Hamburg. Wer im Internet aktiv ist, sollte auf die „Netiquette“ achten. Nur so klappt eine respektvolle und wertschätzende Kommunikation.
Das Gute ist: Netiquette ist keine Fremdsprache. Auch im Internet empfiehlt sich respektvolles, höfliches und professionelles Verhalten – es gelten uneingeschränkt dieselben Benimmregeln, die Sie sonst befolgen sollten.
Wie Sie auch online souverän auftreten
Ob Cybermobbing, Kritik, Demütigungen und grundlose Beleidigungen in sozialen Netzwerken – all das ist heutzutage leider alles andere als eine Seltenheit. Früher wurden Beleidigungen nicht so leichtfertig ausgesprochen, vor allem nicht im öffentlichen Rahmen, höchstens zu Hause hinter verschlossener Tür. Warum sind sie ausgerechnet heute im Netz so präsent?
Im Internet, etwa auf Twitter, haben wir an Beispielen wie Donald Trump sehen können, dass Menschen, die beleidigen, eine große Plattform haben: Tausende von Anhängern stimmen öffentlich zu, der Post geht viral und es wird eine Atmosphäre geschaffen, in der ethische und moralische Grundsätze keine Rolle mehr spielen.
Auf diese Weise lernen viele Menschen, die ihren Idolen nacheifern wollen, dass man in sozialen Medien auch gemein sein darf, dass man angreifen darf und es scheinbar keine Regeln des Miteinanders gibt, die den Umgang im virtuellen Kontext betreffen.
Identität ist oft verschleiert
Der zweite Grund: Im Internet kann man – beispielsweise in Foren oder auf Social Media – seine Meinung äußern, ohne dass man dazu zwingend seine Identität preisgeben muss. Diese Anonymität hat zur Folge, dass die Hemmschwelle bei vielen Menschen deutlich geringer ist und dadurch schneller ein unfreundlicher, respektloser Kommentar getippt und gesendet ist.
Und doch treffen diese Demütigungen und Beleidigungen am Ende echte Menschen, sie verletzen den Selbstwert, machen unsicher und öffentlich lächerlich, verunglimpfen und sind – einmal im Netz niedergeschrieben – nicht mehr so leicht zurückzunehmen, geschweige denn zu löschen. Zeigen Sie sich deshalb auch im Netz von Ihrer besten Seite – selbst, wenn Sie nicht der gleichen Meinung sind wie die anderen.
Bedenken Sie immer: Auch, wenn Sie am PC sitzen und Ihr Gegenüber nicht persönlich sehen können – es handelt sich bei den Personen, die im Internet Kommentare hinterlassen, trotzdem immer um Menschen mit Gedanken und Gefühlen. Jeder Einzelne verdient einen menschenwürdigen Umgang.
Penetrante Flirtereien, rassistische Kommentare, Unfreundlichkeiten und Pöbeleien sowie Beleidigungen haben also weder im persönlichen Kontakt mit Menschen noch im virtuellen Setting ihre Berechtigung! Konstruktives, wertschätzendes Feedback ist wiederum erlaubt.
Hier gilt der Grundsatz: „Fortiter in re, suaviter in modo“ – also „Hart in der Sache, sanft in der Art“! Andere zu beleidigen, resultiert vor allem aus einer geringen Achtung seiner selbst.
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Vieles fällt auf Sie zurück
Beleidigungen und verletzende Kommentare rücken nicht nur das Opfer in ein negatives Licht, sondern auch denjenigen, der sie verfasst. Diogenes sagte einst: „Eine Beleidigung entehrt denjenigen, der sie ausspricht, nicht denjenigen, an die sie gerichtet ist.“
Eine Beleidigung lässt nicht nur die Abneigung erkennen. Sie kommuniziert zudem unerfüllte Wünsche und Frustrationen, eigensinnige Intoleranz, einen Mangel an Empathie und sogar zweifelhafte Intelligenz. Ehe Sie ein böses Wort im Netz verlieren, stellen Sie sich die folgenden Fragen:
1. Warum hat mich das geärgert, was die andere Person geschrieben hat? Auf welche unbefriedigten Wünsche oder Bedürfnisse meinerseits könnte das hindeuten?
2. Wie könnte die andere Person es vielleicht noch gemeint haben?
3. Was bringt es mir jetzt, auf diesen Kommentar ebenfalls beleidigend oder verletzend zu reagieren?
Diese Fragen können Ihnen dabei helfen, Ihr Verhalten noch einmal zu überdenken und eine bessere Lösung zu finden, als im Internet wilde (und mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gar ungerechtfertigte) Beleidigungen zu verteilen.
Wenn ein Kontakt zum Beispiel auf LinkedIn von seinem Urlaub berichtet und ich mich versucht fühle, ihm Angeberei vorzuwerfen, könnte das etwa darauf hindeuten, dass ich neidisch bin, weil mein letzter Urlaub schon viel zu lange her ist – und ich mir vielleicht auch mal wieder eine Auszeit gönnen sollte.
Überlegen, warum jemand kritisch nachfragt
Wenn ein Gesprächspartner im Forum meine Frage mit kritischen Nachfragen kommentiert, die ich als Kritik an meiner Person erachte, könnte es sein, dass er wirklich daran interessiert ist, mir zu helfen und für meine Situation eine Lösung zu finden. Vielleicht erhofft er sich durch die Antworten auf seine Fragen weitere Informationen, mithilfe derer er meine Situation besser einschätzen und mir Tipps geben kann.
Was die letzte Frage angeht: Die Antwort darauf ist eigentlich immer die gleiche. Kurzfristig mag es mir Genugtuung schenken, wenn ich meinen Unmut in Worte fasse. Langfristig verraucht meine Wut aber wieder – und dann habe ich nichts davon, wenn mein Gegenüber sich über meine Worte ärgert und damit im schlimmsten Fall eine Kaskade unangemessener Kommentare in Gang setzt.
Auf die Sprache achten, bitte!
Egal, ob Sie in Foren, im Chat, auf Social Media oder auf Karriere-Plattformen wie LinkedIn unterwegs sind oder eine E-Mail verfassen – Rechtschreibung und Grammatik sind hier genauso wichtig wie im analogen Kontext, also beispielsweise in Briefen oder formellen Einladungen.
Achten Sie deshalb immer auf Rechtschreibung, Grammatik und korrekte Zeichensetzung. Warum? Texte mit fehlenden Kommas, Tippfehlern, mangelhafter Formatierung und ohne Groß- und Kleinschreibung sind nicht nur schwer zu lesen, sondern wirken auch unprofessionell.
Natürlich erwartet niemand von Ihnen, dass Ihre Beiträge immer perfekt und fehlerfrei sind. Den Beitrag oder die Mail noch mal durchzulesen, bevor Sie ihn final abschicken, kann allerdings dabei helfen, den ein oder anderen Flüchtigkeitsfehler zu verhindern.
Das Internet ist voll von Emojis – kein Wunder, immerhin ist das Netz sozusagen die Heimat der Emoticons. Und die kleinen bunten Symbole werden immer bedeutsamer: 2015 ernannte die Oxford University Press immerhin das Emoji „Face With Tears of Joy“ (Gesicht mit Freudentränen) zum Wort des Jahres – mit der Begründung, dass die Verwendung von Emojis stark zugenommen hätte und diese als allgemeingültige, leicht verständliche Ausdrucksform sogar in der Lage wären, Sprachbarrieren zu überwinden.
Emojis und Ausrufezeichen lieber sparsam einsetzen
Emojis haben immerhin eine nicht zu unterschätzende Funktion: Im digitalen Austausch fehlen wichtige Indikatoren wie Mimik, Gestik und Sprachmelodie. Diese unterstützen normalerweise die Äußerungen unseres Gesprächspartners und helfen uns dabei, sie besser einzuordnen. Emojis können helfen, diese fehlenden Indikatoren zu kompensieren. Nichtsdestotrotz sollten Sie im professionellen virtuellen Kontext Ausrufezeichen und Emojis ganz bewusst und eher spärlich einsetzen.
Es ist ein Ausdruck von Professionalität, sich eindeutig und präzise auszudrücken. Beenden Sie jeden Satz mit fünf Ausrufezeichen und einer Reihe an Emojis, könnte es sein, dass Sie niemand mehr ernst nimmt – im schlimmsten Fall werden Ihre Äußerungen sogar als aggressiv wahrgenommen. Auch Abkürzungen sollten Sie nur verwenden, wenn diese in der jeweiligen Community oder bei Ihrem E-Mail-Adressaten geläufig und bekannt sind.
Hand aufs Herz: „Asap“, „FAQ“ und „etc.“ mögen vielleicht gut verständlich sein, aber wissen Sie auf Anhieb, was sich hinter „EOV“ oder „brb“ verbirgt? Schreiben Sie solche unbekannteren Abkürzungen lieber aus, wenn Sie nicht sicher sind, ob Ihr Gegenüber im Bilde über deren Bedeutung ist.
Weder Sarkasmus noch Ironie
Übrigens: Vorsichtig sollten Sie im Internet auch beim Einsatz von Sarkasmus und Ironie sein. Sarkasmus zu erkennen, wenn Mimik, Gestik und Sprachmelodie fehlen, gleicht einem Vabanquespiel. Verwenden Sie Sarkasmus nicht, wenn Sie mit Menschen kommunizieren, die Sie nicht persönlich oder allgemein nicht gut kennen.
Beim Chatten mit guten Bekannten oder engen Freunden müssen Sie aber nicht zwingend auf Sarkasmus verzichten, da diese Ihre Art von Humor im Normalfall gut kennen. Verwenden Sie dann Emojis, etwa einen zwinkernden Smiley oder lachende GIFs (bewegte Bilder in Endlosschleife im Graphics Interchange Format), um zu verdeutlichen, dass Sie die Aussage nicht ernst meinen.
In der Kürze liegt die Würze
Unsere Welt ist heutzutage sehr viel hektischer und schneller geworden als noch vor ein paar Jahren. Informationen werden in wenigen Sekunden weltweit geteilt – und sind für Millionen Menschen frei verfügbar. Wir werden täglich von News und Informationen überflutet. Vielleicht haben Sie schon mal den Begriff „cognitive overload“ (dt.: kognitive Überlastung) gehört.
Kognitive Überlastung tritt dann auf, wenn eine Person sehr viele Informationen gleichzeitig verarbeiten muss. Die kognitive Psychologie beschreibt, dass selbst ein Mensch, der sehr intelligent ist, nur eine begrenzte Menge an Informationen zur gleichen Zeit verarbeiten kann.
Auf diese begrenzte Aufnahmefähigkeit von Informationen sollten Sie auch im virtuellen Kontakt Rücksicht nehmen: Halten Sie sich kurz! Lange Texte werden häufig nicht sorgfältig gelesen und bieten somit die Gefahr, dass Sie missverstanden werden und die Quintessenz nicht richtig bei Ihrem Gegenüber ankommen.
Erst prüfen, dann senden
Auch dieser Tipp gilt für E-Mails, Social-Media-Kommentare und Kommentare auf Karriereplattformen sowie Foren: Reduzieren Sie Ihre Nachrichten auf das Wichtigste!
Lesen Sie vor dem Posten Ihre Nachrichten oder Mails noch mal durch und beantworten Sie für sich die folgenden Fragen: Kommen Sie schnell auf den Punkt? Sind Argumente präzise formuliert und gut verständlich? Die Kernaussage sollte nicht erst am Ende stehen, sondern schnell erkennbar sein.
Das sokratische Sieb
Die drei Siebe des Sokrates gelten als eine Art Leitfaden für ein anständiges, souveränes und faires Miteinander. Man erzählt sich dazu die folgende Geschichte:
Ein Bekannter näherte sich dem Philosophen Sokrates und fragte ihn: „Weißt du, was ich gerade über einen unserer Freunde gehört habe?“ „Warte!“, unterbrach ihn Sokrates, bevor er weitersprechen konnte. „Bevor du mir etwas sagst, möchte ich dir drei Fragen stellen. Ich nenne sie die drei Siebe.“
„Drei Siebe?“, fragte der Mann nach. „Genau“, sagte Sokrates, „Lass uns mal sehen, ob das, was du erzählen möchtest, durch diese drei Siebe hindurchgeht: Das erste Sieb steht für die Wahrheit: Bist du dir sicher, dass das, was du mir erzählen willst, wahr ist?“
„Nein“, murmelte der Mann nachdenklich, „ich habe es ja nur gehört und wollte es dir einfach weitersagen.“ „In Ordnung“, sagte Sokrates. „Du weißt also nicht, ob es tatsächlich der Wahrheit entspricht. Lass uns sehen, wie es mit dem zweiten Sieb aussieht, das ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir über den Freund sagen willst, etwas Gutes?“
„Nein, im Gegenteil“, erwiderte der Mann betreten, „es ist eher etwas ganz Schlechtes.“ „Nun gut“, fuhr Sokrates fort, „ich fasse zusammen: Du willst mir also etwas Schlechtes erzählen und du bist dir nicht mal sicher, ob es überhaupt der Wahrheit entspricht. Vielleicht widersteht deine Nachricht dem dritten Sieb, dem des Nutzens: Ist das, was du mir über meinen Freund sagen willst, für mich von Nutzen?“
„Nein, nicht wirklich“, gab der Mann kleinlaut zu. „Also“, sagte Sokrates lächelnd, „ist es weder wahr, noch gut, noch nützlich, so lass es ruhig begraben sein.“
Posts, die nicht wahr, gut und nützlich sind verzichtbar
Gleiches gilt für die Interaktion in sozialen Netzwerken oder auf virtuellen Plattformen: Möchten Sie eine Nachricht teilen, so stellen Sie sich immer einige Fragen. In Bezug auf die Wahrheit: Ist das, was Sie teilen wollen, wahr? Können Sie die Information belegen? In Bezug auf die Güte: Ist es etwas Gutes? Profitieren Sie oder andere davon, dass Sie diese Information teilen?
Weckt es positive Emotionen oder verbessert es die Situation oder die Stimmung derjenigen, die Ihren Post lesen? In Bezug auf den Nutzen: Ist es nützlich? Ist es notwendig, dass Sie diese Information teilen? Können diejenigen, die diese Information lesen, etwas damit anfangen und für sich persönlich mitnehmen? Inwiefern beeinflusst diese Nachricht diejenigen, die Ihren Post sehen?
Das sokratische Sieb ist eine gute Gebrauchsanweisung, um mit Klatsch und Gerüchten einen guten Umgang zu finden, Fake News zu vermeiden und ein konstruktives und wohlwollendes Miteinander zu gestalten.
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Daten schützen und bewusst teilen
Mit persönlichen Daten und privaten Details sollten Sie im Netz lieber vorsichtig umgehen. Selbst, wenn Sie eingestellt haben, dass nur Ihre engsten Kontakte diese Informationen zu Gesicht bekommen, gilt „Einmal im Netz, immer im Netz“.
Ihr Chef, eine Kollegin – jeder aus Ihrem engeren Netzwerk kann sich theoretisch unter falschem Namen Zugang zu diesen Informationen verschaffen und Ihre Posts mitlesen. Auch bei polizeilichen Ermittlungen dürfen solche Online-Diskussionen sichtbar gemacht werden.
Denken Sie also zweimal nach, ob Sie sich negativ über einen Kollegen im Netz äußern wollen, ob Sie vertrauliche Informationen von Ihrer Arbeit weitergeben und welche Geheimnisse Sie in vermeintlich geschlossenen Gruppen veröffentlichen wollen. Auch persönliche Daten wie Ihre Adresse oder Ihre Telefonnummer sollten Sie im Internet nicht einfach unbedacht weitergeben.
„Don’t feed the troll!“
Im Internet gilt auch die Regel: „Don’t feed the troll!“, zu Deutsch: „Gib dem Troll kein Futter!“ Manche User, die in sozialen Netzwerken unterwegs sind, haben es sich zur Aufgabe gemacht, andere Menschen ganz bewusst anzugreifen, zu diskreditieren oder zu provozieren.
Sollte Ihnen im Internet mal ein solcher „Troll“ begegnen, empfiehlt es sich, ruhig zu bleiben und erst gar nicht auf getätigte Aussagen einzugehen. So geben Sie Ihrem Gegenüber nämlich kein „Futter“ für eine weitere patzige Gegenreaktion.
Ruhe, Sachlichkeit und Souveränität haben in der Regel die Wirkung, dass dem Gegenüber der Wind aus den Segeln genommen wird und das Ganze sich nicht zu einer unhöflichen, persönlichen und aggressiven Auseinandersetzung aufschaukelt. Eine unkommentierte Beleidigung spricht Bände – und vor allem gegen den Aggressor.
Die perfekte E-Mail
Eine perfekte E-Mail ist eindeutig im Betreff und setzt nur so viele wie nötig in cc, aber zugleich so wenige wie möglich. Los geht es mit Guten Tag XY, (bei unbekanntem Geschlecht des Empfängers eignet sich die Kombination aus Tagesgruß, Vor- und Nachnamen), dann folgt ein Komma.
Der erste Satz sollte nach Möglichkeit nicht mit „ich“ begonnen werden. Droht eine E-Mail länger als drei Absätze zu werden, greifen Sie besser zum Telefon oder machen Sie eine Videokonferenz.
Mit einer klaren Handlungsaufforderung steigt die Wahrscheinlichkeit einer Rückmeldung deutlich. Diese sollte sowohl höflich als auch bestimmt formuliert sein. Laut DIN 5008 endet eine Mail mit Anrede „Sehr geehrte/r…“ immer in Kombination mit der Grußformel „Mit freundlichen Grüßen“.
Bei anderen Anreden kann auch bei der Grußformel variiert werden. Achtung: Da es keine „gute Grüße“ gibt, gibt es auch keine „beste Grüße“.
Positiv in Erinnerung bleiben
Wenn Sie sich diese Regeln der Netiquette zu Herzen nehmen, werden Sie sich in der Online-Kommunikation im Alltag, im privaten Kontext oder im Beruf gut zurechtfinden. Und: Ihr respektvoller und freundlicher Umgang mit anderen wird Ihren Mitmenschen positiv in Erinnerung bleiben.