immer wieder Scherereien
Neben größeren Summen und viel Zeit habe es auch einiges an Durchhaltevermögen gekostet, das Objekt wiederherzurichten. Mit Behörden und Ämtern habe es immer wieder Scherereien gegeben, insbesondere, was den Denkmalschutz angeht. Obwohl Investor und Verwaltungsapparat eigentlich dasselbe Ziel hatten – nämlich den in die Jahre gekommenen Sakralbau aufzupolieren – , habe sich Stelly immer wieder mit beinahe unerfüllbaren Auflagen konfrontiert gesehen.
„Denkmalschutz und Gastronomie – ich glaube, das ist die Königsdisziplin“, sagt er heute. Ob er zu jener Zeit manchmal ans Aufgeben gedacht hat? „Diese Momente hat es bestimmt gegeben. Manchmal habe ich mich gefragt: ,Warum tu ich mir das an?‘ Aber das vergisst man ja, oder verdrängt es.“ 2016 ist die Kapelle letztlich aus Ruinen auferstanden und bietet dem Villari seitdem eine Herberge, in der die Gäste etwas zu gucken haben. Das Auge isst ja bekanntlich mit. Vom restaurierten Sakralbau lenkt das übrige, zeitlos-schlichte Interieur nicht ab. „,Oldschool‘ in neuer Verpackung“, beschreibt der Investor den zeitlosen Gesamteindruck.
Das Villari: Gute Speisen und qualitative Zutaten in entschleunigter Atmosphäre
Die apulische Küche des Villari richtet sich an Menschen, die gute Speisen und qualitative Zutaten in einer entschleunigten Atmosphäre wünschen. Glückliche Gäste seien hier der Maßstab noch vor jedem Eintrag im Gault Millau. „Das Ziel war, einen Ort zu kreieren, an dem die Gastronomie hochgehalten wird, wo es ein Verweilen und Kredenzen gibt, wie es seinerzeit noch gang und gäbe war“, sagt Stelly. Weiße Tischdecken und Stoffservietten würden daher ebenso dazugehören wie gewisse Manieren vonseiten des Gastes. „Das wird nie ein Ort sein für das Schnelle, den großen Durchlauf, die Masse. Mit Sicherheit ist das kein Lokal für die reine Nahrungsaufnahme.“ Hier würde etwa noch direkt am Tisch, vor den Augen des Gastes, filetiert und tranchiert. Der Chefkoch, ein Italiener, bereitet Menüs und À-la-carte-Gerichte auf die Minute zu.
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Als Abrundung bietet das Villari seinen Gästen eine umfangreiche Weinauswahl sowie mehr als 300 Grappasorten. Neben dem klassischen Restaurantbesuch gibt es auch die Möglichkeit, Tastings in einer Weinlounge zu genießen. Der große Gastraum ist im Übrigen für Veranstaltungen mietbar. Eine Reservierung sei in jedem Fall notwendig, so Stelly. Ein Hinweis darauf, dass sich die Existenz des Etablissements trotz aller Geheimhaltungsversuche herumgesprochen hat?